Transfusionsmedizin 2012; 02(02): 66-67
DOI: 10.1055/s-0032-1315677
Forum
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der EBMT-Jahreskongress 2012 in Genf – Gegenwart und Zukunft der Stammzelltransplantation

Further Information

Publication History

Publication Date:
31 May 2012 (online)

Die European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) ist eine 1974 gegründete nichtkommerzielle Organisation, die den Erfahrungsaustausch und den wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der Kochenmark- und Stammzelltransplantation zum Ziel hat. Die Mitgliederzahl beträgt derzeit 4042 Ärzte und Wissenschafter in 545 Transplantationszentren und 58 Ländern. Nach Paris im letzten Jahr fand das diesjährige Treffen vom 1.–4. April in Genf statt, das Sitz vieler internationaler Organisationen ist, darunter die Weltgesundheitsorganisation und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes.

Die Bedeutung des Kongresses wird allein schon an den Zahlen von fast 4000 Besuchern und mehr als 1300 wissenschaftlichen Beiträgen in Form von Vorträgen oder Postern deutlich. Zusätzlich zu den europäischen Beiträgen fiel auch eine starke Präsenz aus Übersee und Asien auf.

Traditionell findet einen Tag vor der Eröffnung der Patienten- und Familientag statt, der dieses Jahr unter dem Motto "Leben nach der Stammzelltransplantation" stand. Hier wurden Erfahrungsberichte von Patientenvereinigungen und Sozialarbeitern weitergegeben und am "runden Tisch" konnten Patienten mit Experten diskutieren. Das erklärte Ziel der Organisatoren ist es, hierdurch einen Beitrag zum mündigen Patienten als Partner des Arztes in einer so schwierigen und lebensbestimmenden Behandlung wie der Stammzelltransplantation zu leisten.

Eröffnet wurde der Kongress von Prof. Dr. med. J. Passweg, Ordinarius für Hämatologie an Universität und Universitätsspital Basel, sowie von Prof. Dr. med. A. Madrigal, wissenschaftlicher Direktor am Anthony-Nolan-Institut und aktuell EBMT-Vorsitzender. Im Rahmen der Eröffnungsfeier wurde auch der van-Bekkum-Preis an die Arbeitsgruppe um E. Provasi für deren aktuell in Nature Medicine erschienene Arbeit "TCR gene editing results in effective immunotherapy of leukemia with-out the development of GvHD" verliehen. Mit Hilfe einer speziell entwickelten Zinkfingernuklease (ZNF) ist es möglich, endogene T-Zell-Rezeptorketten auszuschalten, die dann im zweiten Schritt per Gentransfer mit tumorspezifischen T-Zellrezeptoren ausgestattet werden. Hierdurch lässt sich im Mausmodell eine gute Antitumorwirkung praktisch ohne Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD) erzielen, was auf zukünftige neue Ansätze für die Immuntherapie maligner hämatologischer Erkrankungen hoffen lässt.

Zoom Image
Ab dem 1. April 2012 wurden Interessierte in Genf zum 38. Jahreskongress der EBMT willkommen geheißen.(Quelle: D. Fürst)

Der van-Rood-Award ging an die Arbeitsgruppe um O. C. Goodyear für die 2011 in "Blood" erschienene Arbeit "Azacitidine augments expansion of regulatory T cells after allogeneic stem cell transplantation in patients with acute myeloid leukemia". Aus In-vitro- sowie Tier-Versuchen gibt es Hinweise, dass Azacitidin (AZA) über eine Hemmung der DNA-Methyltransferase die Expression leukämiespezifischer Antigene verstärkt sowie regulatorische T-Zellen stimuliert. Ersteres verstärkt den Graft-versus-Leukämie-Effekt (GvL) während letzteres die GvHD mildert. Dies konnte zum ersten Mal an einer noch kleinen Patientenkohorte bestätigt werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies in einer größeren Studie bewahrheitet.

Auffallend viele Vorträge handelten von regulatorischen T-Zellen, was deutlich macht, dass in diesem Bereich derzeit viel Potential für klinische Anwendungen hinsichtlich der Behandlung und Prävention von GvHD gesehen wird.