Zusammenfassung
Hintergrund: Bislang ist die Verbreitung von Patientenverfügungen in der prä-klinischen Bevölkerung (das heißt, bevor es zu einer Krankenhausaufnahme kommt) noch kaum bekannt, da sich Studien hierzu zumeist auf Patienten- bzw. Arztbefragungen beziehen. Somit ist unklar, welche prä-klinischen Bedingungen die Verbreitung von Patientenverfügungen begünstigen. Von Interesse sind insbesondere persönliche und soziale Lebensumstände, die dazu führen, dass Menschen es für sich explizit ablehnen, eine Patientenverfügung zu erstellen.
Methodik: Die Untersuchung beruht auf zwei Befragungen mit 400 bzw. 1023 Männern und Frauen (47/53 % bzw. 46.5/53.5 %) im Alter von 16 bis 92 Jahren, die jeweils repräsentativ für die gesamte deutsche Bevölkerung sind. In beiden Befragungen wurden im Rahmen einer Mehrthemenerhebung das Vorhandensein einer Patientenverfügung bzw. die Bereitschaft zur Erstellung einer solchen Verfügung erfragt.
Ergebnisse: Rund 10 % der Erwachsenen in Deutschland verfügen über eine prä-klinische Patientenverfügung, aber 52 % lehnen es ab, eine Patientenverfügung zu erstellen. In logistischen Regressionsanalysen zeigt sich, dass auch nach statistischer Kontrolle sozioökonomischer Einflüsse (Bildung, Einkommen, Haushaltsgröße), die Akzeptanz und Verbreitung von Patientenverfügung vom Alter und von persönlichen Erfahrungen mit Tod und Sterben im persönlichen Umfeld abhängen: Eine Patientenverfügung lehnt eher ab, wer unter 50 Jahre alt ist, wenig auf gesunde Ernährung achtet, wenig Sport treibt, über wenig Einkommen verfügt und keine Angehörigen im vergangenen Jahr verloren hat.
Folgerung: Die Bereitschaft eine Patientenverfügung im prä-klinischen Stadium zu erstellen hängt in hohem Maße von der persönlichen Auseinandersetzung mit Fragen der medizinischen Behandlung am Lebensende statt. Wer den Sterbeprozess von Angehörigen miterlebt hat, ist selbst eher bereit, sich auf Fragen der eigenen Behandlungspräferenzen am Lebensende einzustellen.
Summary
Objectives: There is few data about how many people in Germany have deposited a living will or intend to do so. Most studies report distributions among patients, medical doctors or clinical personal. It is unclear, which pre-clinical conditions endorse the distribution of living wills. We were interested in which social contexts contribute to refusal of depositing a living will.
Method: In two representative surveys with 400 and with 1023 adults, who were between 16 and 92 years old. Within both two multiple-purpose surveys it was assessed whether a living will was available, and if not, whether respondents planned or objected to do so.
Results: About 10 percent of adults in Germany had deposited a living will pre-clinically. About fifty percent object to depositing a living will. Logistic regression analyses revealed that the distribution and acceptance of living will deposition depends on chronological age and personal experience with deathy and dying, even after statistically controlling for effects of socio-economic variables (education, income, household size). Adults are more likely to object to depositing a living will, if they are below 50 years old, do not eat healthy food, do no sports, have low income, and have not experienced death of a relative or acquaintance during the past year.
Conclusion: Acceptance of living will deposition depends in the pre-clinical phase of life on subjective experience related to medical end-of-life treatment. If people are confronted with death and dying in their social world, they will be more willing to consider their personal preference of end-of-life treatment.
Schlüsselwörter
Verfügung - Selbstbestimmung - Tod und Sterben - Hinterbliebene
Key words
living will - end-of-life decision - death & dying - survivors