Der Klinikarzt 2015; 44(11): 507
DOI: 10.1055/s-0041-108710
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Aktuelle Entwicklungen in der Rheumatologie

Matthias Schneider
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Publication Date:
19 November 2015 (online)

Das Wundervolle an der Medizin von heute sind die kontinuierlich wachsenden Möglichkeiten. Diese bereichern sowohl unsere diagnostischen als auch unserer therapeutischen Optionen. Für die Spezialisten entsteht daraus die Herausforderung, Konzepte dafür zu entwickeln, diese Möglichkeiten angemessen den richtigen Patienten zukommen zu lassen. Eine andere liegt darin, die Spezialisten auf anderen Gebieten über die eigenen Fortschritte so zu informieren, dass sie die Behandlung z. B. der Menschen mit Rheuma mittragen können.

Aus diesem Grund haben wir in diesem Heft 6 Themen zusammengestellt, die modellhaft aktuelle Entwicklungen in der Rheumatologie deutlich machen. Ein großes Feld der Weiterentwicklung ist die frühe Diagnose. Dafür wurden z. B. unter der Diagnose „Spondyloarthritiden“ verschiedene Entitäten zusammengefasst, die von Prof. Braun und Kollegen (S. 525) exzellent aufgearbeitet werden. Ziel ist es hier, wie auch bei den rheumatoiden Arthritiden und den Systemerkrankungen, die sekundäre Prävention so früh wie möglich zu beginnen. Und dafür brauchen wir informierte Ärzte in Klinik und Praxis, die die Frühzeichen solcher Erkrankungen erkennen und die Patienten zielgerichtet früh zum Spezialisten überweisen.

Wie sehr gut aus dem Artikel von Dr. Sander (S. 520) klar wird, haben wir für diese Sekundärprävention mittlerweile, auch durch die Biologika, ganz neue Optionen. Wir wollen, dass die Erkrankungen keinen (weiteren) Schaden, wie z. B. Gelenkzerstörung, anrichten. Dafür haben wir aus anderen Disziplinen das Konzept „treat-to-target“ für die Rheumatologie weiterentwickelt: das Ziel heißt Remission der Erkrankung. Dafür benötigen wir eine standardisierte Dokumentation der Krankheitssituation, die für alle entzündlichen Erkrankungen mittlerweile validiert wurde.

Frau PD Dr. Holle (S. 531) und Herr Dr. Chehab (S. 539) machen in ihren Beiträgen deutlich, dass bei den Systemerkrankungen Vaskulitiden und beim systemischen Lupus erythematodes vor allem die regelmäßige Erfassung der Krankheitsausprägung das therapeutische Konzept bestimmen. Die Abgrenzungen zu Infektionen, die ja durch die oft notwendige Immunsuppression begünstigt werden, ist von zunehmender Bedeutung, weil diese die Betroffenen heute mehr gefährden als die Erkrankungen selbst. Frau Kollegin Holle hebt in diesem Zusammenhang die verbesserten diagnostischen Möglichkeiten über Bildgebung wie PET-CT und Duplexsonografie hervor. Herr Kollege Chehab verweist vor allem auf die Bedeutung von Impfungen, die nicht nur beim Lupus, sondern bei allen Immunsupprimierten essenziell sind.

Übergeordnet geht es bei all diesen Konzepten letztlich zentral um die Lebensqualität der Betroffenen. Dafür brauchen wir Frühdiagnose und eine gezielte, dem Krankheitsstatus angepasste Therapie, die weit über die häufig im Mittelpunkt solcher Texte stehende reine medikamentöse Therapie hinausgeht. Ein Beispiel dafür ist das Thema Rheuma und Schwangerschaft, das von Frau PD Dr. Fischer-Betz in diesem Heft (S. 514) in Grundzügen dargelegt wird. Sie benennt als eine der größten Herausforderungen die weitere Beurteilung der Sicherheit insbesondere von neuen Medikamenten in der Schwangerschaft. Sie macht aber auch deutlich, dass die Planung von Schwangerschaft bei rheumatischen Erkrankungen einen wesentlichen Einfluss auf den Ausgang der Schwangerschaft hat. Für eine solche Planung ist allerdings Voraussetzung, dass alle Beteiligten zunächst einmal darüber informiert sein müssen, dass für die meisten jungen Frauen mit rheumatischen Erkrankungen eine Schwangerschaft möglich ist.

Viel Spaß beim Lesen