Aktuelle Urol 2022; 53(04): 306
DOI: 10.1055/a-1783-1558
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Kryptorchismus: Malignomrisiko bei älteren Jungen und jungen Männern

Rezensent(en):
Barbara Ludwikowski
1   Kinderchirurgie und Kinderurologie, Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT, Hannover, Germany
› Institutsangaben

In dieser retrospektiven Studie fand sich eine Prävalenz einer Malignität (Seminom) von 12,5% (2/16 Patienten) bei postpubertären Patienten (16 und 26 Jahre) mit intraabdomieller Hodenlage und in 0% (0/55 Patienten), wenn dieser in der Leiste lag. Es handelt sich hier um eine sehr selektierte Kohorte, da die Auswertung der pathologischen Befunde bei DSD, nicht ausreichendem Untersuchungsgewebe, fehlenden OP Berichten/klinischen Daten oder deszendiertem Hoden ausgeschlossen wurden. Ob es sich um einen primären Hodenhochstand oder einer sekundären Ascension handelt, ist bei der retrospektiven Untersuchung nicht zu erheben. Ein Manko der Studie ist, das es keine Langzeitbeobachtung der belassenen und orchidopexierten Leistenhoden gibt.

Aufgrund der Ergebnisse folgt die Schlussfolgerung der Autoren, dass alle intraabdominellen Hoden biopsiert werden sollen und dies bei Jungen ohne zusätzlichem Syndrom bei Leistenhoden oder hohem Skrotalhoden nicht notwendig ist. In der aktuellen deutschen Leitlinie wird bei allen postpubertären Jungen mit Hodenhochstand, unabhängig von der Hodenlage, eine Biopsie empfohlen [1]. Die Daten dieser Studie stellt damit diese Empfehlung infrage. Die Selbstuntersuchung der Hoden im Langzeitverlauf ist aber bei unterlassener Biopsie besonders wichtig, da bei Erwachsenen bei Inguinalhoden in 7% eine intratubuläre Germ Cell Neoplasie (ITGCN) nachgewiesen wurde [2]. Diese Daten untermauern das erhöhte Risiko der Malignität bei intraabdomineller Hodenlage und kann im präoperativen Gespräch in der Entscheidungsfindung zur Orchiektomie hilfreich sein. Eine Biopsie ist unbedingt bei intraabdomineller Lage durchzuführen, kann aber möglicherweise einen Tumor nicht erfassen. Ob besser eine Orchiektomie oder Verlagerung des Hodens (zumindest in die Leiste, wo eine Kontrolle möglich ist), bei postpubertären Jungen durchgeführt werden sollte, ist weiterhin komplex. Bei Erwachsenen wird das Risiko der Malignität bei intraabdominellen Hoden mit 25% angegeben [2].



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. August 2022

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