Gehen, Schwimmen oder Klavierspielen - damit eine Bewegung koordiniert gesteuert ablaufen kann, müssen motorische "Befehle" und sensorische "Eindrücke" innerhalb der Nervenbahnen streng getrennt erfolgen. Die koordinierte Bewegung erfordert eine präzise Verschaltung von Motoneuronen und sensorischen Neuronen zu einem funktionsfähigen Schaltkreis. Wie wichtig dieses ausgeklügelte Zusammenspiel ist, zeigt sich, wenn eine Verletzung die Nervenbahnen vermischt. Die Folgen sind chronische Schmerzen, und auch die Fähigkeit sich zu bewegen ist stark eingeschränkt. Eine Göttinger Forschungsgruppe hat nun herausgefunden, wie es zu der getrennten Ausbildung von motorischen und sensorischen Nervenfasern kommt.
Gegensätze stoßen sich ab
Motorische und sensorische Fasern wachsen während der Embryonalentwicklung zunächst gemeinsam aus. Die Trennung in sensorische und motorische Fasertypen beruht auf einer gegenseitigen Abstoßung (Abb. [1]). Vermittelt wird diese durch das Zusammenspiel zweier Proteine, die jeweils auf der Oberfläche der motorischen bzw. sensorischen Fasern liegen. Das Protein Ephrin-A auf den sensorischen Fasern funktioniert dabei als Abstoßungssignal und wirkt wiederum direkt auf spezifische EphA-Rezeptoren der motorischen Fasern.
Abb. 1 Gegenseitige Abstoßung von motorischen (grün) und sensorischen Fasern (rot) im Mausembryo (links) und in der Kulturschale (rechts) Quelle: ENI Göttingen
Das gezielte Entfernen der EphA-Rezeptoren führte zu einer Art Kurzschluss im Nervenschaltkreis: Motoneuronen wuchsen nicht wie normalerweise zur Muskulatur. Stattdessen wuchsen sie in die sensorischen Bahnen und sendeten ihre Nervenimpulse somit an die falsche Stelle. Die aktive gegenseitige Abstoßung von motorischen und sensorischen Nervenfasern während ihres Wachstums zur Muskulatur ist also von essenzieller Bedeutung für den Aufbau der Nervenschaltkreise.
Die neuen Kenntnisse aus der Grundlagenforschung über die Signalmechanismen zwischen motorischen und sensorischen Nervenfasern könnten für die Entwicklung von Therapien bei Verletzungen von Nervenbahnen von Bedeutung sein.
Quelle: Presseinformation vom 11. April 2008 der Universitätsmedizin Göttingen
