Aktuelle Neurologie 2012; 39(08): 403
DOI: 10.1055/s-0032-1327229
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Hamsterrad in neurologischen Akutkliniken

The Treadmill of In-Patient Neurology
C. W. Wallesch
BDH-Klinik Elzach GmbH, Klinik für Neurologische Rehabilitation
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Publication Date:
24 October 2012 (online)

Dem Fach Neurologie kann vorgehalten werden, dass es der Versorgungsforschung, der Erhebung und Analyse empirischer Daten über Mengen, Strukturen, Prozesse und Ergebnisse sowie Schnittstellen mit anderen Disziplinen, zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Symptomatisch dafür ist die in den letzten Jahren stetig abnehmende Beteiligung neurologischer Akutkliniken an den Strukturerhebungen der Kommission „Qualitätssicherung/Anhaltszahlen“ der DGN, die jetzt bei der 10. Erhebung nur noch knapp über der 50 % Marke liegt, was die Validität der Daten massiv in Frage stellt [1]. Gleichzeitig werden die übermittelten Datensätze immer unvollständiger, u. a. weil die Geschäftsführungen den Kliniken wichtige Benchmarks nicht mehr zur Verfügung stellen oder ihre Weitergabe untersagen. Damit werden den neurologischen Klinikleitungen wichtige Argumente für die operative und strategische Weiterentwicklung entzogen. Es ist daher zu begrüßen, dass die neurologischen Kliniken der Rhön-Klinikum AG Daten zu ihrem Versorgungsgeschehen in dieser Ausgabe der „aktuellen Neurologie“ offen legen und transparent machen [2]. Die Analyse zeigt erwartbare, dem deutschen DRG-System immanente Effekte. Leistungsausweitung bei gedeckeltem Gesamtbudget führt zu sinkenden Erlösen, die wiederum durch sinkende Verweildauern ausgeglichen werden, ein klassisches Hamsterrad. Den Autoren ist Recht zu geben, dass „aus der neurologischen Fachgesellschaft heraus Maßnahmen getroffen werden müssen, die die Korrelation von Verweildauer und Erlössituation in eine medizinisch vertretbare Entwicklung führen“. Hierzu bedarf es neben inhaltlichen Argumenten aber auch empirischer Daten, wobei wir wieder bei Quantität und Qualität der Angaben zur Strukturerhebung sind. Es sei daran erinnert, dass die Daten der Strukturerhebung neben der Erlös- und Verweildauersituation auch den insbesondere personellen Ressourceneinsatz erfassen und so den Klinikern Argumente in die Hand geben, die geforderte organisatorische Optimierung in einem medizinisch vertretbaren Rahmen zu gestalten [3].

 
  • Literatur

  • 1 Schroeter M, Engelhardt A, Erbguth FJ et al. Vorläufige Ergebnisse der 10. Erhebung zur Struktur der neurologischen Kliniken der Akutversorgung in Deutschland. Poster 761, 85. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Hamburg: 26.–29.09.2012
  • 2 Ziegler V, Griewing G. Entwicklung der Verweildauer- und Erlössituation im stationären Sektor der Neurologie (nach Fallpauschalenkatalog im Zeitraum 2008–2012). Akt Neurol 2012; 39: 439-444
  • 3 Wallesch CW, Fink GR, Engelhardt A et al. Ergebnisse der 9. Erhebung zur Struktur der neurologischen Kliniken der Akutversorgung in Deutschland. Akt Neurol 2011; 38: 1-11