Aktuelle Urol 2022; 53(05): 390-391
DOI: 10.1055/a-1860-7330
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Kosmetik nach offener, laparoskopischer und Roboter-assistierter Pyeloplastik

Contributor(s):
Jenny Lassmann
1   Klinik für Urologie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin, Deutschland
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Die offene Pyeloplastik (OP) wird häufig bei Neugeborenen und Kleinkindern durchgeführt, während bei älteren Kindern und Jugendlichen die laparoskopische Pyeloplastik (LP), und an Zentren mit entsprechender Expertise und Ressourcen, die roboter-assistierte laparoskopische Pyeloplastik (RALP) angeboten wird. In der Vergangenheit konnte gezeigt werden, dass die Erfolgs- und Komplikationsraten der LP und RALP mit denen der offenen Operation vergleichbar sind [1] [2]. Neben weiteren Faktoren, wie einer schnelleren postoperativen Mobilisation oder einem geringeren postoperativen Schmerzmittelbedarf, wurde v.a. der besseren Kosmetik nach minimalinvasiven Methoden gegenüber der offenen Operation eine große Bedeutung beigemessen. Jeder operativ tätige Kollege oder Kollegin würde wohl zustimmen, dass insbesondere bei Kindern dem Wundverschluss eine besondere Bedeutung zukommt, um idealerweise kaum Spuren zu hinterlassen und die sichtbare „Körperverletzung“ so klein wie möglich zu halten. Vor diesem Hintergrund haben in den letzten Jahren die Anwendung der Laparoskopie und zuletzt auch roboter-assistierter Methoden bei (immer kleineren Kindern) an Popularität gewonnen [3] [4].

Die vorliegende multizentrische Studie von Ghidini et al. versucht den sekundären Zugewinn nach Anwendung minimalinvasiver Techniken im Vergleich zur offenen Operation, in dem Fall die Selbsteinschätzung der Kosmetik, evidenzbasiert auszuwerten. Im Rahmen des Studiendesigns haben Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren ihre chirurgischen Narben nach OP, LP oder RALP mittels eines validierten Fragebogens beurteilt. Das mediane Follow-up lag bei 5,2 (2,3–7,8) Jahren nach Operation. Dem technischen Fortschritt der Operationsmethoden geschuldet, wies die Patientengruppen der minimalinvasiven Techniken (LP und RALP) eine kürzere Nachbeobachtungszeit auf, als die der Studienpopulation nach offener Pyeloplastik.

Erwartungsgemäß war die Länge der Narben nach offener Pyeloplastik am ausgeprägtesten. Bemerkenswert ist, dass 80% der Kinder und Jugendlichen die Kosmetik der Narben gut bewerteten, unabhängig von der Operationsmethode. Lediglich im Subscore „Aussehen“ (appearance) waren die Punktwerte/Ergebnisse nach LP signifikant besser, während nach RALP und OP kein statistisch nachweisbarer Unterschied nachweisbar war. Die Hälfte der Patienten nach offener Operation gab Narbenbeschwerden i.S. von Juckreiz, Taubheit oder Überempfindlichkeit an, während diese Beschwerden nur bei 30% nach LP oder RALP auftraten, der Gesamtscore wurde davon aber nicht beeinflusst.

Was lässt sich nun daraus für unsere Praxis ableiten? Interessanterweise konnte bei Kindern und Jugendlichen in der Altersgruppe von 10 bis 18 Jahren keine höhere Zufriedenheit bezüglich der Kosmetik in der Selbstbeurteilung der Narben nach Anwendung minimalinvasiver Verfahren nachgewiesen werden. Zu ähnlichen Ergebnissen kam die Arbeitsgruppe um Baskin 2018 [5]. In dieser Studie wurden 82 Kinder nach größeren kinderurologischen, rekonstruktiven Eingriffen, unter Anwendung sowohl offener als auch minimalinvasiver Verfahren, mehrere Jahre nach der Operation evaluiert. Unabhängig von der Lokalisation oder Narbenlänge waren die Kinder und Familien mit dem Aussehen der Narben sehr zufrieden.

Die Studienergebnisse legen nahe, dass der Fokus auf die funktionellen Ergebnisse der operativen Therapie weiterhin im Vordergrund stehen sollte. Offen-operativ tätige Chirurgen und Chirurginnen können Familien dahingehend beraten, dass das Langzeitergebnis der Kosmetik für Patienten sehr zufriedenstellend sein wird, unabhängig von der Operationsmethode. Im Umkehrschluss lässt sich anhand dieser Studie nicht schlussfolgern, dass die Anwendung minimalinvasiver Methoden keine Vorteile gegenüber der offenen Pyeloplastik hätte. Die Selbstbeurteilung der Narben bzw. die Kosmetik scheint allerdings nicht geeignet, den Vorteil der minimalinvasiven Methoden nachzuweisen.



Publication History

Article published online:
02 September 2022

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