Laryngorhinootologie 2012; 91(05): 321-322
DOI: 10.1055/s-0031-1301341
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hostienkeim brachte Unheil – Beidseitige Parotitis mündete in Notfalltracheotomie

Eucharist Bacteria Brought Miserey – Bilateral Parotitis Led to Emergency Tracheotomy
G. Wölk
,
T. Zehlicke
,
M. Pohl
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Publication History

Publication Date:
06 February 2012 (online)

Eine junge Patientin erschien am Vormittag in unserer Ambulanz mit beidseits auf die Gl. parotis begrenzten Schwellungen. Diese hatten sich im Laufe des gleichen Tages ohne begleitende Schluckbeschwerden oder Atemnot entwickelt.

Als Vorerkrankungen war bei der Patientin eine seit über 10 Jahren bestehende Enzephalitis disseminata bekannt. Die Therapie bestand aus der Gabe von Betaferon 250 µg sc. jeden zweiten Tag. Einen Monat zuvor war ein Krankheitsschub aufgetreten und sie war daraufhin mit 1 g Methylprednisolon pro Tag über 21 Tage behandelt worden. Zunächst hatte eine Besserung eingesetzt, kurze Zeit nach Absetzen der Therapie war es wieder zu Symptomen gekommen. Daraufhin wurde die Therapie in doppelter Dosierung über 3 Tage fortgeführt, am vierten Tag stellte die Patientin sich mit den oben genannten Beschwerden in unserer Ambulanz vor. Weitere Nebenerkrankungen bestanden nicht, eine Mumps-Masern-Röteln-Impfung sei fraglich vor 2 Jahren erfolgt. Die Patientin arbeitet als Kindergärtnerin und achte insbesondere auf eine ausreichende Trinkmenge.

Der Untersuchungsbefund zeigte eine deutliche, aber scharf auf die Gl. Parotis beidseits begrenzte Schwellung. Diese war mittelgradig druckdolent, zusätzlich lag ein Trismus mit ca. 3 cm Restöffnung des Mundes vor. Enoral ließ sich auf beiden Seiten kein Pus exprimieren, der Speichelfluss war klar. Lupenlaryngoskopisch waren die Atemwege frei. Im Ultraschall fanden wir keine Hinweise auf eine Abszedierung.

Wir stellten die Diagnose einer akuten Parotitis und rezeptierten Sialgoga und ein Oralcephalosporin. Aufgrund der räumlichen Nähe ihrer Wohnung entließen wir die Patientin mit der Bitte um Wiedervorstellung bei weiterer Verschlechterung.

Um 16.00 Uhr desselben Tages stellte sich die Patientin mit einer deutlichen Verschlechterung erneut vor. Im Liegen kam es zu Dyspnoe, ein Schlucken war nicht mehr möglich. Der Aufnahmebefund zeigte eine massive Zunahme der Parotisschwellung auf beiden Seiten sowie eine Verringerung der Mundöffnung auf 1,5 cm. Flexibel endoskopisch zeigte sich eine glasige Schwellung bis auf Epiglottisebene, die Stimmlippenebene war frei und gut einsehbar. Die Körpertemperatur betrug 37,5 °C. Die Patientin wurde stationär aufgenommen. Die initiale Therapie umfasste eine iv-Antibiose mit Cefuroxim und Analgesie. Zuvor wurden Abstriche entnommen. Das Labor ergab ein erhöhtes CRP von 44,4 mg/l. Ein erneuter Ultraschall zeigte keinen Hinweis auf eine Abszedierung.

Ab 20.00 Uhr klagte die Patientin trotz Kühlung und der weiteren Gabe von 250 mg Solu-Decortin-H über vermehrte Dyspnoe und Orthopnoe. Unter Gabe von O2-Insufflation erfolgte die Verlegung auf die Intensivstation unseres Hauses mit dem Ziel der Intubation zur Sicherung der Atemwege. Bei zunehmendem Stridor gelang die Intubation weder konventionell noch unter Zuhilfenahme eines Bronchoskops. Daraufhin führten wir eine Notfalltracheotomie bei einer Sauerstoffsättigung von 85% durch.

Während der nächsten 2 Tage verschlechterte sich der Zustand der Patientin trotz Antibiose zusehends, die Gesichtsschwellung war mittlerweile massiv. Korrelierend zum klinischen Befund stieg das CRP auf 361 mg/l an.

Nach Rücksprache mit der Sektion Mikrobiologie des Zentralen Instituts der Bundeswehr stellten wir die Antibiose bei noch nicht vorliegenden Abstrichergebnissen auf Meronem und Clindamycin um.

Bereits am nächsten Tag zeigte sich die Gesichtsschwellung rückläufig. Der weitere Aufenthalt auf der Intensiv- und Peripherstation zeigte eine tägliche Besserung des Allgemeinzustandes und eine weitere Abschwellung. Die mittlerweile eingetroffenen Abstrichergebnisse wiesen Serratia marcescens nach.