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DOI: 10.1055/s-2008-1044412
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Pilze "erobern" die Intensivstation - Hochwirksame Antimykose bei invasiven Candidainfektionen
Publication History
Publication Date:
18 February 2008 (online)
- Günstiges pharmakologisches Profil - ein großer Vorteil für die Intensivmedizin
- Das Therapieportfolio ist gut gefüllt
- Ein Paradigmenwechsel bahnt sich an
- Literatur
"Hit hard and hit early", so brachte Prof. Dr. Eckard Müller, Bochum, die Therapie invasiver Candidainfektionen auf den Punkt. Schon bei dem klinischen Verdacht auf eine invasive Candidainfektion ist eine antimykotische Therapie angezeigt. "Dabei geht es um Stunden, nicht um Tage", betonte Dr. Rainer Höhl, "wir dürfen keine Zeit verlieren!".
Müller unterstrich dies mit einem eindrucksvollen Beispiel: Denn überlebten 81% der Patienten mit einer Candidose und septischem Schock, wenn die antimykotische Therapie innerhalb von zwei Stunden eingeleitet wurde, waren nur noch 42% der Patienten am Leben, wenn sie in einem Zeitraum von zwei bis zwölf Stunden nach Auftreten der Symptome behandelt wurden. Verzögerte sich die Therapie noch weiter, betrug die Mortalitätsrate 93,5% [2]. Insgesamt überlebten in dieser Studie nur 17% der Patienten, so Müller, da nur wenige wirklich früh antimykotisch behandelt worden waren.
Anscheinend haben Intensivmediziner also Pilzinfektionen noch nicht genug im Blick, obwohl der Anteil der letal verlaufenden nosokomialen Infektionen auf Intensivstationen, die durch fakultativ pathogene Pilze hervorgerufen werden, seit einiger Zeit erheblich zunimmt, berichtete Müller - und dies bei einem steigenden Risikoprofil der Patienten (Vielfachkolonisation, Diabetes mellitus, solide Tumoren, Viszeralchirurgie, zentraler Venenkatheter seit mehr als drei Tagen, Antibiotikavorbehandlung, invasive Beatmung), was auch ein Grund für die noch immer steigenden Mortalitätsraten sein könnte. Candidämien stehen inzwischen an vierter Stelle der nosokomialen Infektionen und gehen bei einer inadäquaten Behandlung mit einer Letalität von über 50% einher.
#Günstiges pharmakologisches Profil - ein großer Vorteil für die Intensivmedizin
Das günstige pharmakologische Profil von Anidulafungin prädestiniert die Substanz für den Einsatz bei Intensivpatienten. Denn die Substanz hat nur ein geringes Interaktionspotenzial, da sie nicht metabolisch, sondern rein chemisch degradiert wird - ein Vorteil bei (Intensiv-)Patienten, die eine multiple Medikation mit dann meist unübersichtlichen Interaktionen erhalten. Ein Grund für dieses günstige Profil von Anidulafungin ist seine von der Leber- und Nierenfunktion unabhängige Pharmakokinetik, sodass auch bei Leber- oder Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung erforderlich ist. Außerdem erleichtert die lange Halbwertszeit der Substanz - mit 24 Stunden übrigens die längste aller Echinocandine - ihren praktischen Einsatz. |
Das Therapieportfolio ist gut gefüllt
Mittel der Wahl zur Therapie ist seit einigen Jahren Fluconazol, berichtete Prof. Oliver A. Cornely, Köln, das aufgrund seiner besseren Verträglichkeit den früheren Therapiestandard in dieser Indikation, das deutlich stärker nephrotoxisch wirkende Amphotericin B abgelöst hat - bei allerdings gleicher Effektivität. Auch Voriconazol ist eine viel versprechende Substanz, die sich als ähnlich effektiv erwiesen hat wie ein Regime aus Amphotericin B, gefolgt von Fluconazol [1].
Andere wirksame und auch relativ gut verträgliche Antimykotika stammen aus der Substanzgruppe der Echinocandine, erklärte Cornely. Caspofungin beispielsweise war im Studienvergleich bei der Therapie invasiver Candidainfektionen einer Behandlung mit Amphotericin B überlegen [3] und war darüber hinaus besser verträglich. Allerdings gebe es keine Daten im direkten Vergleich mit dem Standard Fluconazol, betonte Cornely, - "und daran müsste sich auch Caspofungin messen lassen".
#Ein Paradigmenwechsel bahnt sich an
"Wir haben eine Vielzahl therapeutischer Optionen zur Behandlung invasiver Candidämien", meinte Cornely. Keine davon konnte bislang jedoch das Fluconazol als "Therapiestandard" verdrängen. Mit der Zulassung von Anidulafungin (Ecalta®) bahnt sich jedoch nach Ansicht Cornelys ein echter Paradigmenwechsel an [4].
Denn bei der Behandlung neutropenischer Patienten mit invasiver Candidiasis zeigte Anidulafungin eine signifikant bessere Wirksamkeit als Fluconazol, sowohl zum Ende der intravenösen Therapie nach im Mittel 13 Tagen (75,6 versus 60,2%), wie auch zum Ende der Behandlung (74,0 versus 56,8%) und zwei bzw. sechs Wochen danach (64,6 versus 49,2% bzw. 55,9 versus 44,1%). Besonders deutlich war der Unterschied zwischen den beiden Studienarmen bei Infektionen mit C. albicans mit einer klinischen Erfolgsrate von 81 versus 52%. Auch bezüglich der mikrobiologischen Eradikationsrate erwies sich das neue Antimykotikum dem bisherigen Standard fast durchweg überlegen, es gab nur eine Ausnahme: Bei Infektionen mit C. parapsilosis, dem bekannten Schwachpunkt von Anidulafungin, schnitt Fluconazol erwartungsgemäß besser ab.
Diese klinischen und mikrobiologischen Erfolgsraten scheinen sich auch im Überleben der Patienten abzuzeichnen. Denn waren nach 60 Tagen noch 77% der Patienten aus dem Anidulafungin-Studienarm am Leben, waren dies im Vergleichskollektiv "nur" noch 69%, ein interessanter, wenn auch nicht signifikanter Unterschied (p = 0,10) zwischen beiden Therapieoptionen.
Signifikante Unterschiede in Bezug auf die Verträglichkeit waren in der sogenannten Reboli-Studie nicht zu sehen. Die Zahl der unerwünschten Ereignisse, die sich möglicherweise auf die Studienmedikation zurückführen lassen, war unter Anidulafungin eher etwas geringer als unter Fluconazol (24,4 versus 26,4%). In der Fluconazolgruppe traten jedoch häufiger erhöhte Leberwerte auf (7,2 versus 1,5%), betonte Cornely, und es kam deutlich öfter zu einem vorzeitigen Studienabbruch (21,6 versus 11,5%).
sts
Quelle: Launch-Symposium und Pressegespräch "Anidulafungin (Ecalta®) - Eine neue Option in der Therapie invasiver Candidosen" veranstaltet von der Pfizer Deutschland GmbH, Karlsruhe
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