Aktuelle Dermatologie 2008; 34(6): 240-242
DOI: 10.1055/s-2008-1077425
Kasuistik

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Trichoadenom Nikolowski

Kasuistik eines seltenen Adnextumors in untypischer Lokalisation[*] Trichoadenoma of NikolowskiCase of a Rare Adnexal Neoplasm in an Atypical LocationB.  Weidenthaler-Barth1 , C.  Rose2
  • 1Institut für Dermatohistologie, Heidelberg
  • 2Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Further Information

Dr. med. Christian Rose

Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck

Email: christian.rose@uk-sh.de

Publication History

Publication Date:
07 July 2008 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Das Trichoadenom Nikolowski ist ein seltener, gutartiger follikulärer Adnextumor, der genau vor 50 Jahren erstmalig beschrieben wurde. Meist treten die Tumore solitär im Gesicht auf. Wir berichten über einen 78-jährigen Patienten, der sich wegen eines Basalioms an der Nase vorstellte und bei dem als Nebenbefund zwischen den Schulterblättern ein symptomloser 2 cm großer Knoten bestand. Klinisch wurde an ein Fibrom, Lipom oder Neurofibrom gedacht. Histologisch zeigte sich das typische Bild eines Trichoadenoms. Die Kasuistik verdeutlicht einmal mehr, dass sich hinter klinisch unspektakulären Läsionen seltene Adnextumoren verbergen können, sodass eine histologische Untersuchung auch solcher Veränderungen stets angestrebt werden sollte.

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Abstract

Trichoadenoma of Nikolowski is a rare benign follicular tumor which was described for the first time 50 years ago. The solitary tumor occurs mostly on the face. We report on a 78-year-old man who presented himself with a basal cell carcinoma on his nose. Additionally he had an asymptomatic nodule 2 cm in diameter between his shoulder blades. Clinically, a fibroma, lipoma or neurofibroma was suspected. Histological examination revealed the typical features of a trichoadenoma. This case demonstrates that rare adnexal tumors can be concealed behind a clinically inconspicuous lesion. A histopathological examination is always recommended.

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Einleitung

Das Trichoadenom ist ein seltener, gutartiger Adnextumor des Haarfollikels, der erstmals 1958 von Nikolowski als „organoides Follikel-Hamartom” beschrieben wurde [1]. Über den Tumor wurde meist in Kasuistiken oder kleinen Fallserien berichtet [2] [3] [4]. Vorwiegend sind Erwachsene jeden Alters ohne Geschlechtsprävalenz betroffen. Meist tritt der Tumor solitär im Gesicht auf. Seltener sind das Gesäß, der Rumpf und die Extremitäten betroffen.

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Fallbericht

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Anamnese

Ein 78-jähriger Patient stellte sich mit einer indurierten Plaque an der Nase vor. Histologisch wurde ein infiltrierend wachsendes Basaliom gesichert und anschließend histografisch kontrolliert exzidiert. Als Nebenbefund bestand seit Jahren am Rücken ein Tumor. Klinisch wurde an ein Fibroma pendulans, ein älteres umkapseltes Lipom und ein Neurofibrom gedacht.

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Lokalbefund

Zwischen den Schulterblättern fand sich ein symptomloser 2 cm großer, hautfarbener pendulierender derber Knoten ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Polypöser Tumor zwischen den Schulterblättern.

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Therapie

Der Tumor wurde im Gesunden exzidiert und die Wunde primär verschlossen.

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Histologie

Die histologische Untersuchung zeigte im Korium unter einer intakten, regulär differenzierten Epidermis einen scharf begrenzten epithelialen Tumor aus vielen kleinen infundibulären Zysten, die durch ein mehrschichtiges Plattenepithel ausgekleidet wurden. Im Lumen sah man geschichtetes lamelläres Keratin. Von den Zysten ausgehend beobachtete man kleine basaloide Epithelknospen und kurze Epithelstränge. Begleitend fand sich ein zellarmes fibröses Stroma. Haarschäfte und Haarpapillen fehlten. Ganz fokal zeigte sich eine granulomatöse Entzündungsreaktion in der Umgebung rupturierter Zysten. Aufgrund des typischen histologischen Bildes wurde die Diagnose eines Trichoadenoms gestellt.

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Diskussion

Das seltene Trichoadenom ist vornehmlich im Gesicht lokalisiert. Dies erklärt sich wahrscheinlich aufgrund der hohen Anzahl der hier vorgefundenen Haarfollikel. Seltener sind andere Körperstellen wie das Gesäß, der Hals, die Oberarme oder, wie im vorgestellten Fall, der Rücken betroffen. Klinisch besteht meist ein symptomloser, bis 15 mm großer, solitärer Knoten, der aufgrund des uncharakteristischen klinischen Bildes als Basaliom, Dermatofibrom oder Zyste verkannt wird. In unserem vorgestellten Fall war an ein verkalktes Fibrom, Lipom und Neurofibrom gedacht worden. Das Trichoadenom ist stets gutartig. Weder ein Übergang in einen malignen Tumor noch eine Assoziation mit einem Malignom wurde beobachtet.

Nach der deutschsprachigen Erstbeschreibung anhand einer Kasuistik vor nun 50 Jahren durch Nikolowski dauerte es weitere 19 Jahre, bis 1977 in einer zweiten Publikation die Eigenständigkeit des Tumors herausgestellt wurde [1] [4]. Die Autoren Rahbari, Mehregan und Pinkus beschrieben hier 8 weitere Trichoadenome, die sie in 250 000 Exzidaten fanden. Durch den Titel dieser Arbeit „Trichoadenom of Nikolowski”, die in einem renommierten internationalen Journal publiziert wurde, hat sich das Eponym etabliert. Der Tumor wird seitdem in den meisten Standardlehrbüchern für Dermatologie und Dermatohistologie besprochen. Somit ist es überraschend, dass der Tumor in der neuen WHO-Klassifikation der Tumore der Haut aus dem Jahre 2007 nicht mehr erwähnt wird [5]. In der vorangegangenen WHO-Klassifikation wurde das Trichoadenom noch aufgeführt [6].

Das histologische Bild des Trichoadenoms ist charakteristisch. Es zeigen sich ohne direkten Bezug zur Epidermis multiple, dicht beieinander liegende infundibuläre kleine Zysten, in dessen Lumen sich Hornlamellen finden. Von diesen können kleine Epithelstränge ausgehen ([Abb. 2]). Rudimentäre Haarpapillen werden nicht ausgebildet und das umgebende Stroma ist zellarm. Die letztgenannten Merkmale unterschieden den Tumor vom Trichoepitheliom, obwohl jedoch einzelne Autoren das Trichoadenom als ungewöhnliche und seltene Variante des Trichoepithelioms auffassen [7]. Kürzlich wurde erstmalig die Kombination eines Trichoadenoms mit einem dermalen melanozytären Nävus beschrieben [8]. Die Assoziation eines dermalen melanozytären Nävus mit Trichoepitheliom ist hingegen häufig und wird als Hinweis auf die hamartomatöse Natur der Veränderungen angesehen. Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten kann bei einer oberflächlichen Biopsie ferner die Abgrenzung von einem mikrozystischen Adnexkarzinom bereiten. In epidermisnahen Abschnitten weist auch dieses infundibuläre Zysten auf.

Zusammenfassend unterstreicht der vorgestellte Fall, dass sich hinter einem klinisch unspektakulären Befund ein seltener Adnextumor verbergen kann, sodass eine histologische Untersuchung auch dieser Veränderungen anzustreben ist.

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Abb. 2 Histologie (a) In der Übersichtsvergrößerung zeigt sich im Korium ein scharf begrenzter Tumor aufgebaut aus vielen kleinen Zysten. (b) Ausschnittsvergrößerung der infundibulären Zysten mit Keratin im Lumen.

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Literatur

  • 1 Nikolowski W. „Tricho-Adenom” (Organoides Follikel-Hamartom).  Arch Klin Exp Dermatol. 1958;  207 34-45
  • 2 Ackerman A B, Reddy V B, Soyer H P. Neoplasms with follicular differentiation. New York; Ardor Scribendi 2001
  • 3 Reibold R, Undeutsch W, Fleiner J. Das Trichoadenom (Nikolowski).  Hautarzt. 1998;  49 925-928
  • 4 Rahbari H, Mehregan A, Pinkus H. Trichoadenoma of Nikolowski.  J Cutan Pathol. 1977;  4 90-98
  • 5 LeBoit P E, Burg G, Weedon D, Sarasin A (eds). World Health Organisation classification of tumours. Pathology and genetics of skin tumours. Lyon; IARCPress 2006
  • 6 Heenan P F, Elder D E, Sobin L H (eds). Organization international histological classification of tumours. Classification. Histological typing of skin tumours, 2nd ed Heidelberg; Springer Verlag 1996
  • 7 Hurt M A, Santa Cruz D J. Tumors of the skin.  In: Fletcher CDM (ed). Diagnostic Histopathology of Tumors. 2nd ed. London; Churchill Livingstone 2000: 1357-1472
  • 8 González-Vela M C, Val-Bernal J F, Garcia-Alberdi E, González-López M A, Fernández-Llaca J H. Trichoadenoma associated with an intradermal melanocytic nevus: a combined malformation.  Am J Dermatopathol. 2007;  29 92-95

1 Dieser Beitrag ist Herrn Prof. Dr. Wolfgang Nikolowski zum 90. Geburtstag gewidmet. Wir bedanken uns für seine histologische Mitbeurteilung und Bestätigung der Diagnose.

Dr. med. Christian Rose

Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck

Email: christian.rose@uk-sh.de

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Literatur

  • 1 Nikolowski W. „Tricho-Adenom” (Organoides Follikel-Hamartom).  Arch Klin Exp Dermatol. 1958;  207 34-45
  • 2 Ackerman A B, Reddy V B, Soyer H P. Neoplasms with follicular differentiation. New York; Ardor Scribendi 2001
  • 3 Reibold R, Undeutsch W, Fleiner J. Das Trichoadenom (Nikolowski).  Hautarzt. 1998;  49 925-928
  • 4 Rahbari H, Mehregan A, Pinkus H. Trichoadenoma of Nikolowski.  J Cutan Pathol. 1977;  4 90-98
  • 5 LeBoit P E, Burg G, Weedon D, Sarasin A (eds). World Health Organisation classification of tumours. Pathology and genetics of skin tumours. Lyon; IARCPress 2006
  • 6 Heenan P F, Elder D E, Sobin L H (eds). Organization international histological classification of tumours. Classification. Histological typing of skin tumours, 2nd ed Heidelberg; Springer Verlag 1996
  • 7 Hurt M A, Santa Cruz D J. Tumors of the skin.  In: Fletcher CDM (ed). Diagnostic Histopathology of Tumors. 2nd ed. London; Churchill Livingstone 2000: 1357-1472
  • 8 González-Vela M C, Val-Bernal J F, Garcia-Alberdi E, González-López M A, Fernández-Llaca J H. Trichoadenoma associated with an intradermal melanocytic nevus: a combined malformation.  Am J Dermatopathol. 2007;  29 92-95

1 Dieser Beitrag ist Herrn Prof. Dr. Wolfgang Nikolowski zum 90. Geburtstag gewidmet. Wir bedanken uns für seine histologische Mitbeurteilung und Bestätigung der Diagnose.

Dr. med. Christian Rose

Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck

Email: christian.rose@uk-sh.de

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Abb. 1 Polypöser Tumor zwischen den Schulterblättern.

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Abb. 2 Histologie (a) In der Übersichtsvergrößerung zeigt sich im Korium ein scharf begrenzter Tumor aufgebaut aus vielen kleinen Zysten. (b) Ausschnittsvergrößerung der infundibulären Zysten mit Keratin im Lumen.