Aktuelle Dermatologie 2007; 33(12): 451
DOI: 10.1055/s-2007-967061
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Allergie unter dem Weihnachtsbaum

Allergy Under the Christmas TreeC. Bayerl
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Klinik für Dermatologie und Allergologie
HSK, Wilhelm Freseniusklinik GmbH
Lehrkrankenhaus der Universität Mainz

Aukammallee 39

65191 Wiesbaden

Email: christiane.bayerl@hsk-wiesbaden.de

Publication History

Publication Date:
20 December 2007 (online)

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    Prof. Dr. Christiane Bayerl

    Die Weihnachtszeit ist allergologisch gesehen eine gefährliche Zeit. Denken Sie an die allergologische Potenz des Weihnachtssterns. Als Allergologe werden Sie zweimal überlegen, bevor Sie diese prächtige Pflanze verschenken. Die Kreuzallergie zwischen Latex und dem Weihnachtsstern (Poinsetta oder Euphorbia pulcherrima) ist zu bedenken. Wenn Sie in der botanischen Familie Ihrer pflanzlichen Weihnachtsgeschenke auf den Weinachtskaktus (Schlumbergera cacti) kommen, besteht Gefahr einer Rhinokonjunktivitis beim Beschenkten. Auch Urtikaria wurde beschrieben, aber nur bei Arbeitern in Kaktusanpflanzungen. Als Testmaterial kann der Kaktus nativ herangezogen werden. Negative Kontrollen bei nicht Exponierten wurden beschrieben.

    Wir können mit Recht davon ausgehen, dass das letzte Allergen der Saison - Traubenkraut oder Ragweed - nun keine Probleme mehr macht. Die neuen Winterrisiken stammen größtenteils aus der Nahrung. Was ist das größte Allergierisiko beim Backen von Weihnachtsplätzchen? Zunächst denkt man an Nüsse oder Gewürze als die typischen Nahrungsmittelallergene. Publiziert wurde aber kürzlich ein seltenes Allergen, Pectin, als Auslöser von Allergien in der Weihnachtsplätzchenherstellung. Pectin ist eine Substanz, die aus Früchten und aus der Fruchtschale gewonnen wird und sich in Plätzchenrezepten findet.

    Nichtsdestoweniger, Baumnüsse sind dennoch bedeutsame Allergene mit einer Sensibilisierungsrate von etwa 1 % in der Bevölkerung, so die Daten aus UK und USA. Aber auch Erdnüsse sind keine „peanuts”. Gemäß den ländertypischen Ernährungsgewohnheiten und der Kochtradition stellt die Erdnuss das häufigste Allergen in USA und Frankreich dar. Erdnussallergiker können Kreuzreaktionen gegenüber den Baumnüssen aufweisen. Durch Inhibitions-ELISA wurde gezeigt, dass das Hauptallergen der Erdnüsse Ara h2 gemeinsame IgE-bindende Epitope mit Mandeln und der Paranuss (Brazil nut) aufweist. Dies erklärt die hohe Koinzidenz der Baumnüsse-Sensibilisierung mit der Erdnussallergie.

    Ein Drittel aller anaphylaktischen Nahrungsmittelreaktionen sind bedingt durch den Genuss von Baumnüssen. Die Baumnüsse untereinander zeigen wiederum Kreuzreaktionen. Es wurden zwei Gruppen der Kreuzallergie beschrieben; Gruppe 1: Walnuss, Pecanuss und Haselnuss; Gruppe 2: Haselnuss, Cashew, Paranuss, Pistazie und Mandel.

    Haselnuss ist besonders tückisch in seiner versteckten Form in Schokolade, Kuchen oder Müslimischungen. In einer norwegischen Studie wurden nach Zufallsgesichtspunkten 100 Nahrungsmittelprodukte ausgewählt, die beschriftet waren mit „könnte Haselnüsse enthalten”.

    Die Analyse ergab, dass die meisten < 0,2 mg/kg und sieben Produkte > 10 mg/kg Haselnussprotein enthielten. Dies zeigt, wie unterschiedlich diese warnende Aufschrift zu interpretieren ist. Es sind aber nicht nur Haselnüsse, die in Milchschokolade zu finden ist. Kürzlich wurde Cashewnuss in gewürzten Schokoladeplätzchen gefunden.

    Sollten Sie sich beim Schokoladengenuss unsicher fühlen, hier noch etwas Positives: Schokolade erhöht die Serotoninkonzentration und das macht glücklich, wenn man nicht gerade an einer Serotoninintoleranz leidet. Im letzteren Fall wird man nach dem Genuss der Schokolade Juckreiz und Urtikaria davontragen. Und nun noch eine Rarität zum Abschluss: Einige der Klebstoffe, mit denen das Papierchen um einen Schokoladenkeks fixiert ist, enthalten Latex.

    Genießen Sie dennoch das Weihnachtsplätzchenbacken,

    Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

    Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

    Klinik für Dermatologie und Allergologie
    HSK, Wilhelm Freseniusklinik GmbH
    Lehrkrankenhaus der Universität Mainz

    Aukammallee 39

    65191 Wiesbaden

    Email: christiane.bayerl@hsk-wiesbaden.de