Der Klinikarzt 2008; 37(9): 393
DOI: 10.1055/s-0028-1103005
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ist man im Krankenhaus sicher?

Burckart Stegemann
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Publication Date:
30 October 2008 (online)

Da sagt man doch zunächst aus voller Überzeugung: Ja! Wäre da nicht hier und da ein Wandel im Leitungsmanagement eingetreten, der sich schleichend und stetig vollzogen hat, nachdem man – politisch gewollt – den Krankenhäusern die reine Ökonomie verordnet hatte. Auf dem Papier gibt es mit dem Leiter der Ärzteschaft, dem Pflegedienst und der Verwaltung zwar noch die 3 Säulen der Betriebsleitung. Je nach Struktur des Hauses sitzt hier schon vielfach anstelle des Verwaltungsleiters der zumeist allein regierende, kaufmännische Geschäftsführer.

Seine hohe Verantwortung ist unbestritten, sie sollte aber hauptsächlich auf die betriebswirtschaftlichen und ökonomischen Belange ausgerichtet sein. Doch es entsteht leider immer wieder einmal der Eindruck als verstünde ein solcher Geschäftsführer seine Aufgabe darin, alles und jedes selbst entscheiden zu müssen und sich gerne sogar noch zur moralischen Instanz des Hauses zu erheben. Natürlich geschieht das immer mit dem Hinweis auf die Gesamtverantwortung.

In einem Krankenhaus kann eine solche Situation fatale Folgen haben! Bremsen kann einen solchen Geschäftsführer nur ein übergeordnetes Gremium. Das ist zumeist mit hochhonorigen Personen besetzt, die aber von ihrem ureigenen Beruf absorbiert sind. Demzufolge lässt man dem kaufmännischen Geschäftsführer so lange freie Hand, solange er schwarze Zahlen liefert. Man mischt sich – auch aus Bequemlichkeit – nicht in das „operative” Tagesgeschäft ein.

Immer stärker muss sich das Krankenhaus mit der freien Wirtschaft vergleichen lassen. Wir lesen ja nun täglich in den Zeitungen, welche Grenzen einzelne Betriebe der freien Wirtschaft überschreiten, denken Sie nur an den aktuellen Fall der Überwachung und Bespitzelung der Mitarbeiter. Man reibt sich dann aber doch die Augen, wenn man hört, dass es Geschäftsführer gibt, die im Krankenhaus die EDV überwachen, E–Mails der Mitarbeiter mitlesen und sogar Mitarbeiter dazu ermuntern, dies ebenfalls zu tun. Welche Politik hat uns das vorgemacht? Werden vielleicht auch Telefonate mitgehört? Machtsicherung um jeden Preis?

Vor Pauschalurteilen sollte man sich natürlich stets vorsehen. Sicherlich gibt es auch ganz ausgezeichnete Geschäftsführer von Krankenhäusern, die diese Problematik verstanden haben und auf die das eben Beschriebene nicht zutrifft. Bekannt gewordene Beispiele lassen aber durchaus Schlimmes befürchten.

Das wirksamste und in letzter Zeit zunehmend ausgenutzte Machtmittel von Geschäftsführern ist die wiederholte Abmahnung und die Drohung mit fristloser Kündigung. Ein Grund ist rasch gefunden, wenn nötig auch mit haarsträubenden Methoden konstruiert. Da nimmt man dann wie selbstverständlich immense Ausgaben für die Prozesskosten, Abfindungen oder das „Casting” neuer Mitarbeiter in Kauf. Für die regelhaft geleistete Mehrarbeit der klinischen Mitarbeiter steht aber kein Geld zur Verfügung.

Was durch die unselige Machtkonzentration auf eine Person für ein Klima des Misstrauens, des Liebedienens und durchaus auch der Denunziation und Überwachung entstehen kann, kommt einem irgendwie bekannt vor. Schrecklich, wenn sich ein Krankenhaus an dieser Beschreibung wiedererkennen muss! Das Fazit? Man ist heute als Mitarbeiter eines Krankenhauses nicht mehr unbedingt sicher! Doch das lässt sich ändern: Die Betriebsleitung darf eben nicht nur aus einer Säule und zwei Stützen bestehen und die Kontrollgremien müssen ihre Funktion mit ausreichend Zeit, am besten professionell, wahrnehmen. Alleinherrschaft hat noch nie zu einem guten Ende geführt.

Prof. Dr. Burckart Stegemann

Hagen

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