Dtsch Med Wochenschr 1918; 44(45): 1243-1247
DOI: 10.1055/s-0028-1134778
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Silbersalvarsan

Marine-Oberstabsarzt  Gennerich
  • Aus dem Festungslazarett Kiel-Ravensberg
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Publication Date:
16 July 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Das neue Silbersalvarsan ist den übrigen Salvarsanpräparaten beträchtlich an Wirksamkeit überlegen. Selbst in kleiner Dosierung, die ⅓—œ kleiner ist als die bei den übrigen Salvarsanpräparaten üblichen Dosen, erweist es sich als viel kräftiger in der Beseitigung der positiven SR. bei frischen Sekundärfällen als die bisherigen Salvarsanpräparate im Verein mit Hg-Behandlung.

2. Die Silbersalvarsanbehandlung bietet die Möglichkeit zu einer äußerst wirksamen und dabei besonders reizlosen Behandlung der frischen Luesstadien. Zur abortiven Sterilisation der seronegativen Primärsyphilis genügt eine 2œ—3wöchige Behandlung, mit der natürlich eine Exzision oder gründliche Lokalbehandlung des Primäraffektes einhergehen muß. Auch die Abortivheilung der seropositiven Primärsyphilis gelingt durch Silbersalvarsan leichter und in kürzerer Zeit als früher. Das Behandlungsmaß muß hierbei jedoch, entsprechend dem vorliegenden Infektionsalter, mehr oder minder dem Behandlungsmaß der frischen Sekundärsyphilis angenähert werden.

Für die Frühsterilisation der frischen Sekundärsyphilis eröffnet das neue Präparat die besten Aussichten. Es besteht durch Vergleich mit den bisherigen Dauerergebnissen Hoffnung, daß bei denjenigen frischen Sekundärfällen, wo die SR. innerhalb 3œ—4 Wochen negativ wird, die weitere Nachbehandlung sehr gering gestaltet werden oder sogar ganz fortfallen kann.

Bei höherem Infektionsalter hat jedoch die übliche, bereits beim Altsalvarsan erprobte Nachbehandlung in ihrer bekannten Anordnung stattzufinden.

3. Gegen gleichzeitige Jodbehandlung bei den älteren Luesstadien bestehen keinerlei Bedenken, während Hg-Behandlung hier nur in Form milder Zwischenkuren Anwendung finden soll.

4. Die Silbersalvarsanbehandlung ist auch deshalb als ein großer Fortschritt anzusehen, weil das Präparat an sich beträchtlich weniger Arsen enthält als die anderen Präparate und weil es in der bei ihm möglichen kleinen Dosierung ganz erheblich verringerte toxische Gefahren hat. Das gilt sowohl für die Ueberempfindlichkeitsreaktion nach der einzelnen Injektion, als auch hinsichtlich der Kumulation.

5. Neben der ausschließlichen Benutzung kleiner Salvarsandosen ist für eine reizlose Behandlung Vorbedingung, daß die Einspritzung stets ohne jeden Verzug unmittelbar nach Lösung des Präparates und langsam von statten geht (zwei Minuten) und daß auf Hg-Kombination ganz verzichtet wird.

6. Bei stärkeren Veränderungen des Gefäßsystems (Aneurysma) ist ein milder wirkendes Präparat, wie Neosalvarsan oder das neue Sulfoxylat, vorzuziehen. Die Kontraindikationen sind im übrigen dieselben wie bei den anderen Salvarsanpräparaten, d. h. in erster Linie kommen die temporären Kontraindikationen, die oben erwähnten Dyskrasien des Organismus, in Betracht.

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