Zahnmedizin up2date 2012; 6(5): 419
DOI: 10.1055/s-0032-1324835
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

N. Krämer
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Publication Date:
09 October 2012 (online)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

das vorliegende Heft beschäftigt sich überwiegend mit Themen aus der Kinderzahnheilkunde. So ist die Fluoridierung nach wie vor ein wichtiger Pfeiler in der Kariesprophylaxe (Schulte: Standortbestimmung Fluoride). Deshalb wurde auf der Basis einer systematischen Auswertung der Fachliteratur und einem formalen Konsensusverfahren im letzten Jahr die Leitlinie Fluoridierung überarbeitet. Seit Mai 2012 ist diese Leitlinie auch der Öffentlichkeit zugänglich (www.zzq-koeln.de). Leitlinien sind systematisch entwickelte, praxisorientierte und wissenschaftlich begründete Entscheidungshilfen für den Praktiker und haben daher eine große Bedeutung in der (Zahn-) Medizin.

Es war Bedarf vorhanden, die alte Leitlinie aus dem Jahr 2006 nach über 5 Jahren zu überarbeiten. Bedauerlich ist jedoch, dass bezüglich der fluoridhaltigen Zahnpasten kein gemeinsamer Text mit den Pädiatern erzielt werden konnte. Daher ist der Konflikt bezüglich der Anwendung von fluoridhaltigen Zahnpasten nicht gelöst. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde empfiehlt die regelmäßige Anwendung des Kosmetikums „fluoridhaltige Zahnpasten“ erst, wenn das Kind ausspucken kann – also ab dem fünften Lebensjahr. Ein wissenschaftlicher Beleg für diese Empfehlung lässt sich in der Leitlinie leider nicht finden.

Mit dieser pädiatrischen Empfehlung würde eine unbestritten effiziente Maßnahme der lokalen Anwendung von Fluoridpräparaten wegfallen. Manchmal ist es daher sehr hilfreich, mal über den „Tellerrand“ zu schauen. Europaweit wird vor allem der Fluoridierung durch Zahnpasten eine zentrale Bedeutung gegeben. Die EAPD (European Academy of Paediatric Dentistry) hat bereits im Jahr 2009 die Leitlinien zur Fluoridierung überarbeitet. Darin wird auf dem höchsten Evidenzlevel („1++“) die tägliche Verwendung von fluoridierten Zahnpasten empfohlen.

Es ist sehr schade, dass uns diese Fluoriddiskussion häufig von der Zusammenarbeit bei bedeutenden Problemen, wie die Betreuung unserer kleinen kranken Patienten (Schulz-Weidner und Üsküdar: Zahnmedizinische Aspekte bei Organtransplantationen), abhält. Viele diese Kinder leiden unter frühkindlicher Karies und weisen entsprechende katastrophale Befunde auf oder haben parodontologische Probleme. Leider werden uns diese Kinder häufig zu spät, kurz vor der Transplantation oder invasiven Begleitmedikation, vorgestellt. Bei entsprechender Sensibilisierung für die Patienten und Schulung der Mitarbeiter/innen könnten sicherlich zahlreiche Aufgaben in der „Generalisten“-Praxis übernommen werden. Vor diesem Hintergrund motiviert der Beitrag hoffentlich auch die/den niedergelassene/n Kollegin/en, bei diesen Patienten kleinere restaurative Maßnahmen oder die prophylaktische Betreuung selbst durchzuführen.

Der Beitrag „Dentale Volumentomografie (DVT) in der Kieferorthopädie“ (Vent-Mehnert und Heussner) betrifft ebenfalls die Kinderzahnheilkunde. Sicherlich erschließt sich mittels der DVT-Technik eine neue Welt, trotzdem ist die DVT ein strahlungsintensives Verfahren. Daher wird auch künftig abzuwägen sein, inwieweit Schaden und Nutzen für die Kinder in einem vertretbaren Verhältnis stehen.

Vervollständigt wird diese Ausgabe von Zahnmedizin up2date durch ein Thema, über das eigentlich niemand gerne schreibt: „Misserfolge“. Umso wichtiger ist es, dass trotzdem dieses „Tabuthema“ mal behandelt wird, denn niemand kann sich von Misserfolgen freisprechen und muss diese dann auch managen können. Aus diesem Grund bin ich Herrn Tschernitschek sehr dankbar, dass er dieses heikle Thema bearbeitet hat.

Ich denke, dass die vorliegende Ausgabe viele wichtige Hinweise für die Praxis gibt. Vor diesem Hintergrund wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre!

Mit den besten Wünschen
verbleibe ich

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Ihr
Prof. Dr. med. dent. Norbert Krämer
Mitherausgeber der Zahnmedizin up2date