Der Klinikarzt 2008; 37(5): 262
DOI: 10.1055/s-2008-1081046
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hohe Ansprechraten bei invasiver Aspergillose im klinischen Alltag - Caspofungin hält, was es in klinischen Studien verspricht

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Publikationsdatum:
13. Juni 2008 (online)

 
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Wie gut sich Caspofungin (Cancidas®) im klinischen Alltag bei der Therapie invasiver Aspergillosen bewährt, das hat jetzt die CAN-DO(IA)-Studiengruppe mithilfe ihrer prospektiven Beobachtungsstudie [1] dokumentiert: Mehr als die Hälfte der Patienten, die alle einem Hochrisikokollektiv zuzuordnen waren, sprachen auf die Salvage- oder Ersttherapie mit dem Echinocandin an. Bislang ist in Deutschland Caspofungin als Erstlinientherapie invasiver Aspergillosen allerdings noch nicht zugelassen.

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Der klinische Alltag ist gut abgebildet

Insgesamt hatte die Studiengruppe die Daten von 101 Patienten aus elf Ländern ausgewertet, die zwischen April 2006 und September 2007 wegen einer nachgewiesenen (30 %) oder wahrscheinlichen (70 %) Aspergillose - vorwiegend in der Lunge lokalisiert - mit Caspofungin behandelt worden waren. Die meisten dieser Patienten, nämlich 79, hatten ein Malignom, 23 hatten sich einer allogenen Stammzelltransplantation unterziehen müssen. Andere vorliegende Grunderkrankungen waren Organtransplantationen (8 Patienten), eine autologe Stammzelltransplantation (5 Patienten) oder HIV (3 Patienten). 57 % der Patienten waren zu Beginn der Therapie noch neutropenisch.

Caspofungin wurde in 20 Fällen als Ersttherapie und bei 83 Patienten als Salvagetherapie verabreicht, vor allem wenn die Vorbehandlung mit Amphotericin B, Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol oder liposomalem Amphotericin nicht erfolgreich gewesen war. In den meisten Fällen wurde das Echinocandin als Monotherapie eingesetzt (83 %) und in der Standarddosierung verabreicht. Dabei haben die Patienten die Behandlung in der Regel gut vertragen, zu ernsten klinischen Nebenwirkungen kam es nur in drei Fällen, wobei zwei Patienten die Therapie abbrachen.

Mit einer Gesamtansprechrate von 56 % schneidet Caspofungin in dieser Beobachtungsstudie mindestens ebenso gut ab, wie in prospektiven klinischen Studien (Ansprechraten: 38-56 %) - und das in einem fast unselektierten Patientenkollektiv (einziges Ausschlusskriterium: Alter unter 16 Jahren). In den Subgruppenanalysen waren die Ansprechraten übrigens durchweg ähnlich hoch:

  • nichtneutropenische Patienten: 61,9%

  • Patienten mit Neutropenie: 52,5%

  • Patienten mit Krebserkrankung: 51,9%

  • nach Organtransplantation: 75 %

  • nach autologer Stammzelltransplantation: 40%

  • nach allogener Stammzelltransplantation: 56%.

Erfreulich ist auch die mit 73% relativ hohe Gesamtüberlebensrate am Ende der Therapie, gerade wenn man bedenkt, dass invasive Aspergillosen beispielsweise bei Knochenmarktransplantierten und dissemenierter Infektion Letalitätsraten von bis zu 90 % nach sich ziehen. Generell kann man von einer Mortalitätsrate aufgrund der invasiven Aspergillose von gut 60 % ausgehen.

sts

Quelle: Satellitensymposium "Successful strategies to manage invasive fungal infections: targeting the right patients with early appropriate therapy", veranstaltet von der MSD Sharp & Dohme GmbH, Haar, und Poster topic 28 "Antifungal treatment and prophylaxis" im Rahmen des 18th European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID)

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Erklärungsbedürftig - das klinische Ansprechen in der EORTC-65041-Studie

Auf den ersten Blick scheint die Ansprechrate von "nur" 33 % (komplettes Ansprechen 2 %, partielles Ansprechen 31 %) und zusätzlichen 15 % an Patienten, deren Erkrankung immerhin stabil blieb, in der EORTC-65041-Studie doch einigermaßen enttäuschend - gerade im Vergleich zu dem Ergebnis dieser aktuellen Beobachtungsstudie. In der EORTC-Studie erhielten Patienten mit invasiver Aspergillose auf dem Boden einer hämatologischen Krebserkrankung oder nach einer autologen Stammzelltransplantation Caspofungin als Erstlinientherapie.

Einschlusskriterien haben großen Einfluss auf das Ergebnis

"Die relativ niedrigen Ansprechraten lassen sich jedoch erklären", meinte Prof. Johan Maertens, Leuven (Belgien). Dazu müsse man sich nur die Einschlusskriterien dieser Phase-II-Studie genauer ansehen. Denn verglichen mit anderen klinischen Studien hatten viele der Studienteilnehmer ein hohes Risiko.

Zum einen waren die Patienten mit einem Durchschnittalter von im Mittel 60 Jahren bereits relativ alt, deutlich mehr Patienten als in anderen Studien wiesen eine unkontrollierte maligne Erkrankung auf, und vergleichsweise viele waren zu Beginn der Studie neutropenisch. All dies sind Risikofaktoren, die mit dem Ansprechen auf eine antimykotische Behandlung oder der Mortalität der Patienten assoziiert sind, betonte Maertens. So war beispielsweise die antimykotische Therapie bei nur 29 % der Patienten erfolgreich, wenn diese zu Studienbeginn neutropenisch waren. War dies nicht der Fall, lag die Ansprechrate am Studienende bei 56 %.

"Daher müssen wir solche Patientencharakteristika in zukünftigen Studien unbedingt berücksichtigen", forderte Maertens.

Karnofsky-Index oder Halo-Zeichen sind ebenfalls prognostisch relevant

Prognostische Relevanz haben darüber hinaus auch der Karnofsky-Score (je höher desto besser), der Galaktomannan-Index oder radiologische Zeichen. So scheinen Patienten die ein sogenanntes "Halo-Zeichen" aufweisen, eher auf eine antimykotische Therapie anzusprechen. "Aber Vorsicht", warnte Maertens, "ein spezifisches Zeichen für eine invasive Aspergillose ist dies nicht." Auch bei einer pulmonaren Toxoplasmose oder einer lymphoproliferativen Errankung infolge einer Transplantation zeigen sich solche Phänomene.

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Literatur

  • 01 Martens J, Egerer G, Shin W et al. Caspofungin use in daily clinical practice for treatment of invasive Aspergillosis: results of a prospective observational registry. ECCMID 2008; poster 1017. 
  • 02 Viscoli C, Herbrecht R, Akan H et al. A multicenter, open, phase II study to estimate the acitivity and safety of caspofungin in the first-line therapy of probable and proven invasive aspergillosis in patients with hematological malignancies or recipients of autologous HSCT - EORTC 65041. 

01 European Organisation for Research and Treatment of Cancer

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Literatur

  • 01 Martens J, Egerer G, Shin W et al. Caspofungin use in daily clinical practice for treatment of invasive Aspergillosis: results of a prospective observational registry. ECCMID 2008; poster 1017. 
  • 02 Viscoli C, Herbrecht R, Akan H et al. A multicenter, open, phase II study to estimate the acitivity and safety of caspofungin in the first-line therapy of probable and proven invasive aspergillosis in patients with hematological malignancies or recipients of autologous HSCT - EORTC 65041. 

01 European Organisation for Research and Treatment of Cancer

 
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