CNE Pflegemanagement 2022; 09(02): 14-15
DOI: 10.1055/a-1775-2821
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Herausforderung Adhärenz bei der oralen Behandlung der CLL

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Orale Therapien wie beispielsweise BTKi stellen eine fortschrittliche Therapie der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) dar. Die orale Tumortherapie besticht durch eine einfache Applikation mit dem Vorteil, dass Patient:innen für die Gabe des Medikaments nicht in die Praxis kommen müssen, wie das beispielsweise bei intravenösen Therapien der Fall ist. Gleichzeitig kommt den Patient:innen auch eine größere Verantwortung zu, da das Einhalten des vorgeschriebenen Therapieregimes essenziell für den Therapieerfolg ist – zumal die Behandlung über Jahre durchgeführt werden muss. Um eine gute und dauerhafte Krankheitskontrolle zu gewährleisten, ist es sehr wichtig, den Patient:innen ihren eigenen Beitrag zum Therapieerfolg deutlich zu machen. Dieser Bedarf kann von Ärzt:innen aufgrund von Zeitmangel oft nicht ausreichend abgedeckt werden. Häufig können medizinische Fachangestellte hier aber einen wertvollen Beitrag leisten.

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(© Chinnapong/stock.adobe.com)

Im Gegensatz zur parenteralen Applikation sind Patient:innen bei einer oralen Therapie selbst dafür verantwortlich, die richtige Dosis einzunehmen, Dosierungsintervalle einzuhalten sowie Einnahmehinweise zu berücksichtigen. Dabei eventuell auftretende Nebenwirkungen (NW) sollten sie möglichst selbst erkennen und einschätzen können ([Tab. 1]). Häufig werden Nebenwirkungen durch die Patient:innen anders eingeordnet als durch ihre Ärzt:innen – insbesondere, wenn sie die Lebensqualität stark einschränken. In einer Studie wurde gezeigt, dass Patient:innen mit CLL einen signifikanten Verlust an Wirksamkeit (hier PFS) in Kauf nehmen würden, wenn es dafür seltener zu schweren unerwünschten Ereignissen kommt [1]. Neben unzureichender Kommunikation, die das Risiko für Nichtadhärenz nach Ergebnissen einer Metaanalyse um 19% steigen lässt [2], ist mangelndes Therapieverständnis oder das Auftreten von NW ursächlich für abnehmende Therapietreue. Deshalb ist eine umfassende Aufklärung sowie ein vertrauensvolles Patient:innen-Ärzt:innen-Verhältnis entscheidend und für die Adhärenz von großer Bedeutung. Damit Patient:innen möglichst lange von der Therapie profitieren, ist die Aufklärung über NW notwendig. Denn so können die Patient:innen verstehen, dass auch solche Nebenwirkungen, die kaum Symptome zeigen, problematisch sein können. Im Rahmen einer individuellen Betreuung sollten deshalb NW regelmäßig gemeinsam mit den Patient:innen bewertet und gemanagt werden.

Tab. 1

Nebenwirkungen.

Nebenwirkungen

Häufigkeit

Weitere Nebenwirkungen sind der jeweiligen Patienteninformation/Fachinformation zu entnehmen.
sehr häufig (≥1/10); häufig (> 1/100, <1/10)
Quelle: Fachinformationen der aktuell zugelassenen BTKi-Präparate (Stand Januar 2021; November 2021)

Kopfschmerzen

sehr häufig

Beschwerden des Magen-Darm-Trakts

sehr häufig

Muskel- oder Gelenkschmerzen

sehr häufig

Hautausschlag

sehr häufig

Infektionen der oberen Atemnwege

sehr häufig

Erschöpfung (Fatigue)

sehr häufig

Übelkeit und Erbrechen

sehr häufig

Schwindel

sehr häufig

Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis)

sehr häufig

verringerte Anzahl von Blutzellen

häufig bis sehr häufig

Infektion der Harnwege

häufig

Halsschmerzen und Schnupfen (Nasopharyngitis)

häufig

Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern/-flattern

häufig

Bei CLL-Patient:innen ergibt sich eine weitere Besonderheit aus dem meist hohen Erkrankungsalter: sie weisen zum Diagnosezeitpunkt häufig bereits schon weitere Begleiterkrankungen auf, die eine entsprechende Komedikation notwendig machen. Polymedikation ist jedoch mit einem höheren NW-Risiko assoziiert.

Um die Adhärenz dauerhaft aufrechtzuerhalten, gibt es weitere Herausforderungen: zum einen werden Kontrolluntersuchungen mit der Zeit reduziert, sodass der Facharzt den motivierenden Einfluss verliert. Zum anderen tritt häufig nach 1–2 Jahren eine Therapiemüdigkeit auf bzw. die Patient:innen wünschen sich eine Therapiepause – auch das kann aus dem fehlenden Bewusstsein resultieren, dass eine Behandlung mit BTKi eine Dauertherapie darstellt [3], [4].

Die Konsequenz mangelnder Adhärenz kann ein geringerer Therapieerfolg sein, der mit negativen Outcomes wie etwa einer geringeren Lebensqualität, häufigeren Arztbesuchen und Krankenhauseinweisungen sowie Rezidiven verbunden sein kann.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
28. März 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

 
  • Literatur

  • 1 Mansfield C, Masaquel A, Sutphin J. et al. Patients‘ priorities in selecting chronic lymphocytic leukemia treatments. Blood Adv 2017; 1 (24) 2176-2185
  • 2 Zolnierek KBH, DiMatteo MR. et al. Physician communication and patient adherence to treatment: A meta-analysis. Med Care 2009; 47 (08) 826-834
  • 3 Bender CM, Gentry AL, Brufsky AM. et al. Influence of patient and treatment factors on adherence to adjuvant endocrine therapy in breast cancer. Oncol Nurs Forum 2014; 41 (03) 274-285
  • 4 Partridge AH, Wang PS, Winer EP. et al. Nonadherence to adjuvant tamoxifen therapy in women with primary breast cancer. J Clin Oncol 2003; 21 (04) 602-606
  • 5 Stanton AL. Determinants of adherence to medical regimens by hypertensive patients. J Behav Med 1987; 10 (04) 377-394
  • 6 Krikorian S, Pories S, Tataronis S. et al. Adherence to oral chemotherapy: Challenges and opportunities. J Oncol Pharm Pract 2019; 25 (07) 1590-1598
  • 7 Efficace F, Breccia M, Cottone F. et al. Psychological well-being and social support in chronic myeloid leukemia patients receiving lifelong targeted therapies. Support Care Cancer 2016; 24 (12) 4887-4894