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DOI: 10.1055/a-1476-8896
Let’s Talk about Sex Work! Aktuelle Perspektiven und interdisziplinäre Ansätze zu Sexarbeit und Prostitution
Tagungsbericht zum 6. Interdisziplinären Workshop „Kritische Sexarbeitsforschung“ vom 20. bis 22. November 2020Vom 20. bis 22. November 2020 lud die Gesellschaft für Sexarbeits- und Prostitutionsforschung (GSPF) zum 6. Interdisziplinären Workshop „Kritische Sexarbeitsforschung“ ein, der erstmalig online stattfand. Die jährlichen Workshops verfolgen das Ziel, Nachwuchswissenschaftler:innen verschiedener Statusgruppen (Bachelor- und Masterstudierende, Promovierende), die sich wissenschaftlich mit Sexarbeit und Prostitution beschäftigen, miteinander in Austausch zu bringen.
Den Auftakt des Workshops bildete die öffentliche Veranstaltung zum Thema „Digitalisierung und Sexarbeit“. Zunächst gaben Angela Jones (Farmingdale State College, State University of New York) und MF Akynos (Black Sex Workers Collective) den über 100 Teilnehmenden Einblicke in den durch die Digitalisierung veränderten Arbeitsalltag von Sexarbeitenden und verdeutlichten die Chancen und Herausforderungen von Digitalisierungsprozessen in der Sexarbeit. Bei der Podiumsdiskussion griffen Fabienne Freymadl (Whoroscope Podcast), Gero Nagel (Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen) und Linda Apsel (Fachberatungsstelle Leila) die Potenziale von Digitalisierungsprozessen auf und illustrierten diese durch ihre persönlichen Arbeitserfahrungen. Die Befunde lassen den Schluss zu, dass die Digitalisierung von Sexarbeit zwar das Emanzipationspotenzial einzelner Sexarbeiter:innen fördert, aber dass hierdurch soziale Ungleichheiten verstärkt werden.
Während der folgenden beiden Workshoptage präsentierten Forschende theoretische, methodische, methodologische sowie inhaltliche Aspekte ihrer Arbeiten. Entsprechend der interdisziplinären Ausrichtung des Workshops waren die internationalen Beiträge thematisch vielfältig. Im Workshop behandelten die Referierenden sowohl kultur- und sozialwissenschaftliche Themen, wie bspw. Untersuchungen zu Arbeits- und Lebenswelten sowie Gesundheits- und Stigmatisierungserfahrungen von weiblichen und transgender Sexarbeitenden in Hamburg und Berlin (Manuel Bolz (Universität Hamburg), Christine Körner (Humboldt-Universität zu Berlin), Tunay Altay (Humboldt-Universität zu Berlin)) als auch Analysen der sozialpädagogischen und polizeilichen Arbeit im Kontext von Sexarbeit (Eliana Dreyfus (University of Edingburgh), Mina Luisa Khanbaba-Tehrani (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig), Jannis Muser (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)). Neben einer Diskursanalyse zur Sexarbeit im Kontext der COVID-19-Pandemie (Franziska Kleintges (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)) stellten Forschende auch historische Analysen vor, z. B. zur kommerziellen Sexualität in der Wiener Nachkriegszeit, zur deutschen abolitionistischen Bewegung zwischen 1899 und 1933 sowie zu white slavery als ein transnationales Problem (Nora Lehner (Universität Wien), Elise Hanrahan (Freie Universität Berlin), Ruth Ennis (Universität Leipzig)). Ebenso wurden praktische Fragestellungen diskutiert, wie bspw. die Sicherstellung von selbstbestimmter Sexarbeit aus kommunaler Verwaltungsperspektive oder die Konzipierung einer Museumsausstellung über Sexarbeit (Lea Rutishauser (Kanton Basel-Stadt), Marcella Lagalante (DASA, Dortmund)).
Aufgrund der Vielfalt der Beiträge bot der Workshop nicht nur eine Plattform zur internationalen Vernetzung, sondern sowohl für die Referierenden als auch für die Teilnehmenden viele kritische Denkanstöße. Dabei traten immer wieder disziplinäre Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten auf, die eine Reflexion bspw. in Bezug auf die Forschungspraxis mit marginalisierten Gruppen sowie die Forschung in einer polarisierenden und polarisierten Debatte, aber auch hinsichtlich der eigenen Positionierungen als Forschende anregten.
Der nächste interdisziplinäre Workshop der GSPF findet im Herbst 2021 statt: www.gspf.info.
Publication History
Article published online:
09 June 2021
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