Ernährung & Medizin 2016; 31(01): 21-23
DOI: 10.1055/s-0042-102293
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Nachhaltigkeitssiegel – nachhaltig verwirrend!?

Susanne Sachs
Verbraucherzentrale Hessen e.V.
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Publikationsdatum:
16. März 2016 (online)

Lebensmittel, die „nachhaltig“, somit ressourcenschonend, umwelt- und sozialverträglich hergestellt wurden, erzielen eine immer größere Verbraucherakzeptanz, sind dem Nischendasein entschwunden und mit stetig steigendem Marktanteil auch ökonomisch interessant. Als „nachhaltig erzeugt“ gelten u. a. Produkte und Lebensmittel aus ökologischem Anbau, aus fairem Handel, aus wassersparender oder klimaneutraler Produktion, aus artgerechter Tierhaltung oder aus bestandserhaltender Fischerei.

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Verbraucher, die nachhaltig erzeugte Produkte kaufen wollen, können sich an zahlreichen Logos orientieren. Was versprechen sie und was halten sie? (© BLE, Bonn/Thomas Stephan)

2009 gaben in einer Umfrage nur knapp 26 % der Befragten an, „häufig“ ethisch korrekt hergestellte Produkte zu kaufen, 2013 waren es bereits mehr als doppelt so viele (56 %) [[1]]. Der Trend hält an: Laut aktueller Umfrage von TNS Emnid im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) achten derzeit zwei Drittel (66 %) der Verbraucher auf die Nachhaltigkeit von Produkten [[2]].

Die Lebensmittelbranche sieht „Nachhaltigkeit“ nicht nur als Differenzierungskriterium, sondern auch als Weg zu langfristiger Rentabilität, ökonomischem Vorsprung und erfolgversprechenden Innovationen [[3]]. Hersteller und Handel bewerben daher massiv ihre verschiedenen Nachhaltigkeitsaktivitäten, -siegel und -label. Über 600 Nachhaltigkeitslabel sind derzeit auf dem Markt [[4]]!

Ob allerdings die derart deklarierten Lebensmittel und Waren wirklich „nachhaltig“ erzeugt worden sind, kann der verantwortungsbewusste Verbraucher in der Flut einschlägiger Werbebotschaften kaum erkennen und fühlt sich folglich verunsichert. Nur 48 % der Befragten vertrauten 2013 darauf, dass entsprechend gekennzeichnete Produkte auch wirklich „nachhaltig“ oder „ethisch korrekt“ hergestellt wurden [[1]]. Laut TNS Emnid [[2]] scheitert der Verbraucherwunsch, nachhaltige Lebensmittel einzukaufen, in der Praxis häufig an mangelnden Informationen (63 %), zu hohen Preisen (55 %) oder unzureichender Verfügbarkeit (44 %).

Die Bandbreite in Qualität und Aussagekraft derartiger Siegel wird nachfolgend an 4 häufig zu findenden Beispielen beschrieben.