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DOI: 10.1055/s-2007-966627
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Dresdner Dermatologische Demonstration 2007 - zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen Gesellschaft am 24. März 2007
Dresden Dermatology Demonstration 2007 - Meeting of the Saxonian Society of Dermatology at March 24, 2007
Prof. Dr. Uwe Wollina
Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum
Friedrichstraße 41
01067 Dresden
eMail: wollina-uw@khdf.de
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
09. Juli 2007 (online)
- Rezidivierende Polychondritis (Relapsing polychondritis, Meyenburg-Altherr-Uehlinger Syndrom)
- Literatur
- Pigmentiertes Dermatofibrosarcoma protuberans (Bednar 1957)
- Literatur
- Pityriasis rubra pilaris Typ I
- Literatur
- Prurigo nodularis Hyde
- Literatur
- Treppen-Verschiebelappen nach Plattenepithelkarzinom der Unterlippe
- Literatur
- Kleinknotige kutane Sarkoidose mit Lungenbeteiligung
- Literatur
Rezidivierende Polychondritis (Relapsing polychondritis, Meyenburg-Altherr-Uehlinger Syndrom)
#A. Gemmeke, S. Schmidt
Ein 73-jähriger Patient stellte sich mit akut aufgetretenem Erschlaffen der rechten Ohrmuschel vor. Eine Entzündung oder ein Infekt waren nicht erinnerlich.
Hautbefund: Der kraniale Anteil der rechten Ohrmuschel hing schlaff herab ([Abb. 1]). Bei weicher Konsistenz des betroffenen Ohres bestand kein Druckschmerz. Die linke Ohrmuschel war unauffällig.
Laborbefunde: BSG 21 mm; CRP 22,9 mg/l; Rheumafaktoren quantitativ > 200 IU/ml; ANA 1 : 640.
Histologie: Der Ohrknorpel ist hochgradig mukoid degeneriert mit verbreitertem und narbig fibrosiertem Perichondrium mit hierin nachweisbaren Gefäßproliferaten mit schütterer bis mitteldichter, überwiegend lymphoplasmazellulärer entzündlicher Infiltration ([Abb. 2]).
Bildgebende Verfahren und Konsile ohne Anhalt für eine interne Mitbeteiligung.
Therapie: Eine interne Therapie mit Indomethazin 100 mg/d p. o. wurde eingeleitet.
Kommentar: Die rezidivierende Polychondritis ist eine seltene, systemische Erkrankung des artikulären und nichtartikulären Knorpels mit Chondrolyse und Knorpelatrophie. Histologisch fällt ein entzündliches lymphozytäres Infiltrat mit Knorpelfragmentation und fibrotischem Bindegewebe auf. Laborchemisch sind eine Leukozytose, erhöhte Blutsenkung und CRP sowie ein positiver Rheumafaktor typisch [3].
Eine Autoimmunreaktion mit Bildung von Antikörpern gegen Mukopolysaccharide und Kollagen Typ II mit anschließender Knorpelentzündung und -zerstörung wird vermutet. Die Erkrankung beginnt häufig nach einem grippalen Infekt oder Katarrh der oberen Atemwege. In ca. 80 % der Fälle sind die Ohren oder die Nase beteiligt. Durch die Erweichung des Knorpels kommt es zur Ausbildung sogenannter Blumenkohl- oder Waschlappenohren. Befall des äußeren Gehörganges kann sich in Taubheit äußern [3]. Die Augen können mit Konjunktivitis, Skleritis oder Iritis mit betroffen sein. Atemnot kann ein Hinweiszeichen für eine Erweichung im Bereich des Kehlkopfes oder der Trachea sein. Gelenkbeteiligung führt zu rheumatoiden Beschwerden. Auch Gefäßbeteiligung mit Ausbildung von Aortenaneurysmen oder Aortenklappenveränderungen wurde beschrieben, in schweren Fällen ist daher ein tödlicher Verlauf möglich. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen der Ohrveränderungen stellen das Granuloma anulare und das Ringerohr dar. Die Allgemeinerkrankung muss von der rheumatoiden Arthritis, dem Reiter-Syndrom und der akuten Polyarthritis abgegrenzt werden.
Eine Standardbehandlung ist nicht validiert. Therapieerfolge wurden unter Immunsuppressiva wie Mycophenolatmofetil, Methotrexat und Cyclosporin ebenso wie mit Infliximab, Hydroxychloroquin und Cyclophosphamid beschrieben [1, 2]. Dapson soll die Freisetzung lysosomaler Enzyme während der Entzündung hemmen. Ein schnelles Therapieansprechen bei guter Verträglichkeit wurde unter der Behandlung mit Indomethazin allein oder in Kombination mit Prednisolon oder Colchicin beobachtet [2].
#Literatur
1 Chow MT, Anderson SF. Relapsing polychondritis. Optom Vis Sci 2000; 77 : 286 - 292
2 Goldenberg G, Sangueza OP, Jorizzo JL. Successful treatment of relapsing polychondritis with mycophenolate mofetil. J Dermatolog Treat 2006; 17 : 158 - 159
3 Mark KA, Franks AG Jr. Colchicine and indomethacin for the treatment of relapsing polychondritis. J Am Acad Dermatol. 2002; 46 (Suppl 2): S22 - S24
4 Rapini RP, Warner NB. Relapsing polychondritis. Clin Dermatol 2006; 24 : 482 - 485
#Pigmentiertes Dermatofibrosarcoma protuberans (Bednar 1957)
#M. Gruner, G. Richter-Huhn, G. Haroske
Ein 24-jähriger Patient bemerkte seit einem Jahr über dem rechten Acromioclavicular-Gelenk eine knotige Hautveränderung mit langsamem Wachstum.
Hautbefund: Ein knapp 3 cm im Durchmesser großer bläulich-rötlicher weicher Tumor mit subkutanem Anteil, indolent ([Abb. 3]).
Histologie: Das gesamte dermale Bindegewebe wird bis hinein in das subkutane Fettgewebe durchsetzt von dicht gepackten Spindelzellen, die Schweißdrüsenausführungsgänge und Nervenfasern umwachsen, sich auch ins subkutane Fettgewebe hinein ausbreiten und zur Tiefe hin eine zunehmende Hyalinisierung der Zwischensubstanz erkennen lassen. In oberflächennahen Tumorabschnitten erkennt man zwischen den nicht pigmentierten Spindelzellen wiederholt stark pigmentierte Spindelzellen mit langen Zellfortsätzen, die offensichtlich stärkergradig pigmentierten dendritischen Melanozyten entsprechen sowie großleibige abgerundete Zellen mit grobscholligem Pigment, bei denen es sich entweder um Melanozyten mit Melanosomen oder Melanophagen handelt. Die beschriebenen Spindelzellen erweisen sich als positiv für Vimentin und CD 34 ([Abb. 4 a - c]). Sie reagieren nicht mit den melanozytären Markern S 100 und MART 1.
Diagnose: Pigmentiertes Dermatofibrosarcoma protuberans (DP), sog. Bednar-Tumor.
Labor und bildgebende Diagnostik: unauffällig.
Therapie und Verlauf: Nach diagnostischer Sicherung erfolgte die mikrografische Exzision des Tumors makroskopisch mit einem Sicherheitsabstand von jeweils ca. 10 mm. Histologisch wurde der Tumor basal nicht im Gesunden entfernt, deshalb erfolgte die Nachexzision. Die Defektdeckung erfolgte mittels Spalthauttransplantation vom Oberschenkel mit unauffälligem postoperativen Verlauf.
Kommentar: Der Bednar-Tumor stellt die pigmentierte Variante des Dermatofibrosarcoma protuberans (DP) dar, einem seltenen fibrohistiozytären Hauttumor mit intermediärer Malignität. Das lokale infiltrative Wachstum des DP ist gekennzeichnet durch asymmetrische, subklinische Ausläufer, besonders häufig langstreckig in horizontale Richtung, und auch eine Infiltration tiefer liegender Strukturen. Er neigt zu lokalen Rezidiven (in bis zu 80 %) und metastasiert nur selten (ca. 5 %). Epidemiologische Untersuchungen in den USA haben von 1973 bis 2002 einen Anstieg des DP um 43 % auf 4,4 Betroffene pro Million Einwohner pro Jahr ergeben. Die Inzidenz ist unter Farbigen doppelt so hoch wie bei Weißen, das relative 5-Jahres-Überleben lag bei 99,2 % [2].
Die Therapie besteht in der chirurgischen Exzision des Tumors mit einem Sicherheitsabstand von ca. 1 cm mit Markierung und anschließender lückenloser histologischer Untersuchung der Schnittränder zur Erfassung subklinischer Tumorausläufer. Nur bei inoperablen oder Rezidiv-Tumoren stellt die Strahlentherapie (60 bis 70 Gy Gesamtdosis) eine Therapieoption dar. Eine wirksame Chemotherapie ist nicht bekannt. Zur Nachsorge werden halbjährliche klinische Untersuchungen über mindestens 5 Jahre empfohlen [1].
Genetische Forschungen zeigen in den Zellen des DP chromosomale Translokationen, ähnlich wie bei anderen Tumoren. Diese Ringchromosomen, bestehend aus Genlokationen, welche die alpha-Kette des Typ I-Kollagens COL1A1 und die β-Kette des platelet derived growth factor (PDGF-β) kodieren, exprimieren ein Fusionsprotein COL1A1- PDGFβ, welches als kontinuierlicher Stimulator auf die DP-Zellen wirkt. Durch Hemmung der Tyrosinase-Aktivität des PDGF-Rezeptors mit Imatinib (Glivec®) an DP-Zellen ist erstmals eine gezielte pharmakologische Therapie möglich [3]. Noch stellt die operative Therapie den Goldstandard dar [1].
#Literatur
1 Breuninger H, Sebastian G, Garbe C. Kurzleitlinie - Dermatofibrosarcoma protuberans. J Dtsch Dermatol Ges 2006; 4: 684 - 685
2 Criscione VD, Weinstock MA. Descriptive epidemiology of dermatofibrosarcoma protuberans in the United States, 1973 to 2002. J Am Dermatol 2006; Nov.: 30
3 Sirvent N, Maire G, Pedeutour F. Genetics of dermatofibrosarcoma protuberans family of tumors: ring chromosomes to tyrosine kinase inhibitor treatment. Gene Chromosomes Cancer 2003; 37: 1 - 19
#Pityriasis rubra pilaris Typ I
#A. Koch, R. Frank
Seit Juni 2006 litt der 60-jährige Patient unter generalisierten, stark juckenden ekzematoiden Hautveränderungen, die sich einer externen Therapie gegenüber resistent zeigten. Im August des Jahres 2006 erfolgte eine stationäre Behandlung in einem auswärtigen Krankenhaus zur Diagnostik und Einleitung einer spezifischen internen Therapie (Neotigason®). Da es nach zweimonatiger Einnahmezeit zu keiner Besserung kam, wurde die Medikation wieder abgesetzt. Zusätzlich traten Schwellungen im Bereich der Malleolen auf. Im November des gleichen Jahres wurde der Patient in unsere Klinik eingewiesen.
Hautbefund: Es fanden sich am gesamten Integument erythematöse, feinlamellär schuppende sowie leicht infiltrierte Plaques mit Inseln erscheinungsfreier Hautareale ([Abb. 5 a]). Eine follikuläre Verhornung im Sinne eines Reibeisenphänomens ließ sich bei mehrmonatiger Vorbehandlung der Haut nicht finden. Sowohl Palmae als auch Plantae wiesen plattenartige Hyperkeratosen auf, teils mit tiefen Rhagaden ([Abb. 5 b]).
Histologie: (Haut-Bioptat thorakal): Befundkombination einer chronischen oberflächlichen perivaskulären Dermatitis. Angedeutet psoriasiform hyperplastisch mit orthokeratotischer Verhornung sowie mehrere kleinherdig umschriebene Parakeratosen ohne typisches Schachbrettmuster.
Laborbefunde: Pathologisch waren eine leichte Bluteosinophilie mit 6,7 % sowie eine erhöhte CD4/CD8-Ratio von 5,3. Blutbild sowie Entzündungsparameter waren unauffällig.
Therapie und Verlauf: Unter intensiver externer Therapie mit Bade-PUVA und Salicylvaseline in unterschiedlichen Konzentrationen von 2 % bis 10 % sowie mechanischer Abtragung der Hornplatten kam es zur relativ raschen Besserung der Hautveränderungen. Intern ordinierten wir Acitretin (Neotigason®) 75 mg pro Tag per os. Gegen den Juckreiz kam AH3N® zum Einsatz. Einige Wochen nach Entlassung aus dem Krankenhaus musste der Patient die Medikation aufgrund zunehmender Knochenschmerzen absetzen. Mit dem Absetzen von Neotigason® kam es zum prompten Rezidiv der Hauterscheinungen, die eine erneute Einstellung erforderten. Weitere Verlaufsbeobachtungen sind erforderlich. Röntgenologische Untersuchungen erbrachten keine pathologischen Auffälligkeiten.
Kommentar: Bei der Pityriasis rubra pilaris sind unterschiedliche klinische Erscheinungs- und Verlaufsformen bekannt. Griffiths erarbeitete 1980 folgende Klassifikation:
-
I: klassische adulte Form (> 50 %), Erythrodermie mit freien Inseln, follikuläre Papeln, Keratosen an Hand- und Fußflächen,
-
II: atypische adulte Form (5 %), Dauer > 20 Jahre, ichthyosiform,
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III: klassische juvenile Form (10 %), 1. bis 2. LJ selbstlimitierend,
-
IV: zirkumskripte juvenile Form (25 %),
-
V: atypische juvenile Form (5 %), chronischer Verlauf, follikuläre Hyperkeratose [4].
Mit einer Inzidenz von 1/35 000 bis 1/50 000 handelt es sich um eine relativ seltene Dermatose. Bei einer Pityriasis rubra pilaris kann die Abgrenzung von einer Psoriasis follicularis sehr schwierig sein. Erst wenn die typischen follikulären keratotischen Papeln sichtbar sind, ist eine klare Diagnosestellung möglich.
Die Erkrankung kann in jedem Alter beginnen. Bei Patienten im Jugendalter wird an eine autosomal-dominante Vererbung gedacht, zumal wenn auch in der Familie gehäuft diese Erkrankung auftritt. Bei Erstmanifestation im Erwachsenenalter, wie in unserem Fall, ist die Wahrscheinlichkeit einer genetischen Disposition nicht gegeben. Als Triggerfaktoren für die Pityriasis rubra werden gelegentlich schwere Traumen oder Krankheiten angesehen [3, 4].
Die Behandlung ist schwierig und verlangt oft viel Geduld. Mit gutem Erfolg lassen sich intern Retinoide wie Acitretin (Neotigason®) und Isotretinoin (Acnefug ISO®, Aknenormin®, Isotret-HEXAL®, Isotretinoin-ISIS®, Isotretinoin-ratiopharm® oder Roaccutan®) bei den Betroffenen anwenden. Neotigason® wird üblicherweise in einer Dosierung von 0,5 mg/kg KG über viele Wochen verabreicht. Die Behandlung mittels UV-Therapie wird in der Literatur oft kritisch gesehen [5]. Wir hingegen haben gute Erfahrungen mit der Anwendung von Bade-PUVA bei Patienten mit Pityriasis rubra pilaris, so dass deren Einsatz durchaus in Betracht gezogen werden sollte. Einzelfallbeschreibungen über die erfolgreiche Therapie mit Ciclosporin, Methotrexat sowie Infliximab liegen vor [1, 2].
#Literatur
1 Manoharan S, White S, Gumparthy K. Successful treatment of type I adult-onset pityriasis rubra pilaris with infliximab. Australas J Dermatol 2006; 47: 124 - 129
2 Booth AV, Ma L. Pityriasis rubra pilaris, type 1. Dermatol Online J 2005; 11: 9
3 Selvaag E, Haedersdal M, Thomsen K. Pityriasis rubra pilaris: a retrospective study of 12 patients. J Eur Acad Dermatol Venereol 2000; 14: 514 - 515
4 Griffiths WA. Pityriasis rubra pilaris. Clin Exp Dermatol 1980; 5: 105 - 112
5 Evangelou G, Murdoch SR, Palamaras I, Rhodes LE. Photoaggravated pityriasis rubra pilaris. Photodermatol Photoimmunol Photomed 2005; 21: 272 - 274
#Prurigo nodularis Hyde
#C. Nelskamp, K. Oppers
Im Herbst 2005 bemerkte die 46-jährige Patientin stark juckende Papeln und Knötchen an Gesäß und unterer Rückenpartie. Die Hautveränderungen nahmen an Größe weiter zu, zunehmend traten auch am übrigen Integument mit Betonung der Extremitäten-Streckseiten und Sakralregion neue einzeln stehende keratotisch veränderte Knötchen und Knoten auf. Lokaltherapeutisch kamen zunächst kortisonhaltige Externa zur Anwendung. Im Verlauf wurde 2 × wöchentlich eine UV-Therapie ambulant durchgeführt, welche nach Angaben der Patientin nur eine leichte Besserung der Symptomatik brachte.
Nach Angaben der Mutter litt die Patientin im 1. Lebensjahr unter einem generalisierten Ekzem. Andere Grunderkrankungen sind nicht bekannt.
Hautbefund: Wir sahen multiple einzeln verstreute erbs- bis münzgroße derbe Knötchen und Knoten mit keratotischer teilweise exkoriierter Oberfläche am gesamten Integument mit Betonung der Extremitätenstreckseiten und Sakralregion und Aussparung von Hals und Gesicht. Weiterhin imponierten Glanznägel als Zeichen übermäßigen Kratzens.
Histologie: Hautprobe Oberarm rechts: Hautgewebe mit geringer Papillomatose sowie stark ausgeprägter irregulärer epidermaler Akanthose unter dem Bild einer pseudoepitheliomatösen Hyperplasie. Oberflächlich mäßige Hyper- und Parakeratose, teils mit Einlagerungen von Plasma und Entzündungszellen ([Abb. 6]). Im angrenzenden Korium lymphohistiozytäre Entzündungszellinfiltrate sowie Fibroblasten und Fibrosierungen. Im Bereich einer Exkoriation herdförmig zahlreiche neutrophile Granulozyten sowie fokale granulozytäre epidermale Exozytose.
Laborbefunde: Pathologisch waren: Gesamt-IgE (280,0 U/ml), BSG 20 mm, Gesamtcholesterin (6,77 mmol/l) und Triglyceride (1,73 mmol/l).
Erlanger Atopie-Score nach Diepgen et al. (1991): 10 Punkte = atopische Hautdiathese wahrscheinlich.
Therapie und Verlauf: Nach Ausschluss der Kontraindikationen und Aufklärung der Patientin über mögliche Nebenwirkungen begannen wir mit Acitretin (Neotigason® 50 mg/die) und reduzierten nach 14 Tagen auf 30 mg/die. Gegen den Juckreiz verabreichten wir zusätzlich Hydroxizin-Tabletten (AH3N®) 2 × täglich. Die Prurigoherde wurden mit Pix lithanthracis pur über insgesamt acht Tage behandelt. Intermittierend verwendeten wir kortisonhaltige Externa (vorwiegend Clobetasolsalbe), zum Teil unter Folieokklusion. Während des 18-tägigen stationären Aufenthaltes konnte bereits ein leichter Rückgang der Hautveränderungen verzeichnet werden, die Knoten waren bei Entlassung wesentlich flacher und weicher. Drei Monate später erfolgte eine Dermojetbehandlung der Prurigoknoten durch intraläsionale Injektion von insgesamt zwei Ampullen Triamcinolon (Volon A 40) 1 : 1 verdünnt mit Xylocitin 2 %.
Kommentar: Die Prurigo nodularis Hyde ist eine seltene, stark juckende Hauterkrankung, gekennzeichnet durch isolierte, chronisch persistierende, kalottenartig vorspringende Knoten. Die Erkrankung betrifft vorwiegend Frauen im mittleren Lebensalter. Die Ätiologie ist unbekannt, emotionale Stresssituationen werden vielfach angeschuldigt. Einige Untersuchungen haben Komorbiditäten mit psychischen Erkrankungen (Depression, ängstlich-depressive Verstimmung) gezeigt. Bei vielen Patienten liegt eine atopische Diathese vor [1,2].
Manche Autoren betrachten die Prurigo nodularis als Variante der Prurigo simplex chronica, es fehlen jedoch bei der Hyde-Prurigo die Seropapeln. Histologisch findet sich eine typische Hypertrophie später Degeneration zahlreicher dermaler Nervenfasern und Proliferation von Schwann-Zellen (Pautrier-Neurome). Weitere Kennzeichen sind die pseudoepitheliomatöse Hyperplasie, vermehrte prominente Fibroblasten und verdickte, vertikal verlaufende kollagene Faserbündel [3].
Die therapeutischen Möglichkeiten sind begrenzt, nur selten besteht eine spontane Rückbildungstendenz. Eine Abklärung der möglichen Ursachen des Pruritus ist anzuraten. In der topischen Behandlung haben sich intrafokale Injektionen von Triamcinolonacetonid Kristallsuspension bewährt. Bei besonders quälenden Knoten sind Exzision, Kryotherapie, Laser- oder Elektrokoagulation möglich. Für großflächig betroffene Areale werden fluorierte Glukokortikoide in Salbenform unter Okklusionsbedingungen empfohlen. Auch ein Ansprechen auf Calcipotriol, Capsaicin oder UV-Therapie wird beschrieben.
In der systemischen Behandlung scheinen Antihistaminika mit ausreichender sedativer Komponente wirksam zu sein. Auch wenn eine psychiatrische Erkrankung nicht der eigentliche Auslöser des Pruritus ist, empfiehlt sich unterstützend zur Krankheitsbewältigung eine Zusammenarbeit mit Psychosomatikern, Psychotherapeuten oder Psychiatern. In Abhängigkeit von der psychischen Verfassung können Tranquilizer, Neuroleptika oder Antidepressiva hilfreich sein.
Es liegen zudem Berichte über eine erfolgreiche Therapie mit Cyclosporin A oder Retinoiden vor. Thalidomid, 100 - 200 mg/Tag, kommt nur in schwersten Fällen in Betracht (Cave: teratogene und neurotoxische Nebenwirkungen!) [4].
#Literatur
1 Accioly-Filho LW, Nogueira A, Ramos-e-Silva M. Prurigo nodularis of Hyde: an update. J Eur Acad Dermatol Venerol 2000; 14: 75 - 82
2 Wollina U, Simon D, Knopf B. Hyde’s nodular prurigo-preference for creases of the skin. Dermatol Monatsschr 1990; 176: 469 - 473
3 Lee MR, Shumack S. Prurigo nodularis: a review. Australas J Dermatol 2005; 46: 211 - 218
4 Alfadley A, Al-Hawsawi K, Thestrup-Pedersen K, Al-Aboud K. Treatment of prurigo nodularis with thalidomide: a case report and review of the literature. Int J Dermatol 2003; 42: 372 - 375
#Treppen-Verschiebelappen nach Plattenepithelkarzinom der Unterlippe
#E. Köstler, A. Dietz
Bei dem 68-jährigen Patienten entstand vor ca. einem Jahr eine sich vergrößernde Kruste der Unterlippe. Eine auswärtige diagnostische Exzision hatte einen „Sonnenlichtschaden” ergeben. Im Januar 2007 im Rahmen einer Wespengift-Desensibilisierung erneute hautärztliche Vorstellung mit nachfolgender stationärer Einweisung unter dem Verdacht eines Lippenkarzinoms. Nebenbefundlich besteht ein insulinabhängiger Diabetes mellitus Typ 2.
Hautbefund: Mäßig poikilodermatische Gesichtshaut mit leicht weißlich-streifiger Unterlippe, in deren Zentrum ein etwa 1,5 cm großer, leicht erhabener und infiltrierter, derber, zerklüfteter Tumor ([Abb. 7 a]). Keine palpablen zervikalen Lymphknoten.
Histologie: Unterlippenexzisat mit aktinischer Cheilitis; geringgradige Zell- und Kernatypien, entzündliche Infiltration, zentral ein überwiegend noch hoch-, herdförmig mäßig differenziertes verhorntes kleinherdig ulzeriertes Plattenepithelkarzinom (M 8071/3, pT1, G2), größte Tumordicke 1,54 mm, Entfernung in toto. Ausläufer der aktinischen Cheilitis, jedoch ohne nennenswerten zellulären Atypien, erreichen bds. den seitlichen Resektionsrand.
Laborbefunde: Pathologisch waren NBZ 7,90 mmol/l, HbA1c 8,8, Gamma-GT 1,25 μkat/l.
Bildgebende Diagnostik: Kein Anhalt für Metastasierung.
Therapie und Verlauf: Exzision des Tumors in Form eines liegenden Rechteckes, Wiederherstellung der Unterlippe nach dem Prinzip der horizontalen Verschiebelappenplastik, Operation in Infiltrationsanästhesie, unauffälliger postoperativer Verlauf, Fadenentfernung ab dem 6. Tag ([Abb. 7]).
Kommentar: Johanson u. Mitarb. inaugurierten 1974 die Treppen-Verschiebelappenplastik zur Wiederherstellung der Unterlippe nach Plattenepithelkarzinom [1]. Bis maximal eine halbe Unterlippenlänge betragende Defekte können auf diese Weise je nach Lokalisation unilateral oder bilateral verschlossen werden. Nach Exzision des Tumors werden die Inzisionen für die erste Treppe durchgehend gestaltet, die weiteren Inzisionen verlaufen im oberflächlichen Fettgewebe, so dass weitere zwei bis vier Treppen entstehen. Kinnseitig wird jeweils überschüssige Haut entfernt, daraufhin erfolgt ein schichtweises Vernähen. Sebastian u. Mitarb. haben 1986 an einem größeren Patientengut über die sehr guten postoperativen Ergebnisse nach dieser Methode berichtet; die Unterlippe wird praktisch aus dem gleichen Gewebe rekonstruiert, das entfernt werden musste [2]. Die Schnittführung bleibt auf das Lippen-Kinnfeld mit intakten Mundwinkeln und intakter Mimik beschränkt. Tumornachkontrollen sind notwendig.
#Literatur
1 Johanson B, Aspelund E, Breine U, Holmström H. Surgical treatment of non traumatic lower lip lesions with special reference to the step technique. Scand J Plast Reconstr Surg 1974; 8: 232 - 240
2 Sebastian G, Horn K, Hackert I. Der Treppen-Verschiebelappen zur Wiederherstellung der Unterlippe nach Spinaliomresektion. Dermatol Monatsschr 1986; 172: 145 - 152
#Kleinknotige kutane Sarkoidose mit Lungenbeteiligung
#K. Hasenöhrl, U. Gabsch
Der 54-jährige Patient bemerkte erstmals vor 10 Jahren die Bildung rötlicher Knoten in Narben. Danach kam es zur Entwicklung von Infiltraten im Gesicht.
Allgemeinbefund: Patient mit behandelter arterieller Hypertonie und Hyperurikämie. Nebenbefundlich fiel eine eingeschränkte Beweglichkeit im Schultergelenk mit Schmerzhaftigkeit auf.
Hautbefund: Es fanden sich livide knotige Tumoren, weich bis prall palpabel mit Teleangiektasien, ca. kirschgroß an Augenbrauen, Nasenspitze ([Abb. 8]) und anderen Teilen des Gesichtes. Am rechten Ellenbogen und Knie fielen livide Plaques, an den Oberarmen rötlich bräunliche Papeln auf. Negatives Sondenphänomen. Unter Diaskopie verfärbten sich die Infiltratherde apfelgeleeartig.
Histologie: Im dermalen Bindegewebe findet sich ein epitheloidzellig granulomatöses Infiltrat aus vielfach konfluierenden, zur Fibrose neigenden sog. nackten Granulomen mit nur spärlich ausgebildeten peripheren Lymphozytenwällen und wenigen mehrkernigen Riesenzellen ([Abb. 9]).
Laborbefunde: Pathologisch waren das Angiotensin-Converting Enzym 246.5 E/l (Norm: 8 - 53 E/l), 25-OH-Vitamin D 2,6 ng/ml (8 - 40), Gamma-Globuline 20,8 % (8,7 - 16,0). Der Tuberkulintest war nach 48 Stunden negativ.
Bildgebende Diagnostik: In der Sonografie Abdomen unauffällig, axillär bds. Lymphadenopathie. Rö Thorax p. a.: Hilusverbreiterung, Verbreiterung des oberen und mittleren Mediastinums. Retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung. CT Thorax: Nachweis sehr ausgeprägter Lymphome im gesamten Mediastinum, den Axillen, an der lateralen Thoraxwand, supraklavikulär und hiliär. Kein Anhalt für Knochendestruktionen ([Abb. 10]).
Bronchoskopie: Kein Anhalt für endobronchiales Tumorwachstum.
Zytologie: Lymphozytenreiche BAL.
Bodyplethysmografie: Beginnende Restriktion, geringe respiratorische Partialinsuffizienz.
Therapie: Wir haben eine interne Kortisonbehandlung mit initial 50 mg Prednisolon/d vorgeschlagen.
Kommentar: Die Sarkoidose ist eine chronisch granulomatöse Multisystemkrankheit unbekannter Ätiologie und Pathogenese, die durch nicht verkäsende Granulome in verschiedenen Geweben und bestimmte Immunparameter gekennzeichnet ist. Die Erkrankung ist weltweit verbreitet mit einer Prävalenz von 1/10 000 bei Kaukasiern und bis zu 10/10 000 bei afrikanisch stämmigen Amerikanern [1].
Häufigste Manifestatsorte sind das Mediastinum und der Respirationstrakt. Die Haut ist das am zweithäufigsten betroffene Organ. Spezifische Hautmanifestationen umfassen: Angiolupoid, disseminierte kleinknotige Form, großknotige Form - Lupus pernio, zirzinärer Typ, subkutan-knotiger Typ und Narbensarkoidose. Das Erythema nodosum ist eine unspezifische Hautveränderung. Daneben können Gelenke, Augen (Uveitis - kombiniert mit Parotitis und Fazialisparese als Heerfordt-Syndrom), Knochen und Nieren betroffen sein.
Die lividroten polsterartigen Infiltrate des Gesichtes erinnern an Frostbeulen. Später können die Läsionen fibrosieren und exulzerieren („Lupus”). Die Form ist fast stets mit Läsionen des Respirationstraktes verbunden. Unser Patient leidet an einer Lungensarkoidose mit Lymphknotenbeteiligung. Die massiven axillären Lymphome können die Schmerzhaftigkeit bei Elevation der Arme erklären. Eine systemische Behandlung erfolgt bei symptomatischem Verlauf und der Gefahr von Organschäden. Für Prednisolon existieren die größten therapeutischen Erfahrungen. Alternativ sind Zytostatika, andere Immunsuppressiva (z. B. Cyclosporin A, Tacrolimus, Leflunomid), Antimalariamittel, Doxycyclin sowie TNF-α-Hemmer (z. B. Thalidomid, Biologicals). Bei begrenztem Befall der Haut sind neben topischen Kortikoiden, die UVA1-Phototherapie, PUVA-Therapie und die photodynamische Therapie wirksam [2, 3].
#Literatur
1 Ahmed I, Harshad R. Subcutaneous sarcoidosis: Is it a specific subset of cutaneous sarcoidosis frequently associated with systemic disease? J Am Acad Dermatol 2006; 54: 55 - 60
2 Bäcker H, Landthaler M, Szeimies RM. Die Therapiestrategien bei kutaner Sarkoidose. J Dtsch Dermatol Ges 2005; 3: 284 - 298
3 Graefe T, Konrad H, Thiele J, Wollina U. Successful ultraviolet A1 treatment of cutaneous sarcoidosis. Br J Dermatol 2001; 145: 354 - 355
Prof. Dr. Uwe Wollina
Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
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eMail: wollina-uw@khdf.de
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Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
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