Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2007; 42(10): 682-689
DOI: 10.1055/s-2007-993016
Fachwissen
Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anästhesie für die Lebertransplantation (LTX) - Besonderheiten und Therapiekonzepte

Anesthesia in liver transplantationStephan Eschertzhuber, Karl H. Lindner, Christoph Hörmann
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Publication Date:
29 October 2007 (online)

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Zusammenfassung

Im Jahr 2006 wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz über 1000 Lebertransplantationen (LTX) durchgeführt. Die mögliche Assoziation der Leberinsuffizienz mit Pathologien aller anderen Organsysteme bedarf einer sorgfältigen präoperativen Abklärung des Leberempfängers und einer umsichtigen Narkoseführung. Den besonderen pathophysiologischen Veränderungen während der LTX muss durch ein umfassendes Monitoring und ein durchdachtes therapeutisches Konzept begegnet werden. Der vorliegende Beitrag stellt die anästhesiologisch relevanten Besonderheiten der LTX vor und bietet entsprechende Handlungsvorschläge an.

Abstract

In the year 2006 over 1000 liver transplantation (LTX) were performed in Austria, Germany and Switzerland. The feasible association of liver failure with pathologic affections of all other organ systems requires a thorough examination of the potential liver host and a carefully guided anaesthesia. A comprehensive monitoring of the patient and an elaborate therapeutic concept is necessary to meet the peculiar pathophysilogic conditions during LTX. This report describes the anaesthesiological relevant aspects of the LTX and provides suitable therapeutic options.

Kernaussagen

  • Die erste anästhesiologische Evaluierung eines potenziellen Leberempfängers muss bereits bei seiner Listung erfolgen, um nötige Zusatzuntersuchungen zu indizieren.

  • Das perioperative Risiko wird durch das Stadium der Grunderkrankung, vor allem aber auch durch die Komorbiditäten wesentlich beeinflusst.

  • Das hepatopulmonale Syndrom mit pulmonalarterieller Hypertension oder das Vorliegen eines generalisierten Hirnödems im Rahmen der hepatischen Enzephalopathie sind prognostisch besonders ungünstig.

  • Nur mit erweitertem Monitoring ist den oft schnellen pathophysiologischen Veränderungen während der LTX adäquat zu begegnen. Neben der Überwachung der Hämodynamik (invasive arterielle Blutdruckmessung, Pulmonaliskatheter) spielt das Gerinnungsmonitoring (Thromboelastographie) eine zentrale Rolle.

  • Hyperfibrinolysen sind eine häufige Komplikation der LTX und treten vor allem am Ende der anhepatischen Phase auf. Sie können mittels RoTEM® diagnostiziert und mit Aprotinin therapiert werden.

  • Eine ausreichende Menge an Blutprodukten, Hochdruckinfusionssysteme und ein autologes Transfusionssystem bilden das unerlässliche Sicherheitsnetz für die LTX.

  • Der Einsatz von autologen Transfusionssystemen (Cell-Saver) ist auch bei Vorliegen eines hepatozellulären Karzinoms sinnvoll. Das gewonnene Konzentrat wird vor Transfusion mit 50 Gray bestrahlt.

  • Die anhepatische Phase ist durch eine Reduktion des Preloads und eine konsekutive Abnahme des HZV um bis zu 50 % gekennzeichnet. Trotzdem ist der Einsatz eines veno-venösen Bypasses (VVB) nur noch in sehr seltenen Fällen gerechtfertigt.

  • Der Beginn der neohepatischen Phase kann durch massive hämodynamische Instabilitäten gekennzeichnet sein. Diese entstehen entweder durch Einschwemmen von sauren Metaboliten, Kalium und kaltem Blut aus dem Spenderorgan, oder durch eine massive Volumenüberladung des rechten Ventrikels nach Freigabe der Gefäßanastomosen.

  • Nach unkomplizierter LTX ist ein rasches postoperatives Weaning von der Beatmung möglich und nur ein kurzer Intensivaufenthalt nötig. Dagegen können langwierige Operationen (Re-Transplantationen) oder ein stark reduzierter präoperativer Zustand zu komplizierten postoperativen Verläufen führen und verschiedenste intensivmedizinische Maßnahmen nötig machen (z.B. Nierenersatztherapie, Massivtransfusion, invasive Beatmung, ausgedehnte antiinfektive Therapie).

Literaturverzeichnis

Dr. med. Stephan Eschertzhuber

Email: stephan.eschertzhuber@i-med.ac.at

Prof. Dr. med. Karl H. Lindner

Email: karl.lindner@i-med.ac.at

Prof. Dr. med. Christoph Hörmann

Email: christoph.hoermann@i-med.ac.at