Intensivmedizin up2date 2024; 20(03): 269-283
DOI: 10.1055/a-2349-4005
Allgemeine Intensivmedizin

IT-Angriffe an Kliniken

Strukturen und Prozesse im Krankenhaus zur Bewältigung eines Cyberangriffs
Ernst Pfenninger
,
Manuel Königsdorfer

Zusammenfassung

Kliniken gehören per definitionem zur kritischen Infrastruktur eines Landes. Vermehrt sind in den vergangenen Jahren Krankenhäuser Ziel von Hackerangriffen mit der Folge einer wochen- bis sogar monatelangen Beeinträchtigung ihrer Handlungsfähigkeit geworden. Gemäß der „Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie)“ sind Kliniken gesetzlich verpflichtet, dagegen Vorsorge zu treffen. Dazu sollten IT-abhängige Prozesse in einer Klinik evaluiert, definiert und Ausfallkonzepte erarbeitet werden, um auf einen Cyberangriff vorbereitet zu sein. Spezifisch auf einen EDV-Ausfall zugeschnittene Notfallpläne sollten in allen IT-abhängigen Bereichen einer Klinik erstellt und vorgehalten werden. Zudem sollten papierbasierte Ersatzlösungen, wie z. B. Anforderungsbelege für Diagnostik- oder Konsilleistungen, abteilungsspezifische Notfalldokumente und Patientendokumentationskurven an einem gut zugänglichen und den Mitarbeitenden des jeweiligen Bereichs bekannten Ort vorgehalten werden. Die vollständige Wiederherstellung eines Kliniknetzwerks nach einem Cyberangriff erfordert häufig eine umfassende Wiederherstellung zahlreicher IT-Systeme. Dies kann u. U. Wochen bis Monate dauern. Wenn das Krankenhaus über solide Pläne zur Cyber-Notfallvorsorge verfügt, die regelmäßige Scans und Backups in Echtzeit umfassen, können eine Stabilisierung und ein schnelleres Wiederanlaufen des Betriebs möglich sein.

Kliniken gehören per definitionem zur kritischen Infrastruktur eines Landes und sind gesetzlich verpflichtet, Vorsorge gegen Hackerangriffe zu treffen. Daher sollten IT-abhängige Klinikprozesse evaluiert und definiert werden. Um auf einen Cyberangriff vorbereitet zu sein, müssen für diese Prozesse Ausfallkonzepte – wie spezifische Notfallpläne, papierbasierte Ersatzlösungen und externe Speichermedien – erarbeitet und vorgehalten werden.

Abstract

Clinics are, by definition, part of a country’s critical infrastructure. In recent years, hospitals have increasingly become the target of cyber attacks, resulting in disruptions to their functionality lasting weeks to even months. According to the “National Strategy for the Protection of Critical Infrastructures (CRITIS Strategy)”, clinics are legally obligated to take preventive measures against such incidents. This involves evaluating, defining, and developing failure concepts for IT-dependent processes within a clinic to be prepared for a cyber attack. Specifically tailored emergency plans for computer system failures should be created and maintained in all IT-dependent areas of a clinic.

Additionally, paper-based alternative solutions, such as request forms for diagnostic or consultation services, department-specific emergency documents, and patient documentation charts, should be kept in a readily accessible location known to staff in the respective areas. The complete restoration of a clinic’s network after a cyber attack often requires extensive recovery of numerous IT systems, which may take weeks to months in some cases.

If the hospital has robust plans for cyber emergency preparedness, including regular scans and real-time backups, stabilization and a quicker resumption of operations may be possible.

Kernaussagen
  • Kliniken sind zunehmend Cyberangriffen ausgesetzt, die zur akuten Gefährdung von Patienten und Personal führen können. Um einer solchen Gefährdung zu begegnen, ist eine entsprechende Vorbereitung der Klinik sowie eine Ertüchtigung der Resilienz erforderlich.

  • Zu Beginn der Planungen zur Ertüchtigung der Resilienz einer Klinik gegen IT-Ausfälle sollte eine Evaluation IT-abhängiger Prozesse erfolgen.

  • In allen IT-abhängigen Bereichen sollten Notfallkonzepte für Ausfallszenarien ausgearbeitet werden sowie papierbasierte Ersatzlösungen („Workarounds“) für benötigte Prozesse bereitstehen. Diese sollten ausreichend in ausgedruckter Form vorliegen. Zusätzlich muss der IT-Ausfall in den KAEP integriert werden.

  • Zur Steigerung und Überprüfung der Resilienz sind entsprechende Übungen geeignet. Hierdurch, verbunden mit einer entsprechenden Rückkopplung, können Mängel und Fehler in der Planung erkannt werden.

  • Hackerangriffe auf das IT-Netzwerk einer Klinik lassen sich nicht mit absoluter Sicherheit abwenden. Denn es sind zu viele Schnittstellen vorhanden und kriminelle Hacker versuchen mit immer neuen Methoden, sich Zugang zu verschaffen. Eine sorgfältige Vorbereitung und ein leistungsfähiges IT-Notfallmanagement vermögen jedoch, die Auswirkungen auf Patienten, Personal und den Betrieb zu minimieren.



Publication History

Article published online:
26 August 2024

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