Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37(5): 258
DOI: 10.1055/s-0032-1318996
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bariatrische Chirurgie bei adipösen Diabetikern – Medikamente vs. Magenbypass oder Sleeve-Gastrektomie

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Publikationsdatum:
09. November 2012 (online)

Observationsstudien lassen vermuten, dass bariatrische Eingriffe die glykämische Kontrolle und kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Typ-2-Diabetikern rasch bessern können. P. Schauer et al. verglichen in einer randomisierten offenen Studie, wie wirksam zwei verschiedene bariatrische Eingriffe verglichen mit einer intensiven medikamentösen Therapie die glykämische Kontrolle bei adipösen Typ-2-Diabetikern bessern.

N Engl J Med 2012; 366: 1567–1576

Die Forscher untersuchten zwischen 2007 und 2011 an der Cleveland Clinic 218 Patienten. Die 150 geeigneten Studienteilnehmer waren 20–60 (49 ± 8) Jahre alt, seit > 8 Jahren an Typ-2-Diabetes erkrankt (HbA1c 8,9–9,5%, ∅ 9,2 ± 1,5%) und hatten einen BMI von 27–43. Alle Patienten erhielten eine intensive medikamentöse Therapie mit modernen Medikamenten nach den Richtlinien der American Diabetes Association. Dazu gehörte auch eine Beratung hinsichtlich Lebensstil, Gewichtsmanagement und eigenständigem Glukosemonitoring. Bei jeweils 50 Patienten wurde außerdem ein Roux-en-Y-Magenbypass angelegt, bei weiteren 50 eine Sleeve-Gastrektomie vorgenommen. Als primäres Studienziel registrierten die Forscher den Anteil der Patienten mit einem HbA1c-Wert ≤ 6,0% 12 Monate nach der Behandlung.

Von 150 Teilnehmern schlossen 140 (93%) alle Analysen ab. In der medikamentös behandelten Gruppe erreichten 12% (4/41) der Patienten einen Ziel-HbA1c-Wert von ≤ 6,0%, während es 42% (21/50) der Patienten mit Magenbypass und 37% (18/49) jener mit Gastrektomie waren. Alle Patienten mit Magenbypass erreichten dieses Ziel ohne Medikation, 5 der 18 Patienten mit Gastrektomie benötigten mindestens ein glukosesenkendes Medikament. Bei operativ behandelten Studienteilnehmern sanken der HbA1c- und der Nüchtern-Glukose-Wert rasch und deutlich, während sich die glykämische Kontrolle unter medikamentöser Therapie allmählich besserte. Zum Studienende erreichte der HbA1c-Spiegel 7,5% bei medikamentös Behandelten und 6,4% bzw. 6,6% bei Patienten mit Magenbypass bzw. Sleeve-Gastrektomie. Auch der Gewichtsverlust war nach den bariatrischen Eingriffe mit –24,9 bzw. –25,1 kg höher als unter medikamentöser Therapie mit –5,4 kg. Darüber hinaus benötigten operierte Patienten weniger Lipid- und Blutdrucksenker und die Insulinresistenz (HOMA-IR) besserte sich. Vier Patienten mussten reoperiert werden, Todesfälle oder lebensbedrohliche Komplikationen traten nicht ein.

Fazit

Verglichen mit einer intensiven medikamentösen Therapie seien für Patienten mit Adipositas und fortgeschrittenem Typ-2-Diabetes der Roux-en-Y-Magenbypass und die Sleeve-Gastrektomie potenziell wirksame Strategien: Ein Teil der Patienten bedürfe danach keiner medikamentösen Diabetestherapie mehr und bei anderen sinke der Medikamentenbedarf deutlich, stellen die Autoren fest. Zudem besserten sich kardiovaskuläre Risikofaktoren, sodass die Patienten weniger lipid- und blutdrucksenkende Medikamente benötigten. Es sei zu überprüfen, ob diese Erkenntnisse auch über die 12-monatige Beobachtungsdauer gültig sind.

Ines Schulz-Hanke, Untermeitingen