psychoneuro 2008; 34(4): 183
DOI: 10.1055/s-2008-1079276
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Depression - Das Ansprechen auf Antidepressiva ist genetisch vorgegeben

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Publication Date:
13 May 2008 (online)

 
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Warum Menschen mit Depressionen auf das gleiche Medikament unterschiedlich ansprechen wird derzeit am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München intensiv untersucht.

Eine Voraussetzung für die klinische Wirksamkeit von Psychopharmaka ist ihr Transport aus der Blutbahn in das Gehirn. Spezielle Transportmoleküle erlauben den kontrollierten Zutritt bzw. den aktiven Rücktransport von Substanzen, um physiologisch wirksame Konzentrationen im Gehirn zu gewährleisten.

Prof. Florian Holsboer und Mitarbeitern gelang nun der Nachweis, dass der Transport verschiedener Antidepressiva in das Gehirn genetisch programmiert ist. Das ABCB-1-Gen kodiert für ein solches Transportmolekül, dem P-Glykoprotein, welches den aktiven Rücktransport von Substanzen aus der zerebralen Flüssigkeit ins Blut leistet. Im Maus-Modell konnte nun erstmalig nachwiesen werden, dass das P-Glykoprotein bestimmte Antidepressiva (Citalopram, Paroxetin, Venlafaxin, Amitriptylin) transportiert, andere wiederum nicht.

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Ist der Therapieerfolg vorhersehbar?

Die Forscher untersuchten an 443 Patienten mit Depression, ob sich der Therapieerfolg als Folge einer bestimmten genetischen Variante des P-Glykoproteins vorhersagen lässt. Menschen mit einer bestimmten Genvariante hatten eine 2,5-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit nach einer vier- bis sechswöchigen Behandlung mit Antidepressiva vom P-Glykoprotein-Substrattyp wieder gesund zu sein.

Holsboer führt dazu aus: "Viele in der Medikamentenentwicklung stehenden Wirksubstanzen könnten die notwendigen hohen Wirkprofile und geringere Nebenwirkungen zeigen, wenn sie ausschließlich an Patienten getestet würden, die aufgrund ihres Genprofils auf diese Substanzen positiv reagieren können." Die spezifische Genvariante des ABCB-1-Gens eines Patienten ermöglicht die Vorhersage, ob er gut auf ein bestimmtes Medikament ansprechen wird oder nicht.

Der neue Einblick in die Zusammenhänge von individuellem Genotyp und antidepressiver Wirkung legt die künftige Anwendung von Gentests nahe, um eine möglicherweise nebenwirkungsbelastende, kostenintensive und unwirksame Therapie zu vermeiden. Diese Entdeckung ist ein weiterer Schritt in Richtung der personalisierten Depressionstherapie, bei der das individuelle biologische Profil bei der Therapieentscheidung helfen kann.

Quelle: Pressemitteilung des Max-Planck-Insituts für Psychiatrie, München vom 23. Januar 2008; Originalpublikation: Uhr M, Tontsch A, Namendorf C et al. Polymorphisms in the drug transporter gene ABCB1 predict antidepressant treatment response in depression. Neuron 2008, advanced online-publication of January 24th, 2008