Über das Belegarztsystem können niedergelassene Ärzte stationäre Leistungen erbringen,
ohne ihre Praxis aufgeben zu müssen. Krankenhäuser wiederum können eine Leistung verlässlich
anbieten, ohne ständig einen Spezialisten vor Ort beschäftigen zu müssen. Doch Vorsicht:
Fassen Sie Belegarztverträge schriftlich ab und legen Sie insbesondere die Kündigungsfristen
fest, um später nicht über eine angemessene Kündigungsfrist vor Gericht streiten zu
müssen. Ärzte, die "nur" über eine eingeschränkte Belegarztzulassung verfügen, müssen
sich bewusst sein, dass ihre Zulassung mit dem Belegarztvertrag steht und fällt. Langfristige
vertragliche Bindungen müssen diese Besonderheit unbedingt berücksichtigen.
Das Belegarztwesen verknüpft die ambulante mit der stationären Tätigkeit in besonderer
Art und Weise. Belegärzte sind nicht beim jeweiligen Krankenhaus angestellt, sondern
verfügen über einen Belegarztvertrag, der ihnen ermöglicht, eigene Patienten im Krankenhaus
stationär zu behandeln. Außerhalb ihrer belegärztlichen Tätigkeit sind sie regelmäßig
als niedergelassene Ärzte in eigener Praxis tätig. Betreuen solche Ärzte in ihrer
Praxis auch Patienten der gesetzlichen Krankenversicherungen, so benötigen sie hierzu
eine vertragsärztliche Zulassung. Befindet sich die Praxis in einem für ihr Fachgebiet
"gesperrten Gebiet", wird ein Arzt dort nur eine vertragsärztliche Zulassung erhalten,
wenn ein Inhaber einer Zulassung aufhört oder das Gebiet entsperrt wird.
Eingeschränkte Zulassung über den Umweg 'Belegarzt'
Eingeschränkte Zulassung über den Umweg 'Belegarzt'
Doch das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) enthält im Zusammenhang mit belegärztlicher
Tätigkeit im § 103 Abs. 7 SGB V eine Regelung, die es geeigneten Ärzten ermöglicht,
auch in einem gesperrten Planungsbereich eine eingeschränkte Zulassung zu erhalten
(s. Kasten S. 312). In diesem Fall erheben die Konkurrenten im Rahmen eines Drittwiderspruchs
häufig den Vorwurf, die belegärztliche Tätigkeit würde nur vorgeschoben, um in einem
gesperrten Planungsbereich eine Vertragsarztzulassung zu erhalten.
Mit dieser Problematik hatte sich auch das Landessozialgericht Hessen (Beschluss vom
02.03.2007, Aktenzeichen: L 4 KA 5/07 ER) zu beschäftigen. Der betroffene Krankenhausträger
hatte im Hessischen Ärzteblatt eine Belegarztstelle ausgeschrieben. Die Ausschreibung
enthielt ausführliche Hinweise zum Fachgebiet sowie gewünschter Zusatzqualifikation
und nannte darüber hinaus die fachlichen Anforderungen an die Bewerber. Angaben zur
Anzahl der zu betreuenden Belegarztbetten waren jedoch nicht zu entnehmen. Neben
dem Arzt, der später auch die Zulassung erhielt, hatten sich zunächst noch zwei Ärzte
aus dem Planungsbereich beworben. Sie zogen jedoch ihre Bewerbung später wieder zurück.
Besonders die fehlende Angabe der Bettenzahl in der Ausschreibung wurde zu einem zentralen
Punkt des Gerichtsverfahrens, in dem die Erteilung der Zulassung angegriffen wurde.
Dem Krankenhausträger wurde vorgeworfen, er habe mit den anderen Bewerbern nur Scheinverhandlungen
geführt. Eigentlich sei der Vertrag nur geschlossen worden, um die Zulassungsbeschränkungen
zu umgehen, wofür insbesondere die fehlende Bettenzahl in der Ausschreibung sprechen
würde. Diese sei mangels Bettenzahl nicht ordnungsgemäß erfolgt.
Ausschreibung muss keine Bettenzahl enthalten
Ausschreibung muss keine Bettenzahl enthalten
Nach Ansicht des Gerichts hatte der Krankenhausträger die Belegarztstelle jedoch ordnungsgemäß
ausgeschrieben. Die Zahl der Belegbetten sei dabei nicht zwingend erforderlich, da
sie den Bereich der Vertragsfreiheit zwischen Krankenhausträger und Belegarzt betreffe.
Im konkreten Fall sollte der Belegarzt zehn Belegbetten betreuen.
Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Ausschreibungen existieren keine gesetzliche
Vorgaben, so das Landesgericht Hessen. Das Angebot müsse nur öffentlich, etwa über
die Tageszeitung oder ärztliche Fachzeitschriften, bekannt gemacht werden - was mit
der Ausschreibung im Hessischen Ärzteblatt erfüllt sei. Ein Aushang im Krankenhaus
oder eine Veröffentlichung in der krankenhauseigenen Hauszeitschrift jedoch würden
hierfür nicht ausreichen.
Keine Mindestzahl an Belegbetten vorgeschrieben
Keine Mindestzahl an Belegbetten vorgeschrieben
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Zulassung nach § 103 Abs.
7 SGB V voraus, dass tatsächlich eine belegärztliche Tätigkeit ausgeübt werden soll.
Diese Vorgabe soll das Unterlaufen von Zulassungsbeschränkungen als den eigentlichen
Beweggrund für den Abschluss eines Belegarztvertrages verhindern. Die belegärztliche
Tätigkeit darf also gegenüber der Tätigkeit in der niedergelassenen Praxis nicht in
den Hintergrund treten. Eine Mindestzahl von Belegbetten wird aber nicht vorgeschrieben.
Auch in älteren Entscheidungen hat das Bundessozialgericht die Zahl von zehn Belegbetten
nicht als Grenze gesehen, unter der von keiner ernstlich gewollten Ausübung der belegärztlichen
Tätigkeit die Rede sein könne. Sogar bei der ursprünglich geplanten Versorgung von
sechs Belegbetten hätte nach Auffassung des Landessozialgerichts kein Anlass dazu
bestanden, die belegärztliche Tätigkeit des Antragsstellers nur zum Schein zu vermuten.
Bei den dann tatsächlich angebotenen zehn Belegbetten sei eine tatsächliche belegärztliche
Tätigkeit zweifelsfrei gegeben.
Ärzte aus dem Planungsbereich müssen erste Wahl sein
Ärzte aus dem Planungsbereich müssen erste Wahl sein
Eine weitere Voraussetzung für die Erteilung einer Zulassung nach § 103 Abs. 7 SGB
V ist, dass die betroffenen Ärzte im Planungsbereich Kenntnis von der Ausschreibung
erhalten. Erst wenn sich im Planungsbereich kein geeigneter niedergelassener Bewerber
für die ausgeschriebene Belegarztstelle findet, besteht die Möglichkeit, die Stelle
mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt zu besetzen.
Zulassungsausschuss über weitere Bewerber informieren
Zulassungsausschuss über weitere Bewerber informieren
Im konkreten Fall hatten sich zwar zunächst zwei niedergelassene Ärzte aus dem Planungsbereich
auf die Ausschreibung beworben. Beide hatten ihren Antrag später allerdings wieder
zurückgezogen. Daraus wurde geschlossen, dass mit diesen Bewerbern nur Scheinverhandlungen
stattgefunden hätten.
Das Gericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass der Krankenhausträger im Rahmen
des Zulassungsverfahrens vortragen müsse, wer sich auf die ausgeschriebene Stelle
beworben habe. Damit der Argumentation, es hätten mit anderen Bewerbern nur Scheinverhandlungen
stattgefunden, von vornherein die Grundlage entzogen ist, sollte der Krankenhausträger
aus Sicht des erkennenden Senats von sich aus die Gründe offen legen, warum die Verhandlungen
mit anderen Bewerbern gescheitert sind.
Weshalb einzelne Mitbewerber ihre Bewerbungen zurückziehen, dürfte für die Zulassungsgremien
jedoch regelmäßig nicht von Interesse und auch dem Krankenhausträger häufig nicht
bekannt sein. Solange den Zulassungsgremien jedoch keine konkreten Hinweise vorlägen,
mit anderen Bewerbern sei nur pro forma verhandelt oder sie seien aus den Verhandlungen
hinausgedrängt worden, bestehe keinerlei Anlass, weitere Ermittlungen einzuleiten.
Konsequenzen einer Zulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V
Konsequenzen einer Zulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V
Jede über die Regelung des § 103 Abs. 7 SGB V erteilte Zulassung ist jedoch auf die
Dauer der belegärztlichen Tätigkeit begrenzt. Im Falle einer Kündigung des Belegarztvertrages
erlischt demnach auch die Zulassung. Dies müssen insbesondere Kooperationsverträge
zwischen niedergelassenen Ärzten berücksichtigen. Fällt dagegen die Zulassungsbeschränkung
im Planungsbereich weg, wandelt sich die beschränkte Zulassung in eine unbeschränkte
Zulassung um. Dasselbe gilt nach Ablauf von zehn Jahren.
Kündigung eines Belegarztvertrages
Kündigung eines Belegarztvertrages
Wie lange eine angemessene Kündigungsfrist bemessen sein muss, wenn diese zwischen
dem Belegarzt und dem Träger des Krankenhauses nicht ausdrücklich vereinbart ist,
darüber entschied der Bundesgerichtshof (20.07. 2006, Aktenzeichen: III ZR 145/05).
Der Fall entzündete sich an einer Auseinandersetzung zwischen einem gynäkologischen
Belegarzt, der dem Krankenhausträger Ende des Jahres mitteilte, dass er zum Ende des
folgenden Quartals seine Belegarzttätigkeit beende. Der Belegarztvertrag war in diesem
Fall nur mündlich zwischen den Parteien geschlossen worden, eine schriftliche Vereinbarung
über die Kündigungsfrist gab es demzufolge nicht.
Da jedoch nach Auffassung des Krankenhausträgers eine Frist von sechs Monaten angemessen
gewesen wäre, verklagte er den Belegarzt auf Schadensersatz. Der Krankenhausträger
machte geltend, dass durch die operative Tätigkeit des Belegarztes pro Quartal durchschnittlich
ein nicht unwesentlicher Betrag dem Krankenhausträger zugeflossen sei. 75 % dieses
Betrages entstünden dem Krankenhausträger durch fixe Personal- und Sachkosten, die
nicht innerhalb von drei Monaten abgebaut werden könnten. Diesen Betrag klagte der
Krankenhausträger ein.
Kündigungsfrist von sechs Monaten ist angemessen
Kündigungsfrist von sechs Monaten ist angemessen
Der Bundesgerichtshof urteilte wie folgt: Bei einem Belegarztvertrag handelt es sich
um einen Dauervertrag mit atypischem Inhalt, auf den grundsätzlich die für Dauerverträge
des Bürgerlichen Gesetzbuchs getroffenen Regelungen anzuwenden sind - sofern im Einzelfall
nicht etwas anderes festgelegt ist. Finden sich also keine ausdrücklich vereinbarten
Kündigungsregelungen und liegt kein wichtiger Grund vor, der eine Beendigung des Vertragsverhältnisses
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ermöglicht, ist bei der Kündigung des Vertragsverhältnisses
eine angemessene Frist einzuhalten. Die Angemessenheit der Frist ist aufgrund einer
zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorausschauenden Bewertung der beiderseitigen
Interessen zu beurteilen.
In dem konkreten Fall reicht nach Meinung des Gerichts nur eine Kündigungsfrist von
sechs Monaten aus, damit der Krankenhausträger, auch unter Berücksichtigung der erforderlichen
Sorgfalt, einen anderen Vertragspartner finden könne. Auch im Hinblick auf notwendige
Vorbereitungsmaßnahmen - sei es für die Anbahnung neuer Vertragsbeziehungen mit einem
anderen Belegarzt oder für durch die Kündigung ausgelöste anderweitige Anpassungsprozesse
im Krankenhausbetrieb - sei eine sechsmonatige Kündigungsfrist notwendig.
Im Einzelfall sei es jedoch nicht ausgeschlossen, so das Gericht, dass andere, zum
Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorliegende Umstände eine kürzere Kündigungsfrist
rechtfertigen oder eine längere Frist verlangen können. Für derartige Umstände trägt
die Partei die Beweislast, die damit eine kürzere oder längere Frist für sich in Anspruch
nehmen will.
§ 103 Abs. 7 SGB V
§ 103 Abs. 7 SGB V
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"In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben
Krankenhausträger das Angebot zum Abschluss von Belegarztverträgen auszuschreiben.
Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt
nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht
niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine
auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung
entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkung (...), spätestens nach Ablauf von
zehn Jahren."
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