Der Klinikarzt 2009; 38(9): 375
DOI: 10.1055/s-0029-1242040
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Prostatakarzinom

Arnulf Stenzl
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Publication Date:
02 October 2009 (online)

Über viele Jahre wurde das Prostatakarzinom mit Prädikaten wie „Haustierkrebs” versehen, die einen eher unproblematischen, kaum lebensverkürzenden Tumor suggerierten. Eine längere Lebenserwartung, bessere Diagnosemöglichkeiten und genauere Statistiken bezüglich Todesursache haben aber mittlerweile bewiesen, dass in etwa Œ der ca. 58?000 jährlichen Neuerkrankungen das Fortschreiten dieser Erkrankung zur Todesursache wird. Damit ist das Prostatakarzinom auch in der Todesstatistik der Tumoren von Männern die dritthäufigste Todesursache.

Wir haben aber, wie bei vielen anderen Tumorentitäten auch, ein Problem eines einerseits bereits in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostizierten Tumors, andererseits aber auch mit einer unter Umständen Übertherapie eines kleinen, in der verbleibenden Lebenszeit kaum mehr relevanten Tumors. Wenn wir uns daher, was nach wie vor zu begrüßen ist, mit der Früherkennung des Prostatakarzinoms befassen, müssen wir aber auch gleichzeitig versuchen, anhand neuer Marker oder durch den langjährigen Umgang mit bestehenden Markern, die Prognose der Tumordiagnose für den Patienten herauszuarbeiten. Wie kaum ein anderer Tumor hat das Prostatakarzinom eine äußerst starke Bandbreite von langsam wachsenden bis zu äußerst aggressiven Tumorformen, die innerhalb von Monaten zu einer Metastasierung führen können. Daher wurden neue Erkenntnisse zur Früherkennung, als auch zur aktiven Überwachung „active surveillance” zu einem Thema in diesem Heft gemacht.

Bei einer notwendigen Behandlung eines lokalisierten Tumors geht der Trend in Richtung minimale Invasivität. Neben der Bestrahlung und Brachytherapie haben sich daher die laparoskopische und die telemedizinisch gesteuerte minimal invasive radikale Prostatektomie etabliert. Hauptpunkt einer jeden Behandlung ist die möglichst vollständige Entfernung des Tumors. Dies beinhaltet nicht nur die Entfernung der tumorbefallenen Prostata, sondern auch der die Prostata primär drainierenden Lymphknoten. Da wir nicht immer mit Sicherheit die Prognose eines bioptisch diagnostizierten Prostatakarzinoms vor einem Eingriff erkennen können, erscheint die Mitnahme der relevanten Beckenlymphknoten in allen Fällen indiziert.

Wenn über Jahre erarbeitete onkologische Grundsätze durch eine reduzierte Invasivität nicht gefährdet werden, dann stellt dies, sowohl für den Patienten, als auch für die Kostenträger des Gesundheitssystems, einen Vorteil dar. Jeder 5. Patient, bei dem ein Prostatakarzinom neu diagnostiziert wird, hat Metastasen, meist in den Lymphknoten und/oder Knochen. Diese Metastasen führen auch zu nicht unerheblichen Symptomen in Form von Stauung im Harntrakt, Knochenproblemen („skeletal related events”) bis hin zu pathologischen Frakturen der Wirbelsäule mit Querschnittsymptomatik, Ileus und anderen, von jeweiligen Metastasen befallenen organabhängigen Problemen. Das Prostatakarzinom spricht zwar auf eine Hormonablation der männlichen Sexualhormone gut an. Allerdings ist dadurch eine Heilung nicht möglich und im Durchschnitt nach 18–42 Monaten kommt es durch nicht vollständig geklärte Vorgänge zum Auftreten eines hormonresistenten Tumors. Die Möglichkeiten einer Chemotherapie sind vorhanden und werden in den nächsten Jahren durch neue Medikamente oder Kombinationen, sowohl mit anderen Chemotherapeutika, als auch einer Immuntherapie verbessert werden. Eine vollständige Heilung ist zum jetzigen Zeitpunkt durch systemische Therapie ausgeschlossen. Auch gibt es immer wieder neue Ansätze zur verbesserten Hormonablation, vor allem durch Beeinflussung von den Nebennierenrinden–Hormonen. Hier erwarten uns in den nächsten Jahren noch spannende Neuentwicklungen.

Zusammenfassend ist das Prostatakarzinom ein in der Onkologie wichtiges Thema. In den letzten Jahren haben sich in der Prävention, Früherkennung und Therapie des lokalisierten als auch des fortgeschrittenen Tumors einige Änderungen ergeben. Diese Veränderungen sind aber nur Ausdruck einer, wie sonst kaum in der Onkologie, erkennbaren Veränderung.

Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl

Tübingen

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