Der Klinikarzt 2007; 36(10): 597
DOI: 10.1055/s-2007-991603
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Prophylaxe statt Therapie! - Effektiver Schutz vor potenziell lebensbedrohlichen Mykosen

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Publication Date:
31 October 2007 (online)

 
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"Hat ein Leukämiepatient erst einmal eine Mykose, stehen wir vor einem gewaltigen Problem", konstatierte Prof. John R. Perfect, Durham (North Carolina, USA). Oft kündigt sich eine solch potenziell lebensbedrohliche Pilzinfektion vergleichsweise harmlos mit Fieber an. Wird der Patient aber zu spät behandelt, steigt die Mortalitätsrate signifikant. "Daher müssen wir Mykosen nicht nur möglichst frühzeitig therapieren, sondern dürfen sie erst gar nicht entstehen lassen", so Perfect. "Einen großen Schritt weitergebracht hat uns jetzt Posaconazol", sagte Dr. Andrew Ullmann, Mainz.

Denn zwei klinische Studien [1], [4] belegen nicht nur dessen überzeugende Wirksamkeit im Rahmen der antimykotischen Prophlaxe im Vergleich zu den gängigen Antimykotika Fluconazol und Itraconazol. Eine Arbeit hat sogar eine geringere Mortalitätsrate der prophylaktisch mit Posaconazol behandelten Patienten gezeigt [1]. "Das ist schon ein überzeugendes Ergebnis", meinte Dr. Oliver A. Cornely, Köln.

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Überzeugende antimykotische Prophylaxe bei AML und MDS

So verstarben im Verlauf der Beobachtungszeit von insgesamt 100 Tagen nur 14,5 % der 304 an der offenen multizentrischen Studie [1] teilnehmenden, neutropenischen Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) oder myelodysplastischem Syndrom (MDS), die prophylaktisch mit Posaconazol behandelt worden waren. Hatten diese Hochrisikopatienten dagegen Fluconazol (n = 240) oder Itraconazol (n = 58) erhalten, betrug die Mortalitätsrate 21,5 %. "Das entspricht einer 'number needed to treat' von nur 14 Patienten für Posaconazol", betonte Cornely.

Die Voraussetzung hierfür war eine hochsignifikant geringere Rate an systemischen Mykosen unter Posaconazol (2 versus 8 %; p = 0,0009) - gemessen sieben Tage nach Beendigung der Prophylaxe. "Treibender Faktor waren dabei die Aspergillusinfektionen", so Cornely. Während unter Posaconazol nur 1 % der Patienten betroffen war, wiesen im Vergleichsarm 7 % eine Aspergillose auf (p = 0,001). Auch 100 Tage nach der Randomisierung waren weniger systemische Mykosen zu verzeichnen, wenn die Patienten zur Prophylaxe Posaconazol erhalten hatten (5 versus 11 %; p = 0,0031).

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Überzeugend auch nach Stammzelltransplantation

Die zweite, doppelblinde randomisierte Studie beschäftigte sich mit Empfängern hämatopoetischer Stammzellen (n = 600), die im Verlauf ihrer immunsuppressiven Therapie eine Graft-versus-Host-Erkrankung entwickelt hatten [4]. Auch diese Hochrisikopatienten profitierten von dem präventiven Effekt von Posaconazol mit einer deutlich geringeren Inzidenz systemischer Mykosen, Vergleichssubstanz war in dieser Studie ebenfalls Fluconazol:

  • 2,4 versus 7,6 % (p = 0,004) im Therapiezeitraum

  • 5,3 versus 9 % (p = 0,07) im primären Beobachtungszeitraum von 112 Tagen.

Das Keimspektrum dominierten wiederum invasive Aspergillusinfektionen (1 versus 5,9 % im Therapieverlauf, p = 0,001 und 2,3 versus 7 % im Beobachtungszeitraum, p = 0,006).

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Sicherheit wird groß geschrieben

Bezüglich der Sicherheitsaspekte, die gerade in der Prophylaxe einen hohen Stellenwert besitzen, wie Perfect betonte, konnte Posaconazol in beiden genannten Studien ebenfalls überzeugen. "Fluconazol ist sicherlich eines der sichersten oralen Antimykotika, die derzeit auf dem Markt sind", bemerkte Ullmann. "Und die Daten aus den beiden aktuellen Studien legen nahe, dass Posaconazol in der Prophylaxe ähnlich gut verträglich ist wie Fluconazol."

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Vorteile schlagen sich auch in der Klinik nieder

Doch zahlt sich diese Prophylaxe auch in der klinischen Praxis aus? Ja, so die Antwort von Cornely, der von seinen Erfahrungen aus Köln berichtete. Im Zeitraum von 2003 bis 2005, in der noch keine systemische Prophylaxe durchgeführt worden war, verzeichnete er bei 15 % seiner onkologischen bzw. hämatologischen Patienten eine systemische Mykose. Nach der Einführung der Posaconazolprophylaxe jedoch sank die Rate im Jahr 2006 rapide auf 3 % pro Jahr. Und bedenkt man, wie aufwendig und kostenintensiv die Therapie einer Mykose ist, wird der Vorteil noch deutlicher.

sts

Quellen: Press Briefing "Integrating antifungal prophylaxis into clinical practice", im Rahmen des 17. European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID), veranstaltet von der essex pharma GmbH, München

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der essex pharma GmbH, München

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Europäische und deutsche Leitlinien gehen konform

In der ersten europäischen Leitlinie zur antimikrobiellen Therapie bei Leukämiepatienten wird Posaconazol aufgrund dieser positiven Studiendaten vorläufig mit dem höchsten Evidenzgrad (AI) zur antimykotischen Prophylaxe empfohlen, berichtete Prof. Johan Maertens, Leuven (Belgien) - und zwar sowohl bei AML- und MDS-Patienten im Rahmen einer Induktionschemotherapie als auch bei Patienten, die nach einer allogenen Stammzelltransplantation (HSCT) eine Graft-versus-Host-Erkrankung entwickelt haben. Fluconazol dagegen wird dieser höchste Evidenzgrad nur bei HSCT-Patienten zugesprochen, denn für die Fluconazolprophylaxe gibt es Hinweise auf eine Reduktion der Mortalität gegenüber Placebo [2], [3]. Zum Einsatz von Fluconazol im Rahmen der Induktionschemotherapie besteht nach Ansicht der "European Conference on Infections in Leukemia" jedoch nur der Evidenzgrad CI. Schlechter noch, nämlich mit BI für die HSCT-Patienten und CI für die AML-Patienten, bewerteten die Experten die Datenlage bei Itraconazol.

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Literatur

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Literatur