Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2007; 39(3): 120
DOI: 10.1055/s-2007-985979
Forschung
Neues aus der Onkologie
© Karl F. Haug Verlag

Nemorosone, ein Molekül mit antitumoralen Eigenschaften zur Behandlung von Neuroblastomen

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Publication Date:
28 September 2007 (online)

Nemorosone, ein Molekül mit antitumoralen Eigenschaften zur Behandlung von Neuroblastomen

Neuroblastome, Tumoren des neuroektodermalen Gewebes, zählen zu den häufigsten soliden Malignomen des Kindesalters. Besonders die höheren Stadien dieser Tumorarten zeichnen sich durch eine ausgesprochene Aggressivität und Therapieresistenz aus. Unter den kindlichen Krebserkrankungen besitzen sie die schlechtesten Heilungsraten, denn die Mehrzahl der Patienten mit metastasiertem Tumor verstirbt trotz intensivster konventioneller Therapiemaßnahmen. Demzufolge sind neue Therapiewege, die die bekannten Resistenzmechanismen umgehen, in der Onkologie von großer Bedeutung.

In der letzten Zeit hat das explosive Wachstum der Phytotherapie ein neues Bewusstsein für das nahezu unbegrenzte Potenzial natürlicher Produkte als Antikrebsmittel erzeugt. Die Geschichte der Verwendung von Pflanzen als Krebsmedikamente ist lang. Einige von Pflanzen abgeleitete Antikrebs-Substanzen sind bereits in klinischem Gebrauch, wie z.B. die Vinca-Alkaloide, die Taxane, Lignane, Flavone, Camptothecine, Stilbene und Cephalotaxane.

Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Identifizierung, Erprobung und Weiterentwicklung von antitumoral wirksamen Substanzen aus verschiedensten Naturquellen wie Pflanzen, marinen Organismen, Propolis u.a. Es ist uns bereits gelungen, einige aussichtsreiche Substanzen zu isolieren, chemisch zu charakterisieren und ihren biologischen Wirkmechanismus teilweise aufzuklären.

Nemorosone z.B. ist ein natürliches Molekül, das in Pflanzen der Gattung Clusia synthetisiert wird und in Propolis aus Kuba und Florida vorkommt. Es wirkt in vitro stark wachstumsinhibierend auf zahlreiche Tumorzelllinien, ist jedoch für nichttumorigene Zelllinien selbst in hohen Konzentrationen nicht toxisch. Molekularbiologische Untersuchungen zeigten, dass die Verbindung eine Herunterregulation des N-myc-Onkogens induziert bzw. eine Modulierung verschiedener Signaltransduktionskaskaden bewirkt. Hochinteressant ist die Erkenntnis, dass Nemorosone keinerlei Kreuzresistenzen zu klinisch relevanten Chemotherapeutika wie Doxorubicin und Vinblastin in P-Glykoprotein(MDR1)-positiven Neuroblastomzellen zeigt. Insbesondere fanden wir, dass N-myc-positive Zelllinien, die auch MDR1 exprimieren, sehr empfindlich gegenüber Nemoroson sind.

Da die Substanz in der Natur nicht in großen Mengen gewonnen werden kann, ist es notwendig, einen chemischen Syntheseweg zu erarbeiten, der die Herstellung unbegrenzter Mengen der Verbindung ermöglichen. Hierbei sollen dann auch chemische Modifikationen zur Verbesserung der Wasserlöslichkeit, pharmakologischen Wirksamkeit und des Degradationsschutzes des Moleküls parallel untersucht werden.

Kontakt

Dr. David Díaz-Carballo

Group Leader Experimental Therapeutics
Division of Clinical Pharmacology
Ruhr-University of Bochum

Universitätsstr. 150

44801 Bochum

Email: david.diaz-carballo@ruhr-uni-bochum.de