B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25(4): 171-173
DOI: 10.1055/s-0029-1224544
PRAXIS

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Bewegungstherapie bei Osteoporose – den Menschen im Blick!

J. Werle1
  • 1Kuratorium Knochengesundheit e. V., Sinsheim
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Publication History

Publication Date:
12 August 2009 (online)

„Vom Schmerz weiß der Anatom das wenigste, der Physiologe mehr, der Kliniker viel, und der Patient am meisten.“  Max Kantner, Anatom

In der Therapie geht dieses wertvolle Wissen, das Wissen der Patienten, bedauer­licherweise sehr häufig verloren. Gemeint ist nicht das Wissen der Patienten um ihre Krankheit. Dank der vielen medi­zinischen Leitlinien sind die Ärzte auf dem aktuel­len Stand der medizinischen Forschung. Gemeint ist vielmehr das Wissen der Patienten um ihr Kranksein. Kranksein ist mehr als die Krankheit im enge­ren ­Sinne, mehr als die Ursache der persön­lichen Beschwerden und Schmerzen, der Mühen in der Selbstversorgung und im täglichen Leben, der Einschrän­kungen bei Aktivitäten in der Familie und in der Freizeit, der Beeinträchtigung der Lebens­qualität. Das Kranksein selbst beschreibt die persönlichen Begleiterscheinungen der körperlichen Krankheit Osteoporose. Krankheit und Kranksein stehen in enger ­Wechselwirkung und müssen damit in ­einer ganzheitlichen „menschlichen“ Therapie gleichberechtigt Berücksichtigung finden.

Das Krankheitsbild der Osteoporose verläuft zunächst stumm. Viele Patienten werden erst durch einen plötzlichen stechenden Schmerz, der sie fast lähmt, wie aus heiterem Himmel getroffen. Im Röntgenbild wird eine Wirbelkörperverformung festgestellt; eine Knochendichtemessung ergibt eine im Vergleich zu Normwerten geringere Knochendichte; die erschüt­tern­de Diagnose Osteoporose. Plötzlich ist das Rückgrat, die Wirbelsäule gebrochen.

Was nun? Die Flut an Information zum Krankheitsbild Osteoporose ist unüberschaubar. Bewegung ist wichtig. Besonders hohe Belastungen regen den Knochen­stoffwechsel an: Volleyballer und Basketballer haben im Vergleich zu Läufern und Schwimmern eine höhere Knochendichte. Die intensive Sprungbelastung scheint sich positiv auf die Knochendichte auszuwirken. Und die Patienten? Sie fühlen sich durch ihre akuten Schmerzen wie gelähmt, jede Bewegung tut weh und auch in Ruhe lässt der Schmerz kaum nach. Und die Angst, sich zu bewegen und weitere Wirbelkörpereinbrüche zu erleiden, bremst jede körperliche Aktivität. Diese schmerzbedingte Bewegungseinschränkung dauert meist mehrere Wochen und Monate an. Viele Patienten liegen am liebsten, um den Rücken zu entlasten. Jede Bewegung fällt schwer, und die Muskeln werden immer schlapper. Und dann gibt es ja noch die ­bittere Erkenntnis, dass körperliche Inak­tivität die Knochenentkalkung fördert und das Osteoporoserisiko erhöht ([Abb. 1]).

Abb. 1 Teufelskreis der Osteoporose.

Literatur

  • 1 DVO-Leitlinie 2006.  www.dv-osteologie.org
  • 2 Siegrist J. Lehrbuch der medizinischen Soziologie. 5. Aufl. München: Urban & Fischer; 2005
  • 3 von Uexküll T, Wesiack W. Wissenschaftstheorie: ein bio-psycho-soziales Modell. In: von Uexküll T, Hrsg. Psychosomatische Medizin. 5. Aufl. München: Urban & Schwarzenberg; 1996: 13–52

Korrespondenzadresse

Dr. J. WerleSportwissenschaftler M. A. und Diplom-Gerontologe

Geschäftsführer des Kuratorium Knochengesundheit e. V.

Leipziger Straße 6

74889 Sinsheim

Email: jochen.werle@osteoporose.org

URL: http://www.osteoporose.org

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