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DOI: 10.1055/s-2008-1038174
Die Neuerungen in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) zur Bekämpfung der Gefährdung des Straßenverkehrs durch Schlafapnoe und sonstige chronische Schlafstörungen[1]
The Revision of the Regulations Concerning Driving Licences (FeV) to Combat the Dangers of Sleep Apnoea and Insomnia in Road TrafficPublication History
Publication Date:
05 May 2008 (online)
Zusammenfassung
Tagesschläfrigkeit ist ein Risikofaktor für das gesellschaftliche Leben und den Straßenverkehr. Der Deutsche Gesetzgeber hat auf die alarmierend hohe Anzahl von Verkehrsunfällen, hervorgerufen durch Ermüdungen und Einschlafen, reagiert und am 15. Juni 2007 die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) in Bezug auf Schlafstörungen ergänzt. § 11 der deutschen Fahrerlaubnisverordnung setzte schon zuvor voraus, dass der Fahrerlaubnisinhaber die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Ziff. 11.2 enthält nunmehr Regelungen zur Eignung und bedingten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen für Menschen mit chronischen Schlafstörungen. Nicht behandelte Personen mit Schlafstörungen sollen nach dem neuen Gesetzwortlaut der Ziff. 11.2.1 künftig nicht mehr tauglich zum Führen von Fahrzeugen sein, wenn eine messbare auffällige Tagesschläfrigkeit vorliegt. Nur Betroffene mit behandelten Schlafstörungen sollen bedingt fahrtauglich bleiben, unter der Voraussetzung, dass keine messbar auffällige Tagesschläfrigkeit mehr vorliegt. Als Auflagen fordert der Gesetzgeber bei chronischen Schlafstörungen auch nach einer Behandlung regelmäßige Kontrollen von Tagesschläfrigkeit. Inhaber besonderer Führerscheinklassen, wie Lkw-, Bus- und Taxifahrer, werden regelmäßigen Screening-Untersuchungen unterzogen und vom Arzt auf das Vorliegen typischer Symptome von Schlafkrankheiten befragt.
Abstract
Daytime sleepiness is a risk factor in community life and road traffic. The German legislator has reacted to the alarmingly high number of traffic accidents caused by exhaustion and tiredness, and added directives in matters of insomnia and sleep disturbance into the regulations concerning driving licences (FeV). Paragraph 11 implies that the holder of a driving licence has met the necessary physical and mental requirements. The requirements are not fulfilled when a disease or defect according to annex 4 or 5 of the regulation concerning driving licence exists. Number 11.2 of annex 4 contains regulations about the aptitude to conduct automobiles with regard to people suffering from chronic insomnia. Following the text of the directive, unaccompanied people with insomnia no longer have the authorisation to conduct automobiles when they suffer of a measurably pronounced somnolence during the daytime. Only people with treated insomnia remain suitable to conduct automobiles under the restriction that no measurably pronounced somnolence exists. As a condition for the aptitude to obtain and keep a driving licence the person has to undergo continuous checks of his/her disease. People with special driving licence classes according to annex 5, i. e. for heavy goods vehicles, buses and taxis, are regularly screened and have to by examined by a doctor if they have typical symptoms of insomnia.
1 Der Beitrag beruht auf dem Vortrag des Verf. bei der Tagung der Vorsitzenden der im VdK-Fachverband Schlafapnoe/Chronische Schlafstörungen zusammengeschlossenen Selbsthilfegruppen am 27. 10. 2007 in Kassel, vgl. auch I. Fromm, Änderungen der FeV zulasten von Schlafapnoe-Kranken, Das Schlafmagazin 4/07, S. 22-25 [1].
Literatur
- 1 Fromm I. Änderungen der FeV zulasten von Schlafapnoe-Kranken. Das Schlafmagazin. 2007; 5 22-25
- 2 Böhning W. Das Schlafapnoe-Syndrom – Ein wenig beachtetes Unfallrisiko – Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit als Unfallursache. NZV. 1997; 12 142
- 3 Hentschel P. Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 38. Aufl. München: Beck Juristischer Verlag 2005
- 4 Gehrmann L. Bedenken gegen die Kraftfahrereignung und Eignungszweifel in ihren grundrechtlichen Schranken. NZV. 2003; 16 10
- 5 Fromm I. Straf- und bußgeldrechtliche Risiken des Schlafapnoekranken im Straßenverkehr. Schlafapnoe Aktuell. 2007; 25 31-34
1 Der Beitrag beruht auf dem Vortrag des Verf. bei der Tagung der Vorsitzenden der im VdK-Fachverband Schlafapnoe/Chronische Schlafstörungen zusammengeschlossenen Selbsthilfegruppen am 27. 10. 2007 in Kassel, vgl. auch I. Fromm, Änderungen der FeV zulasten von Schlafapnoe-Kranken, Das Schlafmagazin 4/07, S. 22-25 [1].
3 Zit. bei „Der Spiegel” vom 10. März 2007 („Müdigkeit am Steuer”).
5 In § 11 (Eignung) FeV heißt es: „(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. (2) Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. (3) Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, so dass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. (4) Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden.”
6 In § 46 (Entziehung, Beschränkung, Auflagen) FeV heißt es: „(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. (2) Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.”
9 § 22 II FeV lautet: „(1) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen und er bereits im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. (2) Sie hat dazu auf seine Kosten eine Auskunft aus dem Verkehrszentralregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister einzuholen. (3) Sie kann außerdem auf seine Kosten – in der Regel über das Kraftfahrt-Bundesamt – eine Auskunft aus den entsprechenden ausländischen Registern einholen und verlangen, dass der Bewerber die Erteilung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Fahrerlaubnisbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes beantragt. (4) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers begründen, verfährt die Fahrerlaubnisbehörde nach den §§ 11 bis 14.”
10 Vorbem. 3 der Anlage 4 der FeV. Hier heißt es: „Die nachstehend vorgenommenen Bewertungen gelten für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich. Ergeben sich im Einzelfall in dieser Hinsicht Zweifel, kann eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein.”
11 OVG Lüneburg, NVwZ 1997, 407; VGH München BayVBl. 1997, 373; OVG Greifswald NVwZ-RR 1999, 591; OVG Bremen NJW 2000, 2438; VG Braunschweig NZV 2000, 101.
12 § 21 I (Fahren ohne Fahrerlaubnis) StVG lautet: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder 2. als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.”
Dr. jur. Ingo Erasmus Fromm
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, c/o Kanzlei Dr. Caspers & Mock
Rudolf-Virchow-Str. 11
56073 Koblenz
Email: fromm@caspers-mock.de