Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68(8): 783-784
DOI: 10.1055/s-2008-1038894
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zukunftsaspekte unseres Faches – 57. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

Future Aspects of our Discipline – 57th Congress of the German Society for Gynaecology and ObstetricsM. Kaufmann1
  • 1Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
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Publication Date:
29 August 2008 (online)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Abb. 1 Prof. Dr. med. Dr. h. c. Manfred Kaufmann.

Mitte September findet in Hamburg der 57. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe statt. Das diesjährige Leitthema „Durch Gemeinsames Gestalten Gewinnen“ fordert uns auf, die Veränderungen und wachsenden Anforderungen an das Gesundheitssystem und auch an unser Fachgebiet als Chance anzunehmen. Die Herausforderungen der Zukunft sind vielfältig: von der Ausbildung des Nachwuchses, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zunehmenden ökonomischen Engpässen, veränderten organisatorischen Rahmenbedingungen bis hin zu heute noch nicht absehbaren Faktoren, wird es zahlreiche zu bearbeitende Themenkomplexe geben. Bei der Bewältigung dieser Fragestellungen sind nicht nur die Ärzte und Krankenhäuser gefordert, auch Patienten und insbesondere die Krankenkassen als Kostenträger müssen sich fragen lassen, welchen Anteil sie zur Lösung der anstehenden Probleme beitragen können. In seinem Artikel „Fortschritte in der Brustkrebsmedizin – Defizite in der Organisation?“ in dieser Ausgabe beleuchtet W. Jakobs als Vertreter der AOK die Struktur der Versorgung von Frauen mit einer Brustkrebserkrankung im deutschen Gesundheitssystem. Aus Sicht der Ärzte und anderer medizinischer Leistungserbringer ist hierbei besonders hervorzuheben, dass der Autor dabei auch die Rolle der Krankenkassen (selbstkritisch) beleuchtet. Nur durch gemeinsames Handeln werden sich die Herausforderungen der Zukunft befriedigend lösen lassen.

„Wissen teilen – Chancen nutzen“ hatte ich als Präsident des 28. Deutschen Krebskongresses in Berlin dieses Jahr gewählt. Unser Fach hat sich hier in herausragender Weise v. a. durch die Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologie (AGO) dargestellt. Die Parallelen zeigen die Bedeutung des gemeinsamen aktiven Gestaltens auf.

Das Leitthema „Durch Gemeinsames Gestalten Gewinnen“ lässt sich auch auf unsere Zeitschrift „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ übertragen. Als Editor des wissenschaftlichen Organs der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe wurde mir deutlich, dass sich die Probleme im Gesundheitssystem auch auf die wissenschaftliche Arbeit in unserem Fachgebiet auswirken. Die Anzahl der eingereichten Arbeiten und nicht zuletzt auch die Dauer bei der Bearbeitung im Review-Verfahren spiegelt die Belastungen der sowohl in Forschung und Lehre als auch in der Krankenversorgung tätigen Kollegen wider. Neben Motivation zur wissenschaftlichen Arbeit sind meines Erachtens mangelnde zeitliche Ressourcen durch zunehmende organisatorische und Dokumentationsaufgaben entscheidend. Der Wissenschaftspreis der Zeitschrift Geburtshilfe und Frauenheilkunde, der alle zwei Jahre anlässlich des Kongresses der DGGG vergeben wird, soll dazu genutzt werden, die wissenschaftliche Arbeit unseres Faches zu fördern. Wichtiger wird aber sein, die Rahmenbedingungen in unseren Kliniken so zu gestalten, dass die Freiräume für das wissenschaftliche Arbeiten erhalten bzw. ausgebaut werden. Auch hier ist gemeinsames Handeln notwendig.

Die enorme Vielfältigkeit unseres Faches Frauenheilkunde erfordert ein Umdenken und Neuentwicklungen. Nicht nur für unsere Niedergelassenen, sondern v. a. für die Krankenhäuser dürfte sich der demografische Wandel der Gesellschaft als große Herausforderung erweisen. Prognosen zufolge (Stat. Amt des Bundes und der Länder 2008) werden in Deutschland von 2005 – 2030 die erwarteten Krankenhausfälle im Bereich der Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett um 22,4 % abnehmen, und z. B. insgesamt Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs um 34,2 bzw. 20,9 % zunehmen.

Eine Aufteilung oder gar Zersplitterung unseres Gesamtfaches halte ich für falsch. Dennoch müssen einzelne Gebiete wie Brust-Zentren weiter qualitätsgesichert fortgeführt werden. Zertifizierungen dürfen aber nicht als zentrale Aufgabe für alle Bereiche des Faches wahrgenommen werden, sondern sollten auf die Kernthemen, bei denen die interdisziplinäre Zusammenarbeit entscheidend ist, beschränkt bleiben. Eine gute Aus- und Weiterbildung muss hier Qualität sichern.

Dem Kongress wünsche ich einen erfolgreichen Verlauf mit hoffentlich vielen anregenden Diskussionen und Visionen, verbunden mit wegweisenden Entscheidungen.

Ihr
Manfred Kaufmann

Prof. Dr. Dr. M. Kaufmann

Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt

Email: m.kaufmann@em.uni-frankfurt.de