Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2008; 5(1): 31-37
DOI: 10.1055/s-2008-1077172
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Brustbildgebung - Minimalinvasive Biopsien mammografisch suspekter Läsionen: Indikationen und Durchführung

S. Weigel, T. Decker, W. Heindel
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Publication Date:
07 May 2008 (online)

 

Stellenwert der minimalinvasiven Biopsie

Stellenwert der Histologie. Die histologische Befundsicherung ist bei Brustläsionen der BI-RADS-Klassifikation 4 ("verdächtig") oder 5 ("hochverdächtig") (Tab. 1) indiziert. Die Rate zu erwartender Malignome reicht allerdings von ≥ 2% für BI-RADS 4 bis > 95% für BI-RADS 5. Diese Spannweite impliziert einen großen Anteil zu erwartender benigner Läsionen. Biopsien dienen demzufolge nicht nur der Sicherung von Karzinomen, sondern müssen auch die definitive Diagnose der nicht seltenen benignen Läsionen erlauben, die mit malignomverdächtigen Befunden in der Bildgebung auffallen.

Minimalinvasive Biopsie. Um dies zu erreichen, ist heute die minimalinvasive Biopsie (MIB) die Methode der Wahl. Sonografisch gestützt oder röntgenkontrolliert können mit den verschiedenen Methoden der MIB die allermeisten Befunde erreicht und repräsentativ biopsiert werden. Mit Falsch-Negativ-Raten von 0,3- 1,2% [1], [2] und Falsch-Positiv-Raten von 0,4% [3] stellt sie heute den Goldstandard für die histologische Abklärung dar.

Die Diagnose kann minimalinvasiv ambulant unter Lokalanästhesie kostengünstiger als bei der offenen diagnostischen Exzision erreicht werden. In der Regel entsteht keine diagnostisch relevante Narbenbildung, die die weitere Früherkennung oder eine später notwendig werdende Diagnostik einschränkt. Im Falle eines Malignomnachweises liegen zusätzlich zur bildgebenden Einschätzung von Tumorlage und -größe der histologische Typ und das Grading vor. Beim duktalen Carcinoma in situ ist eine Aussage zu ggf. vorhandenen Mikroverkalkungen möglich. Damit können sowohl ein möglichst einzeitiger therapeutischer, operativer Eingriff als auch das axilläre Staging (Sentinel-Node-Biopsie oder axilläre Dissektion) exakter geplant werden. Darüber hinaus ist die MIB unerlässliche Voraussetzung für die Indikationsstellung einer neoadjuvanten Therapie.

Operative diagnostische Entnahme. Im Vergleich zur MIB ist die operative diagnostische Entnahme (DE) in Vollnarkose kostenintensiver und belastet die Patientin physisch und psychisch stärker, ohne eine höhere Sensitivität und Spezifität zu erreichen. Sie führt darüber hinaus zu Defekten mit Narbenbildung. Neben möglichen kosmetischen Beeinträchtigungen kommt es in der bildgebenden Diagnostik in unterschiedlicher Ausprägung zu Verdichtungen, Asymmetrien, Architekturstörungen und dystrophen Verkalkungen. In der mammografischen und sonografischen Folgediagnostik können falsch positive oder falsch negative Befunde resultieren. Bei einer hohen Rate benigner Befunde dient die Operation ausschließlich der Diagnosestellung. Die Größe einer DE richtet sich nach der Größe des auffälligen Befundes und entspricht nicht onkologischen Kriterien (4,5). Deshalb sind im Falle eines Malignomnachweises in der Regel weitere therapeutische Operationen erforderlich. Die offene, operative DE sollte deshalb auf die Fälle beschränkt werden, in denen eine interventionelle, minimalinvasive Abklärung nicht möglich erscheint oder die Läsion eine primär offene Biopsie erfordert (z. B. komplette Entfernung eines Papilloms).

Um dies zu erreichen, fordern Leitlinien für offene Biopsien ein Verhältnis von benignen zu malignen Befunden von mindestens ≤ 1 : 1, angestrebt werden sollte ein Verhältnis von ≤ 0,5 : 1 (4,5,6). Der Einsatz der MIB senkt die Rate diagnostischer Operationen.

Läsionsbezogene Biopsiemethoden sowie eine qualifizierte radiologisch-pathologische Korrelation sind erforderlich, um den Erfordernissen der MIB gerecht zu werden.

Literatur

  • 01 Acheson MB . Patton RG . Howisey RL . et al . Three-to six-year followup for 379 benign image-guided large-core needle biopsies of nonpalpable breast abnormalities.  J Am Coll Surg. 2002;  195 462-466
  • 02 Jackman RJ . Noweis KW . Rodriguez-Soto J . et al . Stereotactic, automated, large-core needle biopsy of nonpalpable breast lesions: false-negative and histologic underestimation rates after long-term follow-up.  Radiology. 1999;  210 799-805
  • 03 White RR . Halperin TJ . Olson JA . et al . Impact of core-needle breast biopsy on the surgical management of mammographic abnormalities.  Ann Surg. 2001;  233 769-770