Klin Monbl Augenheilkd 1983; 183(11): 427-428
DOI: 10.1055/s-2008-1054973
© 1983 F. Enke Verlag Stuttgart

Gibt es eine “Lichtschwachsichtigkeit” als Analogon der Lärmschwerhörigkeit?

Is there a “Light Amblyopia” Analogous the Noise Deafness?F. Trichtel
  • Bad Hall
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Publication Date:
11 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Das durch die Pupille in das Auge gelangende Licht und der durch den Gehörgang auf das Trommelfell eintreffende Schall bewirken nach ihrer optischen Konzentration durch die Linse und die mechanische Verstärkung durch die Gehörknöchelkette eine katabole Stoffwechselverschiebung in den jeweiligen Sinneszellen. Sowohl der in den Rezeptoren stattfindende Wandlerprozeß, bei dem ein physikalischer Reiz in Erregung umgewandelt wird, als auch der auf den katabolen Prozeß folgende anabole Stoffwechselvorgang erfordern chemische Energie. Diese wird normalerweise, innerhalb einer individuell unterschiedlichen Leistungsbreite, durch den Blutkreislauf in ausreichendem Maße zugeführt. Bei Streß treten am Auge wie am Ohr Umstände ein, die die Leistungsfähigkeit der Organe erhöhen, den lokalen Stoffwechsel in den Sinneszellen aber stark belasten. Bleiben solche Belastungen über längere Zeiträume bestehen, so entwickeln sich früher oder später schwere Schädigungen, die am Ohr kausalgenetisch richtig bewertet, am Auge aber bislang mißgedeutet werden. Es wurden die wichtigsten für das Auge fakultativ pathogenen psychophysiologischen Parameter der Streßreaktion in einem Licht-Maladaptationssyndrom genannten Symptomenkomplex zusammengefaßt. Für ähnliche Zustände am Ohr wird der Terminus Lärm-Maladaptationssyndrom vorgeschlagen. Lärm und Streß können demnach bevorzugt zu einer Lärmschwerhörigkeit führen. Eine durch Licht und Streß hervorgerufene akute bis chronische Lichtschwachsichtigkeit beinhaltet u. a. die Retinopathia centralis serosa, die Achsenmyopie und verschiedene Formen der zentralen und peripheren Netzhautdegeneration.

Eine “Schall- bzw. Lichtdiät” sind die wichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung einer Progredienz bereits bestehender Leiden. Sowohl lichtstarke vergrößernde Sehbehelfe als auch tonverstärkende Hörgeräte können aus den aufgezeigten Gründen zusätzliche irreparable Schädigungen setzen.

Summary

Excessive exposure of the eye to light and of the ear to noise can lead to acute and chronic damage of the respective sensory cells. In otology such conditions are known as “noise deafness”. However, such chronic damage to the retina is so far unknown in ophthalmology. Affections of this kind, which doubtless occur in the eye, may be referred to collectively as “light amblyopia”. The psychophysiological parameters of the stress reaction and a simultaneously increased light stress create conditions in which retinopathia centralis serosa, axial myopia and different kinds of central and peripheral degeneration of the retina are more likely to occur.