Geburtshilfe Frauenheilkd 1999; 59(5): 191-198
DOI: 10.1055/s-1999-14188
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Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Orale Kontrazeptiva und Androgenisierungserscheinungen

Oral Contraceptives and Androgenic SymptomsH. Kuhl
  • Universitäts-Frauenklinik Frankfurt am Main
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Publication Date:
31 December 1999 (online)

Zusammenfassung

Androgenisierungserscheinungen der Haut können aufgrund einer Hyperandrogenämie, einer vermehrten lokalen Androgenbildung in der Haut oder wegen einer „Hypersensitivität” der Haut gegenüber Androgenen entstehen. Wichtigster pathogenetischer Faktor ist neben einer Erhöhung der Serumkonzentration des gesamten und freien Testosterons eine verstärkte lokale Aktivität der 5α-Reduktase, zu deren Diagnose das Serum-Androstandiolglucuronid jedoch nicht geeignet ist. Alle östrogendominanten Ovulationshemmer bewirken bei 60 - 80 % der Frauen mit Akne und Seborrhö eine Besserung, wobei etwa die Hälfte des Therapieerfolgs auf einen Plazeboeffekt zurückgeführt werden kann. Vermutlich führt die Teilnahme an einer Studie zu einer sorgfältigeren Hautpflege und Vermeidung aknefördernder Faktoren. Die günstige Wirkung der oralen Kontrazeptiva beruht auf einer Senkung der ovariellen und adrenalen Produktion der Androgene und Androgenpräkursoren, einer Erhöhung des SHBG sowie auf einem lokalen Effekt des Ethinylestradiols und der Gestagene, wobei unterschiedliche Mechanismen zum Tragen kommen können. Bei einer androgenetischen Alopezie läßt sich mit Ovulationshemmern, die ein antiandrogen wirksames Gestagen enthalten, bei längerer Behandlung in vielen Fällen eine Besserung erreichen. Bei Frauen mit Hirsutismus sind orale Kontrazeptiva weniger wirksam, doch wird in schweren Fällen nicht selten unter einer längeren Therapie mit einer Kombination von Ethinylestradiol und hohen Dosen von Cyproteronacetat ein günstiger Effekt beobachtet. Präparate, die ein Gestagen mit androgenen Eigenschaften in zu hoher Dosierung enthalten, sind nicht nur weniger wirksam, sondern können sogar bei prädisponierten Frauen Androgenisierungserscheinungen verursachen. Gelegentlich wird aber auch zu Beginn einer Behandlung mit oralen Kontrazeptiva ein leichter diffuser Haarausfall oder eine vorübergehende Verstärkung einer bestehenden Akne beobachtet. Wenn es nach dem Absetzen eines Ovulationshemmers zu einer Akne oder einem Haarausfall kommt, so verschwinden die Symptome meist nach einiger Zeit.

Abstract

Dermatologic signs of androgenization can be due to hyperandrogenemia, increased local androgen synthesis in the skin, or increased sensitivity of the skin to androgens. The most important pathogenetic factor, apart from increased serum levels of total and free testosterone, is enhanced local activity of 5α-reductase. The latter cannot be detected by measuring serum androstanediol glucuronide levels. All oral contraceptives with a predominantly estrogenic effect alleviate acne and seborrhea in 60 - 80 % of patients. About half of this therapeutic effect appears to be due to a placebo effect, and participation in a study itself seems to lead to more careful skin care and avoidance of acne-promoting factors. The favorable effect of oral contraceptives results from a reduction of ovarian and adrenal synthesis of androgens and androgen precursors, an increase in SHBG, and local effects of ethinylestradiol and progestins. Prolonged use of oral contraceptives containing a progestin with antiandrogenic properties can alleviate androgenic alopecia in many women. Oral contraceptives are less effective for hirsutism, but a favorable effect can sometimes be obtained in severe cases by using a combination of ethinylestradiol and high doses of cyproterone acetate. Formulations containing high doses of a progestin with androgenic properties are less effective and may even produce signs of androgenization in predisposed women. Occasionally, initiation of treatment with oral contraceptives can cause a temporary slight diffuse loss of hair or a transient exacerbation of acne. Hair loss or acne occurring with discontinuation of an oral contraceptive are usually transient