ergoscience 2008; 3(2): 84
DOI: 10.1055/s-2008-1027371
Veranstaltungsberichte

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die ICF als Brücke. Umsetzung der ICF in Feldern der Ergotherapie, Physiotherapie, Sozialarbeit und Pflege

Tagungsbericht von der Veranstaltung vom 22.-23. Februar an der Alice-Salomon-Fachhochschule BerlinH. Becker1
  • 1Georg Thieme Verlag, Stuttgart
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Publication Date:
09 April 2008 (online)

Der gemeinsamen Einladung von ASFH und den Gesellschaften der Alexianer-Brüder, Krankenhaus Hedwigshöhe, waren etwa 150 Praktiker, Studierende, Lehrende und Forschende gefolgt. In Rahmenvorträgen und Workshops gaben die hervorragenden Referenten auch dem bereits mit der ICF vertrauten Teilnehmer neue Einblicke, konkrete Antworten und zukunftsweisende Visionen.

So verdeutlichte z. B. Dr. Michael Schuntermann, Koordinator für die deutschsprachige Fassung der ICF, Struktur und Nutzen der ICF. Mithilfe der ICF

lassen sich im internationalen Maßstab Daten über die Situation von Menschen mit Behinderungen miteinander vergleichen, können Betroffene und Gesundheitsdienste sich miteinander, auch über Grenzen der verschiedenen Berufgruppen hinaus, verständigen, kann der Reha-Bedarf festgestellt werden, lassen sich Interventionen planen und Maßnahmen evaluieren, können Barrieren abgebaut und Förderfaktoren einbezogen werden.

Immer wieder auftauchende Missverständnisse klärte Schuntermann ebenfalls in seinem Vortrag. So ist die ICF weder Diagnoseinstrument noch Assessment, dazu müssen weiterhin vorhandene Instrumente genutzt werden.

Prof. Dr. Johann Behrens von der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg betonte die Bedeutung der internen Evidenz, d. h. den Wirksamkeitsnachweis einer Maßnahme in der Lebenswelt des Betroffenen. Diese kann nur durch dessen subjektive Bewertung festgestellt werden und muss die externe Evidenz - z. B. in Form von Daten quantitativer Studien - ergänzen. Ziele beziehen sich dabei auf die angestrebte Teilhabe in einem für den Betroffenen bedeutsamen Lebensbereich.

Christine Boldt, Pflegewissenschaftlerin und Epidemiologin aus der Schweiz, zeigte, wie die ICF zukünftig auf verschiedenen Ebenen in das Gesundheitswesen Einzug halten wird:

in die Praxis z. B. durch interdisziplinäre Dokumentation in der Sprache der ICF. Unter Einbeziehung der Betroffenenperspektive wird sie die berufsspezifische Dokumentation ergänzen - dazu sind besonders die Core Sets gedacht, in die Lehre durch Aufnahme in die Curricula der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Berufsgruppen an Fachschulen, Fachhochschulen und Universitäten, in die Forschung, z. B. durch Verknüpfung und Entwicklung von Messinstrumenten mit der ICF, Patientenedukation auf ICF-Basis, Klassifizierung personbezogener Faktoren, Präzisierung der Umweltanforderungen, Vergleich des Konzepts gesundheitsbezogener Lebensqualität mit dem bio-psycho-sozialen Modell.

Für die Ergotherapie ergeben sich folgende Konsequenzen:

Die ICF muss in Praxis, Lehre und Forschung integriert werden; in ca. fünf Jahren wird auch die Codierung der ICF verbindlich sein. Therapieziele sollten bereits jetzt in einem Arbeitsbündnis mit dem Klienten auf Aktivitäts- und Partizipationsebene vereinbart werden (siehe auch S. 47). Auch in der Frührehabilitation sollten diese bereits erfasst und vorbereitet werden. Die Evaluation von Rehabilitationsmaßnahmen muss die Performanz in der Lebenswelt einschließen. Ergotherapeuten sollten ihren Beitrag leisten z. B. bei der Entwicklung von Core Sets und in Forschungsarbeiten, die sich mit geeigneten Assessments beschäftigen.

Weitere Informationen:

www.asfh.berlin.de/index.php?id = 48&action = einzel&tid = 94
www.dimdi.de/static/de/klassi/icf/index.htm
www.icf-casestudies.org
www.icf-research-branch.org/research/researchprojects.htm

Heidrun Becker

Berlin

Email: Heidrun.Becker@thieme.de

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