Dtsch Med Wochenschr 2024; 149(05): 204-205
DOI: 10.1055/a-2229-1055
Aktuell publiziert

Kommentar zu „Hochempfindlicher kardialer Troponin-I-Assay senkt späteres Herzinfarktrisiko“

Contributor(s):
Renate Schnabel

Hochsensitiv gemessene Troponine sind im klinischen Alltag im Notfall-Setting mittlerweile fest etabliert. Der prognostische Vorteil ist jedoch nicht eindeutig nachgewiesen. Die sequenzielle Umstellung auf einen hochsensitiven Assay erfolgte in der High-STEACs-Studie, randomisiert auf Krankenhaus-Ebene in Schottland. Die Ein-Jahres-Daten hatten bereits gezeigt, dass zwar mehr Myokardinfarkte und Myokardschädigungen identifiziert, jedoch kardiale Ereignisse nicht signifikant reduziert werden konnten. Die Vorstellung war, dass eine optimierte Therapie und Sekundärprävention mit einer höheren Rate an dualer Plättchenhemmung und Statintherapie, eventuell über Jahre, einen Überlebensvorteil bringt. Die Ergebnisse fielen für die Gesamtpopulation von knapp 50000 Patient*innen negativ aus. Von den ca. 1/5 an Patient*innen, die durch den hochsensitiven Test zusätzlich identifiziert wurden, hatten nach 5 Jahren im Wesentlichen diejenigen mit einem nicht ischämischen Myokardschaden einen prognostischen Vorteil in Bezug auf Mortalität und Herzinfarkt-Rate.

Eine Befürchtung bei der Einführung der Tests war, dass es mit der Bestimmung hochsensitiver Troponin-Werte zu einer Überdiagnostik und -therapie kommen könnte. Die Krankenhaus-Verweildauer nach Einsatz des hochsensitiven Tests war in der Studie tatsächlich mehr als doppelt so lang für die Patient*innen, die zusätzlich identifiziert wurden. Zudem wurden häufiger invasive Koronar-Angiografien durchgeführt, ohne dass dies zu mehr Revaskularisationen oder einem Überlebensvorteil geführt hätte. Selbst die heutzutage breitere Verfügbarkeit nicht invasiver Bildgebung zum Ischämie-Nachweis würde in diesen Fällen zu einer Überdiagnostik führen. Genauere Angaben zur klinischen Aufarbeitung, finalen Diagnose und Therapie, gerade bei Patient*innen mit Myokardschaden, ohne Typ-1- oder -2-Myokardinfarkt, sind in der Studie nicht erfasst. Diese Subgruppe mit kardialer Erkrankung wäre ohne den Einsatz des hochsensitiven Troponin-Tests in der Notaufnahme offensichtlich nicht in dem Umfang einer weiteren Abklärung und Therapie zugeführt worden. Durch die Identifizierung konnte hier ein prognostischer Vorteil erzielt werden.

Daten zur Effektivität und Sicherheit der mittlerweile üblichen Ein-Stunden-Kontrolle, die aufgrund der Kinetik von hochsensitiven Troponinen möglich wurde und dabei hilft, die Notaufnahmen zu entlasten, können aus dieser Studie – mit zweiter Blutentnahme 6 oder 12 Stunden nach Schmerzbeginn – nicht sicher abgeleitet werden.

Die aktuellen Daten geben Hinweise darauf, dass durch hochsensitive Troponin-Tests nicht unbedingt die Diagnostik und frühzeitige Optimierung der Perfusion bei koronarer Ischämie verbessert werden. Dies ist im Einklang mit anderen Studien und deutet darauf hin, dass die Verbesserung einer frühen Diagnose des Typ-1-Myokardinfarkts durch Erhöhung der Sensitivität der Troponin-Assays nahezu ausgereizt ist. Neue Methoden wie künstliche Intelligenz zur Integration von klinischen, elektrokardiografischen und Biomarker-Daten – über reine Troponin-Grenzwerte hinaus – scheinen hier aussichtsreich, um die Diagnostik, und damit die kurz- und langfristige Prognose, zukünftig zu verbessern.



Publication History

Article published online:
13 February 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany