Dtsch Med Wochenschr 2007; 132(14): 747
DOI: 10.1055/s-2007-973612
Pro & Contra | Commentary
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Myokardialer Vitalitätsnachweis: MRT ist bereits heute der Standard - Contra

Myocardial viability: MRI is the standard already - contraO. Schober1
  • 1Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Münster
Further Information

Publication History

eingereicht: 17.1.2007

akzeptiert: 18.1.2007

Publication Date:
29 March 2007 (online)

Die Frage der myokardialen Vitalität ist letztlich die Frage nach Leben oder Tod, oder die Frage „vitaler Myozyt versus Fibrose”. Die Magnetresonanztomographie (MRT) verwendet in diesem Zusammenhang unspezifische intravasale Kontrastmittel. Diese fluten nach Bolusinjektion in ischämischen und „narbigen” Myokardanteilen zunächst verlangsamt an, jedoch infolge der verminderten Gewebsperfusion und des vergrößerten Extrazellulärraums auch verlangsamt ab. Das so genannte „late enhancement”, die Kontrastierung von Narbengewebe findet aktuell in der myokardialen Narbendiagnostik Beachtung. Die evidenzbasierte wissenschaftliche Grundlage, die MRT als Standard zur myokardialen Vitalitätsdiagnostik begründen würde, fehlt aber. In der Literatur sind zwar zahlreiche Beschreibungen des Phänomens in unterschiedlichen Patientengruppen publiziert, die Korrelation von Narbengröße und Verlauf nach Revaskularisation oder - potenziell wichtiger - Narbengröße und Prognose hinsichtlich zukünftiger kardialer Ereignisse in prospektiven kontrollierten klinischen Studien fehlt.

Das Phänomen „late enhancement” ist weitestgehend unspezifisch: Sowohl die Narbe nach Myokardinfarkt als auch fibrotische Veränderungen im Rahmen von Kardiomyopathien bis hin zu Tumoren zeigen durch vergrößerten Extrazellulärraum „late enhancement” [3]. Hierdurch ist die pathophysiologische Differenzierung eines „late enhancement” prinzipiell erschwert. Das ischämisch geschädigte Myokard ist ein komplexes Substrat: Hier finden Nekrose, Apoptose, Remodelling etc. auf engstem Raum statt. Die MRT stellt innerhalb dieses Substrates lediglich die Fibrose dar, quasi als morphologisches Ausgusspräparat. Natürlich korreliert die Ausdehnung einer Narbe im Prinzip mit dem Potential einer Erholung der regionalen Pumpfunktion nach Revaskularisation. Prognostisch entscheidend bezüglich funktioneller Erholung nach Revaskularisation, Entwicklung einer Herzinsuffizienz oder Häufigkeit zukünftiger kardialer Ereignisse ist aber nicht die Narbe, sondern das Ausmaß und das Verhältnis von Vitalität der überlebenden Myozyten und deren Ischämiegrad. Dies kann nicht mit morphologisch orientierten Verfahren wie MRT erfasst werden.

Goldstandard der Bestimmung der myokardialen Vitalität ist die Positronen-Emissionstomographie (PET) nach intravenöser Injektion radioaktiv markierter Glukose (18F-Fluor-Desoxyglukose = FDG). FDG wird über Glukosetransporter in die Myozyten aufgenommen, intrazellulär über Hexokinase phosphoryliert und somit intrazellulär „getrappt”. FDG akkumuliert daher nur in vitalen Myozyten. FDG-PET lässt sich ideal mit Messungen von Perfusion und Perfusionsreserve mittels Single-Photonen-Emissionstomographie (SPECT) oder PET kombinieren, die molekularen und funktionelle Signale sind räumlich einfach zu fusionieren. Im Gegensatz zu MRT ist daher der szintigraphische Ansatz in der Lage, in einem „one-stop-shop” alle zur Beurteilung der myokardialen Vitalität notwendigen pathophysiologischen Parameter regional und global zu erheben: Vitalität (erhaltener Glukosestoffwechsel?), Ruheperfusion (Ruheischämie?) und Stressperfu-sion (belastungsabhängige Ischämie?), durch EKG-getriggertes PET oder SPECT funktionelle Parameter der Herzfunktion. Die szintigraphischen Techniken genügen durch ihren langjährigen erfolgreichen Einsatz und die vorhandene wissenschaftliche Evidenz im Gegensatz zu der MRT den Kriterien der evidenzbasierten Medizin und haben daher bereits langjährig Einzug in nationale, europäische und internationale interdisziplinäre Leitlinien gehalten [1] [2] [4].

Literatur

  • 1 Hesse B. et al. for the EANM/ESC Group . EANM/ESC procedural guidelines for myocardial perfusion imaging in nuclear cardiology.  Eur J Nucl Med Mol Imaging. 2005;  32 855-897
  • 2 Klocke F J. et al. for the American College of Cardiology; American Heart Association; American Society for Nuclear Cardiology . ACC/AHA/ASNC guidelines for the clinical use of cardiac radionuclide imaging - executive summary.  J Am Coll Cardiol. 2003;  42 1318-1333
  • 3 Park B K, Kim C K, Kim B, Kwon G Y. Adrenal tumors with late enhancement on CT and MRI. Abdom Imaging 2006 ; [Epub ahead of print].
  • 4 Schäfers M. Methods and clinical applications in nuclear cardiology: a position statement.  Nuklearmedizin. 2002;  41 3-13

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Otmar Schober

Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Sprecher SFB 656 - MoBil, Molekulare Kardiovaskuläre Bildgebung, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Albert-Schweitzer-Straße 33

48149 Münster

Phone: 0251/8347362

Fax: 0251/8347363

Email: schober.otmar@uni-muenster.de