Gastroenterologie up2date 2008; 4(1): 2-3
DOI: 10.1055/s-2007-995624
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Endoskopie: Detektion kolorektaler Neoplasien

Ersetzt die CT-Kolonographie die diagnostische Koloskopie?Martin  Wagner
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Publication Date:
11 March 2008 (online)

Kommentar zu:

CT-Kolonographie versus Koloskopie in der Detektion fortgeschrittener Neoplasien

CT Colonography versus Colonoscopy for the detection of advanced neoplasia

Kim DH, Pickhardt PJ, Taylor AJ, Leung WK, Winter TC, Hinshaw JL, Gopal DV, Reichelderfer M, Hsu RH, Pfau PR; Department of Radiology, University of Wisconsin Medical School, Madison 53792-3252, USA.

Background: Advanced neoplasia represents the primary target for colorectal-cancer screening and prevention. We compared the diagnostic yield from parallel computed tomographic colonography (CTC) and optical colonoscopy (OC) screening programs.

Methods: We compared primary CTC screening in 3120 consecutive adults (mean [± SD] age, 57.0 ± 7.2 years) with primary OC screening in 3163 consecutive adults (mean age, 58.1 ± 7.8 years). The main outcome measures included the detection of advanced neoplasia (advanced adenomas and carcinomas) and the total number of harvested polyps. Referral for polypectomy during OC was offered for all CTC-detected polyps of at least 6 mm in size. Patients with one or two small polyps (6 to 9mm) also were offered the option of CTC surveillance. During primary OC, nearly all detected polyps were removed, regardless of size, according to established practice guidelines.

Results: During CTC and OC screening, 123 and 121 advanced neoplasms were found, including 14 and 4 invasive cancers, respectively. The referral rate for OC in the primary CTC screening group was 7.9 % (246 of 3120 patients). Advanced neoplasia was confirmed in 100 of the 3120 patients in the CTC group (3.2 %) and in 107 of the 3163 patients in the OC group (3.4 %), not including 158 patients with 193 unresected CTC-detected polyps of 6 to 9 mm who were undergoing surveillance. The total numbers of polyps removed in the CTC and OC groups were 561 and 2434, respectively. There were seven colonic perforations in the OC group and none in the CTC group.

Conclusions: Primary CTC and OC screening strategies resulted in similar detection rates for advanced neoplasia, although the numbers of polypectomies and complications were considerably smaller in the CTC group. These findings support the use of CTC as a primary screening test before therapeutic OC.

N Eng J Med 2007; 357 : 1403-1412

Ziele. Vorrangiges Ziel der Prävention eines kolorektalen Karzinoms ist die Diagnose asymptomatischer Adenome im Kolon und die endoskopische Resektion dieser Vorläuferläsionen des kolorektalen Karzinoms. Ein weiteres Ziel der Vorsorgeuntersuchung ist die Früherkennung asymptomatischer und damit voraussichtlich kurativ therapierbarer Karzinome.

Fortgeschrittene Neoplasien. In der Karzinomsequenz des Kolonkarzinoms muss jede intraepitheliale Neoplasie als mögliche Vorstufe eines Karzinoms betrachtet werden. Das maligne Potenzial der asymptomatischen Adenome steigt mit der Größe und der histologischen Klassifikation (villöse versus tubuläre Differenzierung und Nachweis einer höhergradigen intraepithelialen Neoplasie) an [1]. Diese Erfahrung führt insbesondere im angloamerikanischen Sprachgebrauch zur Definition einer fortgeschrittenen Neoplasie („advanced colorectal neoplasia”), die als primäre Zielgröße der Vorsorgeuntersuchung gesehen wird [2]. Als fortgeschrittene Neoplasie gilt hierbei jedes Adenom

größer als 10 mm, mit einer villösen Differenzierung und mit dem Nachweis einer höhergradigen intraepithelialen Neoplasie („high grade intraepithelial neoplasia”).

Dieses - sicherlich nicht unumstrittene - Konzept liegt der vorliegenden Studie zugrunde. Die Studie hatte nicht das Ziel, sämtliche Vorläuferläsionen zu identifizieren und ggf. zu therapieren. Vielmehr lag der Fokus auf dem Nachweis der fortgeschrittenen Neoplasien und Karzinome in der optischen Koloskopie im Vergleich zur CT-Kolonographie. Die zentrale Frage war, welche der beiden Untersuchungsmodalitäten unter den o. a. Prämissen die zu bevorzugende Vorsorgeuntersuchung darstellt.

Untersuchungskollektive. Zunächst beeindrucken die Untersuchungszahlen mit über 3000 Patienten für beide Untersuchungsmodalitäten die innerhalb von ca. 2 Jahren in einem Zentrum untersucht wurden. Diese Patienten wurden aber nicht im direkten Vergleich untersucht, vielmehr handelt es sich um unabhängige Kollektive und damit um keinen kontrollierten Vergleich der Methoden. Beide Kollektive rekrutieren aus der gleichen Patientenpopulation, dennoch muss hier die Möglichkeit eines systematischen Bias kritisch hinterfragt werden. Mehrere Punkte geben Anlass zu dieser Sorge. So wurden signifikant mehr Patienten mit positiver Familienanamnese primär koloskopiert (265 versus 159; p < 0,001). Erstaunlich ist auch die annähernd gleiche Patientenzahl für die zwei Modalitäten, bei doch deutlich unterschiedlichem Auswertungszeitraum. Man kann kritisch unterstellen, dass hier gezielt vergleichbar große Gruppen gebildet wurden. Auch fällt auf, dass die gut 3000 Patienten mit der Koloskopie in 17 Monaten, die gut 3000 Patienten mit der CT-Kolonographie in 25 Monaten untersucht wurden. Somit war auch in diesem unbestrittenen Zentrum und Vorreiter der CT-Kolonographie die optische Koloskopie die bevorzugte Vorsorgeuntersuchung im Auswertungszeitraum.

Rekrutierung der Patienten. Ein weiterer Punkt ist die Rekrutierung der Patienten für die Studie. So wurde kein typisches Vorsorgekollektiv untersucht. Vielmehr beinhaltet die Studie 2 % symptomatische Patienten. Umgerechnet sind dies ca. 70 Patienten bei einer diagnostischen Ausbeute von ca. 120 Patienten mit fortgeschrittener Neoplasie in den beiden Gruppen.

Von Seiten der Qualität der Koloskopie stellt sich eine Perforationsrate von 7 Perforationen in 3163 Koloskopien zumindest als auffällig dar.

Fazit. Aus der vorliegenden Studie lassen sich keine veränderten Empfehlungen für die Vorsorge des kolorektalen Karzinoms ableiten. Unumstritten stellt die CT-Kolonographie eine etablierte Methode zur Diagnostik von fortgeschrittenen Neoplasien, insbesondere von Neoplasien mit einer Größe von mehr als 10 mm, dar und ist bei bestimmten Indikationen zweifellos ein hilfreiches diagnostisches Instrument. Die zentrale Frage bleibt aber, ob diese diagnostische Aussage im Vorsorgekollektiv hilfreich ist. Letztlich identifiziert die Methode genau die Patienten, die unstrittig koloskopiert, biopsiert und ggf. therapiert werden müssen. Viel wichtiger ist die Frage, ob die CT-Kolonographie die Patienten identifiziert, die sicher nicht koloskopiert werden müssen. Hierzu wurden in den letzten Jahren zahlreiche Studien publiziert, die in diese Richtung deuten, aber sicherlich noch nicht abschließend gewertet sind. Die vorliegende Studie trägt nur wenig zur Klärung der offenen Fragen bei.

  • 1 Stryker S J, Wolff B G, Culp C E. et al . Natural history of untreated colonic polyps.  Gastroenterology. 1987;  93 1009-1013
  • 2 Winawer S J, Zauber A G. The advanced adenoma as the primary target of screening.  Gastrointest Endosc Clin N Am. 2002;  12 1-9

PD Dr. med. Martin Wagner

Universität Ulm

Zentrum für Innere Medizin, Klinik Innere Medizin I

Robert-Koch-Straße 8

89081 Ulm

Email: martin.wagner@uni-ulm.de