Erfahrungsheilkunde 2024; 73(06): 302
DOI: 10.1055/a-2388-0556
Editorial

Das vegetative Nervensystem – unser Autopilot

Robert Schmidt

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Leserinnen, liebe Leser,

manche nennen es unseren Autopiloten, andere das „Bauchhirn“ – das vegetative Nervensystem ist ein faszinierendes Netzwerk, das viele unbewusste Körperfunktionen steuert und dafür sorgt, dass wir uns an wechselnde Situationen anpassen können, von „fight or flight“ bis hin zu „rest and digest“. In der heutigen schnelllebigen Welt sind wir einerseits immer häufiger Stress und emotionalen Belastungen ausgesetzt, andererseits fehlen oft die Möglichkeiten, sich körperlich im Sinne einer „Fight or flight“-Reaktion wortwörtlich „abzureagieren“. So kann eine sympathische Überaktivität mit langfristig negativen gesundheitlichen Folgen entstehen.

In der Komplementärmedizin spielt das vegetative Nervensystem eine zentrale Rolle. Viele Therapien zielen darauf ab, dieses System zu stärken und wieder ins Gleichgewicht zu bringen und somit elementar die Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern. Vom enterischen Nervensystem hat jeder schon einmal gehört, es ist so umfangreich, dass es oft als „zweites Gehirn“ bezeichnet wird. Es beeinflusst nicht nur die Verdauung, sondern auch unsere Stimmung und unser Immunsystem. Dass das Herz aber auch „denken“ kann, wir also auch von einem „Herzhirn“ sprechen können, dürfte weniger geläufig sein. Das vegetative Nervensystem besitzt im Herzen ein eigenes kleines Nervensystem mit etwa 40 000 Neuronen. Dieses Herzhirn kann unabhängig vom Gehirn Entscheidungen treffen und Signale senden, die Emotionen und Intuition beeinflussen.

In der vorliegenden Ausgabe der Erfahrungsheilkunde setzen wir uns intensiv mit den unterschiedlichen Aspekten des vegetativen Nervensystems und dessen Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden auseinander. Wir haben Fachleute aus unterschiedlichen Fachrichtungen der Komplementärmedizin eingeladen, über effektive Therapieansätze zu berichten. Lassen Sie uns gemeinsam die Brücke zwischen Forschung und Praxis schlagen und die Möglichkeiten der Komplementärmedizin im Bereich des vegetativen Nervensystems ausloten.

Da dies die letzte Ausgabe der Zeitschrift „Erfahrungsheilkunde“ sein wird, möchten Herr Prof. Gündling und ich uns ganz herzlich bei Ihnen für Ihre Lesertreue bedanken und Ihnen noch einmal viel Freude mit der aktuellen Ausgabe wünschen. Wir beide freuen uns sehr, dass wir Ihnen künftig als Mitherausgeber der „Zeitschrift für Komplementärmedizin“ (zkm) erhalten bleiben und auf diese Weise auch dazu beitragen können, den Geist der Erfahrungsheilkunde zu bewahren.

Herzlichst Ihr

Robert Schmidt



Publication History

Article published online:
04 December 2024

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