Erfahrungsheilkunde 2023; 72(05): 324
DOI: 10.1055/a-2173-5863
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Ute Boeddrich

Dr. med. Karl-Heinz Gebhardt – ein Jahrhundert-Homöopath (18.10.1924–16.08.2023)

Charismatisch, mit treffend formulierten Argumenten aus seinem großen Wissen heraus – so kannten wir unser Ehrenmitglied und ehemaligen EHK-Vorsitzenden Karl-Heinz Gebhardt. Er war ein brillanter Internist, sehr versierter homöopathischer Arzt und profunder Kenner des politischen Systems. 17 Jahre lang war er 1. Vorsitzender des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), dem er sich als Ehrenvorsitzender bis zuletzt tief verbunden fühlte.

30 Jahre leitete Karl-Heinz Gebhardt die Geschicke der Hufeland-Gesellschaft (HG), und viele Jahre durfte ich im HG-Vorstand zusammen mit Herrn Dr. Gernot Baur und Herrn Dr. Ewald Fischer vertrauensvoll mit ihm zusammenarbeiten. Dabei gab es in den 1970er Jahren eine glückliche Verbindung mit dem Ehepaar Carstens. Herr Prof. Karl Carstens war damals Bundespräsident, seine Gattin Dr. Veronica Carstens homöopathische Ärztin, die ebenso wie Herr Dr. Gebhardt einen Brückenschlag zwischen der konventionellen Medizin und der Homöopathie schlagen wollte. Herr Dr. Gebhardt brachte sich nicht nur fachlich, sondern auch gesundheitspolitisch ein. Über den Hartmann-Bund und die Bundesärztekammer (BÄK) lernte er z. B. mehrere Gesundheitsminister persönlich kennen, er diskutierte eloquent und trug stets gut begründete Ideen für eine verbesserte Gesundheitspolitik vor, die heute noch aktuell sind – allein der Bohrer für derart dicke Bretter muss wohl noch konstruiert werden. Die Verbundenheit mit dem Ehepaar Carstens dokumentiert sich auch darin, dass er Gründungsmitglied des Vereins Natur und Medizin (NuM), Förderverein der Karl und Veronica Carstens-Stiftung (KVC), wurde. Auch NuM und KVC begleitete er zeitlebens sehr konstruktiv; noch in diesem Jahr zum 40-jährigen Vereinsbestehen sprach er ein viel beachtetes Grußwort, quasi sein Vermächtnis.

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Dr. med. Karl-Heinz Gebhardt. (Quelle: U. Boeddrich)

10 Jahre hatte er bis 2001 den Vorsitz der EHK inne und arbeitete auch dort eng mit dem Gründer der Medizinischen Woche Dr. Fischer zusammen.

Sein ganzes Leben hat er optimistisch für Homöopathie und Naturheilkunde gekämpft, wobei ihm der dazu notwendige Paradigmenwechsel und die wissenschaftliche Beweisbarkeit der Homöopathie besonders am Herzen lagen. „Die Physik hinkt in der Beweisbarkeit der Homöopathie noch hinterher“, war dabei seine feste Überzeugung. Bis 2022, wo er anlässlich der 55. Medizinischen Woche in Baden-Baden seinen letzten Vortrag hielt, nahm er jedes Jahr regelmäßig und sehr interessiert am größten komplementärmedizinischen europäischen Kongress als Referent, Zuhörer und Mitglied an den Versammlungen teil.

Ein weiteres Herzstück seiner Arbeit war die Gründung des Fördervereins für das Hahnemann-Haus in Köthen. An der letzten Mitgliederversammlung im Juli 2023 nahm er als Ehrenvorsitzender an den Diskussionen wie immer rege teil. Nach Köthen reiste er häufiger mit dem Motorflugzeug, selbst am Steuerknüppel, um nach dem Rechten zu sehen, nachdem er mit 60 Jahren den Flugschein gemacht hatte. Er hat das Fliegen ebenso sehr genossen wie die Gourmetküche in vielen Ländern.

Seine Frau, Dr. med. Christa-Maria Gebhardt, ebenfalls homöopathische Ärztin, mit der er gemeinsam bis März 2018 eine Praxis führte, hielt ihm zu allen derartigen Einsätzen den Rücken frei: Die Teilnahme an den diversen Sitzungen, ob Hartmann-Bund, BÄK, Kommission D, Positiv-Liste oder Vorstandssitzungen, an Politikergesprächen etc. war somit abgesichert. Er war aber auch ein sehr fürsorglicher Ehemann, Vater und Großvater. Sicher eingebettet in seinen tiefen Glauben hat er seine erste Ehefrau bis zum Tod liebevoll gepflegt und auch später den Tod seines Sohnes klaglos angenommen. Immer wieder berichtete er mit Stolz von seinen Enkeln.

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Dr. med. Karl-Heinz Gebhardt bei der Medizinischen Woche 2022. (Quelle: U. Boeddrich)

Sein Motto? „Wer den längeren Atem hat.“ In diesem Sinne werden wir Nachfolgenden sein Werk weiterführen! Seiner Frau Christa und der ganzen Familie wünschen wir viel Kraft für diese schwere Zeit des Abschieds.

Ute Boeddrich



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Article published online:
10 October 2023

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