Aktuelle Neurologie 2007; 34: 36-37
DOI: 10.1055/s-2007-980072
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kardiale Fibrosen

S.  Junghanns, H.  Reichmann
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Publication Date:
08 August 2007 (online)

Dopaminagonisten sind in der Behandlung der Parkinson'schen Erkrankung etabliert. Fibrosen und Herzklappenveränderungen als unerwünschte Wirkungen von Dopaminagonisten aus der Gruppe der Ergotalkaloide (Ergot-Dopaminagonisten) stellen weltweit ein aktuelles Problem der Arzneimittelsicherheit dar. Bis heute wurden mehrere Fallberichte und eine zunehmende Anzahl von retrospektiven Studien über kardiale Fibrosen in Verbindung mit der Anwendung der Ergot-Dopaminagonisten Pergolid und Cabergolin publiziert. Kürzlich veröffentlichte Arbeiten zeigten ein signifikant erhöhtes Risiko sowie eine erhöhte Prävalenz bedeutender Herzklappenveränderungen in Form von Insuffizienzen einer oder mehrerer Herzklappen unter Behandlung mit Pergolid und Cabergolin, nicht aber bei Patienten, die mit den Nicht-Ergot-Dopaminagonisten Ropinirol und Pramipexol behandelt waren. Bei der Dateninterpretation vorliegender Studien sind unterschiedliche methodische Aspekte und Defizite zu berücksichtigen. Die Schweregrade der Herzklappenbefunde korrelierten wenig mit der klinischen Symptomatik, in der Mehrzahl der Fälle waren die beobachteten Veränderungen asymptomatisch. Nur bei wenigen Patienten war aufgrund schwerer Herzklappenveränderungen eine kardiochirurgische Intervention indiziert. Eine Hypothese des Pathomechanismus ist, dass die Fibroblasten-Proliferation über eine Aktivierung von Serotonin-(5-HT)2B Rezeptoren vermittelt wird. Im Gegensatz zu Ropinirol und Pramipexol sind einige Ergot-Derivate, wie Pergolid und Cabergolin, potente Agonisten am 5-HT2B-Rezeptor.

Basierend auf den Ergebnissen aktuell vorliegender Publikationen und Aspekten der Arzneimittelsicherheit wurden in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und den europäischen Zulassungsbehörden die Produktinformationen zu Cabergolin-haltigen Arzneimitteln entsprechend der Fachinformation zu Pergolid in den Abschnitten Indikationseinschränkungen, Kontraindikationen, Warnhinweise sowie hinsichtlich Kontrolluntersuchungen aktualisiert. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird eine kontrollierte Anwendung von Pergolid- und Cabergolin-haltigen Arzneimitteln als Mittel zweiter Wahl für Patienten empfohlen, bei denen eine Therapie mit einem Nicht-Ergot-Dopaminagonisten nicht wirksam ist oder nicht vertragen wird. Zusätzliche Kontraindikationen für Patienten mit pulmonalen, perikardialen oder retroperitonealen fibrotischen Störungen in der Anamnese und/oder Nachweis einer anatomischen Veränderung der Herzklappe wurden in die Fachinformationen aufgenommen. Jeder Patient sollte ausführliche Informationen das potenzielle Risiko einer Fibrose und Valvulopathie erhalten. Die Behandlung mit Pergolid- und Cabergolin-haltigen Arzneimitteln sollte unter Abwägung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses von einem Facharzt begonnen und der Vorteil einer Dauertherapie regelmäßig neu bewertet werden. Die in den Fachinformationen empfohlene Tageshöchstdosis sollte eingehalten werden. Regelmäßig sollten kardiologische Vorstellungen des Patienten erfolgen sowie echokardiographische Kontrolluntersuchungen in mindestens 12-monatlichen Abständen durchgeführt werden.

Derzeit sind keine ausreichenden Daten über Reversibilität der Herzklappenveränderungen nach Expositionsende sowie über eine Abhängigkeit von kumulativer Dosis und Behandlungsdauer verfügbar. Daten zur Inzidenz kardialer Fibrosen unter Behandlung mit Dopaminagonisten liegen für Deutschland nicht vor. Zur Klärung der heute noch offenen Fragen würden prospektive kontrollierte Studien unter Berücksichtigung von standardisierten echokardiographischen Ausgangsuntersuchungen sowie klinischen Parametern beitragen.