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DOI: 10.1055/s-2007-982066
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Mediquiz: Fall 2825 - Riesenharnblase (4,5 l) bei Prostatahyperplasie und konsekutiver Abflussstörung - Erwiderung
Zum Beitrag in DMW 13/2007Publication History
Publication Date:
03 July 2007 (online)
Die Ausführungen von Frau Kollegin Keller sind absolut richtig. Anamnese und klinische Untersuchung müssen in der Abklärung eines Beschwerdebildes immer am Anfang stehen. Die Indikation für aufwendige, für den Patienten belastende (im vorgestellten Fall eine Kontrastmittel-unterstützte CT-Untersuchung des Abdomens) und kostenintensive Verfahren muss streng geprüft werden. Dabei bestimmt allein die diagnostische Notwendigkeit und nicht die mögliche Verfügbarkeit ihren Einsatz. Der Eindruck einer unkritischen Verwendung bildgebender Verfahren ist hier durch die Fokussierung auf den CT-Befund entstanden, der dem Kurzformat eines Mediquiz-Beitrages geschuldet ist. Wir danken daher Frau Kollegin Keller für Ihren Kommentar, gibt uns dieser doch die Möglichkeit einer etwas ausführlicheren Beschreibung des klinisch komplexen Falles [1].
Kurz nach Aufnahme des in seinem Allgemeinzustand deutlich reduzierten und nur eingeschränkt zur Anamnese befragbaren Patienten wurden drei wesentliche Diagnosen gestellt:1. Akutes Abdomen mit erheblichen Schmerzen, deutlicher Abwehrspannung und einer sonographisch nachzuweisenden großen liquiden Raumforderung, die nahezu das gesamte Abdomen ausfüllte. 2. Ausgeprägte Anämie (Hb 4,2 g/dl) unklarer Ätiologie. 3. Akutes Koronarsyndrom im Sinne eines Nicht-ST-Hebungsinfarktes (CK 763 U/l, Troponin 22 ng/ml) mit echokardiographisch mäßiggradig reduzierter linksventrikulärer Funktion (EF 40 %) bei Akinesie der apikalen Vorderwand. In dieser Konstellation wurde zum Ausschluss einer intraabdominellen Blutung (z. B. bei perforiertem Aortenaneurysma) die Indikation für die Durchführung der Abdomen-CT gestellt, in der sich dann die Riesenharnblase zeigte (Abb. [1]). Ein Anhalt für eine Blutung ergab sich nicht. Der Patient erhielt zur Stabilisierung insgesamt 4 Erythrozytenkonzentrate, worauf der Hb-Wert auf 9,8 g/dl adäquat angestiegen ist. Eine anschließend durchgeführte Gastroskopie zeigte eine axiale Hernie, eine Refluxösophagitis sowie eine Gastritis (Abb. [2]). Bei im Verlauf zunehmenden Herzenzymen (CK 1083 U/l, Troponin 25,34 ng/ml) wurde ebenfalls noch am Aufnahmetag eine Linksherzkatheteruntersuchung über einen transradialen Zugang durchgeführt (Abb. [3] ). Darin zeigte sich eine diffuse koronare Herzerkrankung mit mittelgradigen Stenosen der linken und rechten Kranzarterie ohne Indikation zur Intervention. 2 Tage später erfolgte noch eine Koloskopie, die eine ausgeprägte Divertikulose, aber keine eindeutige Blutungsquelle zeigte. Nach 9 Tagen konnte der Patient in deutlich gebessertem Allgemeinzustand, mit stabilem Hb und normalen Retentionswerten, aber bei fortbestehender Blasenentleerungsstörung noch mit liegendem Blasenkatheter entlassen werden. Aufgrund des zurückliegenden Infarktereignisses mit der Notwendigkeit einer Thrombozytenaggregationshemmung sollte eine chirurgische Intervention der Prostata erst nach 3 Monaten durchgeführt werden.
Abb. 1 CT-Abdomen (Frontalschnitt) mit Nachweis der Riesenharnblase.
Abb. 2 Die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie zeigt eine ausgeprägte Refluxösophagitis.
Abb. 3 In der linken (oben) und kräftig angelegten rechten Herzkranzarterie (unten) zeigen sich diffuse atherosklerotische Veränderungen, aber keine Stenose von mehr als 50 %.
Die CT-Untersuchung erfolgte also nach einer klinischen und sonographischen Untersuchung zum Ausschluss einer intraabdominalen Blutung bei abdominellen Schmerzen und ausgeprägter Anämie. Wegen des gleichzeitig vorliegenden akuten Koronarsyndroms mit der Notwendigkeit zur Heparinisierung und der zeitnah angestrebten Linksherzkatheteruntersuchung musste eine aktive Blutung unmittelbar ausgeschlossen werden.
Literatur
- 1 Ropers D, Samuel S. Riesenharnblase (4,5 l) bei Prostatahyperplasie und konsekutiver Abflussstörung. Dtsch Med Wochenschr. 2007; 132 671-672
Dr. med. Th. Händl
Priv.-Doz. Dr. med. D. Ropers
1Medizinische Klinik 1 mit Poliklinik, Medizinische Klinik 2 mit Poliklinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Ulmenweg 18
91054 Erlangen
Email: Dieter.Ropers@med2.med.uni-erlangen.de