Aktuelle Kardiologie 2023; 12(05): 317
DOI: 10.1055/a-2112-4143
Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Marcus Hennersdorf
,
Malte Kelm

das vorliegende Heft der „Aktuellen Kardiologie“ beschäftigt sich mit neuen Inhalten und Strukturen der kardiovaskulären Notfall- und Intensivmedizin. Die Möglichkeiten, in speziellen Teamstrukturen eine hohe Behandlungsqualität zu erzielen, werden vorgestellt und im Kontext der aktuellen Studienlage bewertet.

In dem ersten Beitrag tragen Jabs u. Hink die derzeit gebräuchlichen Score-Systeme zusammen. Für viele Krankheitsbilder existieren solche Scores, die neben der klinischen Erfahrung unerlässlich sind, um Patienten in Schweregrade zu kategorisieren, da diese im Alltag kritische Entscheidungen der Patienten beeinflussen (S. 339).

Die in der Kardiologie am frühesten eingeführte Zentrenbildung betrifft die Chest Pain Unit (CPU). Diese ist in keiner Weise veraltet, sondern eher kontinuierlich an die Entwicklungen angepasst worden, wie der Beitrag von Buerke et al. beschreibt (S. 351). Diese CPU ist von medizinisch-politischer Bedeutung, da sie eine der Voraussetzungen für Notaufnahme-Strukturen gemäß G-BA darstellt. Patienten mit Dyspnoe als Aufnahmegrund in der Notaufnahme haben im Krankenhaus eine zehnfach schlechtere Prognose als solche mit Angina pectoris. Also könnte die Bildung einer Respiratory Care Unit ein weiterer Schritt sein, die Behandlung der Dyspnoe zu verbessern, wie der Artikel von Keymel et al. zeigt (S. 361). Dyspnoe und Thoraxschmerzen können Ausdruck einer Lungenembolie sein, die wiederum gerade durch die Weiterentwicklung der invasiven Möglichkeiten in der Akuttherapie strukturiert werden muss. Die Bildung eines Zentrums wäre sicher zu weit gegriffen, aber die Bildung eines Entscheidungs-Teams (PERT) kann die jeweiligen lokalen Strukturen verbessern, um die hohe Mortalitätsrate zu senken (Sinning et al. [S. 366]). In internistischen Notaufnahmen werden aber auch angiologische Notfälle versorgt. Mit der Weiterentwicklung der invasiven Möglichkeiten bestehen nun zunehmend Möglichkeiten, die in der Hand der/s Erfahrenen eine Erweiterung zu den bislang eher chirurgisch geprägten Behandlungsabläufen darstellt (Busch u. Müller [S. 378]).

Neben den Kliniken müssen auch die Strukturen im ambulanten Sektor der Notfallversorgung bedacht werden. Klingenheben u. Bosch beschreiben die Möglichkeiten der Brustschmerzambulanzen im niedergelassenen Bereich, die gerade durch Biomarker Entscheidungskriterien an der Hand haben, die weitere Behandlung zu strukturieren (S. 384).

Die kardiovaskuläre Intensivmedizin stellt eine wesentliche Schnittstelle zur Notaufnahme dar, die für die schwersterkrankten Patienten vorbereitet sein muss, also z. B. solche, die nach einer Reanimation in das Krankenhaus kommen. Die Schaffung der Cardiac-Arrest-Zentren (CAC) war ein wesentlicher Schritt in der Standardisierung der Behandlung solcher Patienten. Rott et al. beschreiben die Bedeutung solcher Zentren (S. 389). Wenn dann nach einer Reanimation auch noch eine mechanische Kreislaufunterstützung erforderlich wird, sind Strukturen vorzuhalten, die nicht in jeder Klinik gegeben sind. Rottmann et al. gehen auf die gegenwärtigen Möglichkeiten ein und beschreiben die bestehenden kritischen Punkte, die deutlich machen, dass in diesem Bereich weitere randomisierte Studien erforderlich sind (S. 394).

Insgesamt hoffen wir, mit diesem Heft eine Übersicht über die therapeutischen Möglichkeiten der wesentlichen akuten kardiovaskulären Erkrankungen gegeben zu haben. Es ist zu erkennen, dass Erfahrung und Strukturbildung dazu beitragen, zügig und qualitativ hochwertig, modern, aber an die lokalen Strukturen angepasst, behandeln zu können.

Ihre

M. Hennersdorf und M. Kelm



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
13. Oktober 2023

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