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DOI: 10.1055/s-2007-970249
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Viel beschäftigte Ärzte - Hohe Arbeitsbelastung in der Klinik verschlechtert die Prognose der Patienten
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
12. März 2007 (online)
Quelle: Ong M, Bostrom A, Vidyarthi A et al. House staff team workload and organization effects on patient outcomes in an academic general internal medicine inpatient service. Arch Intern Med 2007; 167 (1): 47-52
Thema: Auch wenn vor Kurzem das neue Arbeitszeitgesetz endgültig in Kraft getreten ist, hat sich bislang der Arbeitsalltag der Klinikärzte nur wenig verändert. Doch ein hoher Stressfaktor birgt unzweifelhaft ein großes Risikopotenzial. Wie sich eine hohe Arbeitsbelastung der Ärzte auf die Prognose der Patienten und die Kosten der Behandlung auswirkt, zeigt jetzt eine retrospektive Kohortenstudie.
Projekt: Insgesamt haben die Studienautoren Daten von 5742 Erwachsenen, die zwischen dem 1. Juli 1998 und dem 30. Juni 2001 in eine US-amerikanische Klinik (Innere Medizin oder Intensivstation) eingewiesen wurden, analysiert. Ausschlusskriterien waren eine kardiovaskuläre, neurologische oder onkologische Primärdiagnose.
Ergebnis: Je mehr Patienten an einem Tag in das Krankenhaus eingewiesen wurden, desto schlechter war ihre Prognose und desto höher die Behandlungskosten. Mit jeder zusätzlichen Einweisung stieg ihr Risiko, im Krankenhaus zu versterben, um das 1,09-fache, die Krankenhausverweildauer verlängerte sich um 3,09 %, und die Behandlungskosten erhöhten sich um 2,31 %, wie eine multivariate Analyse ergab.
Deutlicher werden die Mortalitätsunterschiede beim Vergleich von Tagen mit wenigen und Tagen mit vielen Einweisungen (maximal drei bzw. mindestens neun Einweisungen). So erhöhte sich das Mortalitätsrisiko der Patienten um 50 %, wenn zwischen vier und sechs Patienten eingewiesen wurden. Wurden zehn bis zwölf Einweisungen verzeichnet, verdoppelte sich das Risiko der Eingewiesenen sogar.
Interessanterweise verzeichneten die Autoren eine kürzere Krankenhausverweildauer und geringere Behandlungskosten, wenn die Ärzte im Rahmen ihres Behandlungsalltags die Betreuung eines zusätzlichen Patienten übernehmen müssen.
Fazit: Die Aufnahme eines Patienten in die Klinik ist vergleichsweise arbeitsaufwändig, konstatieren die Autoren. Müssen viele Neueinweisungen bewältigt werden, habe der aufnehmende Arzt für Anamnese und Diagnostik nur wenig Zeit, was unter Umständen zu einer fehlerhaften oder unvollständigen Diagnose führen könne und so möglicherweise ein schlechteres Outcome der Patienten bedinge. Kompensieren könne der Mediziner die knapp bemessene Zeit, indem er einige Untersuchungen auf den Folgetag verschiebt, was die längeren Krankenhausaufenthalte dieser Patienten erklären könnte.
Doch warum reduzieren sich die Krankenhausverweildauer und Behandlungskosten, wenn ein Medizinerteam einen zusätzlichen Patienten betreut? Prinzipiell bedeutet dies ja auch mehr Arbeit für den einzelnen Arzt. Auch hier haben die Autoren eine Erklärung: Zum einen könne eine solche Mehrbelastung im Team kurzfristig besser aufgefangen werden, sie könne beispielsweise jedoch auch den Druck erhöhen, die Patienten früher zu entlassen.
Sicherlich sind diese Aussagen vorsichtig zu bewerten, denn für statistisch einwandfreie Aussagen zur Mortalität reicht die Studienpower bei einer Studiengröße von knapp 6000 Patienten nicht aus. Zum anderen lassen sich Angaben über ein Krankenhaus nicht ohne weiteres auf andere Häuser übertragen.
Schlüsselwörter: Arbeitsbelastung - Outcome - Mortalität - Behandlungskosten