Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Integrative Medizin im Sinne eines bestmöglichen individuellen Therapiekonzepts aus sowohl konventioneller Medizin als auch Komplementärmedizin ist zwar zweifelsfrei auf dem Vormarsch, in den meisten medizinischen Fachgebieten ist es aber noch ein weiter Weg.

Die Integrative Onkologie nimmt dabei eine absolute Vorreiterrolle ein. Es sind zwar noch längst nicht alle onkologisch tätigen Kolleginnen und Kollegen von einer komplementären Tumortherapie überzeugt oder darin gar bewandert, allerdings gibt es in Deutschland immer mehr Zentren für Integrative Onkologie, gerade auch auf universitärer Ebene. 2021 wurde die bereits umfassend vorhandene Studienlage in der S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patient*innen zusammengefasst. Gleichzeitig ist der Bedarf nach einer Ergänzung der schulmedizinischen Therapieoptionen in der Onkologie trotz aller Erfolge der konventionellen Medizin in diesem Bereich nachvollziehbar. Die Anzahl der Langzeitüberlebenden einer aktiven Krebserkrankung nimmt stetig zu, hierbei handelt es sich um chronisch kranke Patienten mit Symptomen der Grunderkrankung und/oder Nebenwirkungen der erforderlichen konventionellen Therapien. Auch kurativ behandelte Tumorpatienten leiden häufig an den Langzeitfolgen der durchgemachten Erkrankung bzw. der erforderlichen Therapien, beispielhaft seien das tumorassoziierte Fatigue-Syndrom und die medikamententoxische Polyneuropathie erwähnt. Hier kann die Komplementärmedizin die Lebensqualität verbessern, Symptome lindern, Therapieadhärenz verbessern und sich durchaus auch positiv auf die Langzeitprognose der Erkrankung auswirken.

In dieser Ausgabe der Erfahrungsheilkunde stellen wir Ihnen das stationäre komplementärmedizinische Behandlungskonzept bei Tumorerkrankungen des Krankenhauses für Naturheilweisen in München vor, sowie das Konzept Mind-Body-Medizin im Rahmen einer onkologischen Tagesklinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde der Sozialstiftung Bamberg unter der Leitung von Jost Langhorst. Claudia Vollbracht, die am Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universitätsmedizin Rostock promovierte, berichtet über die aktuelle Studienlage zu Vitamin-C-Infusionen in der Onkologie. György Irmey informiert in seinem Beitrag über komplementärmedizinische Beratungsangebote der Gesellschaft für biologische Krebsabwehr. Uwe Friedrich beschreibt die Möglichkeiten einer homöopathischen Begleitung von Tumorpatienten in unterschiedlichen Erkrankungsphasen. Um eine Integration komplementärer Behandlungsmethoden und neuer Behandlungsformen wie PAMP-Therapie und Checkpoint-Inhibitoren geht es in dem Beitrag von Moses Schorr-Tschudnowski. Abgerundet wird diese Ausgabe der Erfahrungsheilkunde von einer Abhandlung von Ulrike Keim, Hartmut Schröder und Florian Mildenberger über das Vermächtnis des Arztes Martin Gumpert (1897–1955) für die Medizin im 21. Jahrhundert.

Ich wünsche Ihnen eine gleichermaßen interessante wie unterhaltsame Lektüre.

Herzlichst Ihr

Robert Schmidt

Publication History

Article published online:
10 August 2023