ergopraxis 2017; 10(02): 3
DOI: 10.1055/s-0042-123207
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Schubladen ade

Elke Oldenburg

Subject Editor:
Further Information

Publication History

Publication Date:
03 February 2017 (online)

Was ist für Sie typisch deutsch? Ist es beim Essen der Schweinebraten? Sind es Kartoffelknödel? Semmelknödel? Oder das Schnitzel mit Pommes und Salat? Die Liste ließe sich ins Unendliche verlängern. Über die Ernährung wäre schwer zu erklären, wofür die Deutschen stehen. Über die Kleidung noch weniger. Nicht alle tragen Lederhosen und Dirndl, auch wenn das Oktoberfestfeeling bundesweit immer mehr Nachahmer findet. Und selbst im Schwabenland ist die Haltung „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ nicht jedermanns und jederfraus Leitspruch.

Menschen und Kultur lassen sich also schwer über einen Kamm scheren. Und doch tappen wir immer wieder in die Falle. Martina Wolf spiegelte mir das in ihrem Artikel „Neugierig sein verbindet – Interkulturelle Kompetenz in der Pädiatrie" ab Seite 20 wunderbar wider. Wie schnell neigen wir dazu, bei Begegnungen mit Menschen aus anderen Kulturkreisen Schubladen zu öffnen und ein Vorurteil nach dem anderen dort hineinzulegen, statt zu reflektieren und offen zu sein. „Begegnungen in der Therapie sind immer auch Begegnungen mit uns selbst“, sagt Ergotherapeutin Martina Wolf. „In Situationen, die nur schwer verständlich sind und uns Unbehagen bereiten, können wir nicht immer auf bekannte und bewährte Strategien zurückgreifen. Gelingt es uns, dies als einen normalen Prozess zu begreifen und die Herausforderung anzunehmen, ist das in der Regel eine große Bereicherung. Man lernt etwas über sich, gewinnt einen neuen Blickwinkel.“

Ich wünsche Ihnen also viel Freude bei Ihren interkulturellen Herausforderungen und bereichernden Begegnungen.

Ihre

Elke Oldenburg

Zoom Image
Typisch deutsch?
Abb.: babsi_w/fotolia.com