Aktuelle Neurologie 2001; 28: 42-44
DOI: 10.1055/s-2001-15336
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hirnstammanfälle

Brainstem SeizuresE. Mauch
  • Fachklinik für Neurologie Dietenbronn, Akademisches Krankenhaus der Universität Ulm
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Zusammenfassung

Bei Hirnstammanfällen handelt es sich um seltene motorische, sensible und sensorisch auftretende Phänomene von anfallsartigem Charakter mit stereotypen Entäußerungen. Man unterscheidet im Wesentlichen tonisch-algetische und akinetisch-atonische Anfallsmuster. Als Ursache der Hirnstammanfälle findet man am häufigsten Entmarkungsherde bei multipler Sklerose (MS), aber auch Ischämien, Tumoren und Atrophien im Bereich der Basalganglien und des Hirnstamms. Typisch für Hirnstammanfälle ist der sehr gleichförmige Anfallscharakter, die sehr kurze Anfallsdauer (15 - 60 Sekunden) bei gleichzeitig hoher Anfallsfrequenz (bis 200 pro Tag). Provoziert werden können die Anfälle durch Hyperventilation, durch aktive Bewegungen und Lagewechsel. Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist immer normal, abgesehen von vorübergehenden Kurvenabflachungen, und es tritt auch niemals ein Bewusstseinsverlust auf. Die Therapie der Wahl ist die Gabe von Antiepileptika, in erster Linie von Carbamazepin. Das gute Ansprechen ist gleichzeitig eine Bestätigung der Diagnose. Die Prognose ist gut für die kryptogenetischen Anfälle; bei den symptomatischen Anfällen hängt die Prognose von der Grunderkrankung ab. Als Fazit sollte man gerade bei MS-Kranken mit häufigen anfallsartigen Phänomenen immer auch an das Vorliegen von Hirnstammanfällen denken.

Brainstem Seizures

Brainstem seizures appear with rare motor, sensitive and sensory phenomena that form short attacks with a very uniform character. Essentially a tonic-algetic and akinetic-atonic pattern of seizures can be distinguished. As a cause of brainstem seizures one can find most frequently demyelinating plaques in multiple sclerosis (ms) but also ischemic lesions, tumors and atrophy in basal ganglia and the brainstem. The typical pattern of brainstem seizures arises from a very uniform character of seizures, the short duration of the attacks (15 - 60 seconds) and the high frequency (up to 200 seizures per day). Seizures can be provoked by hyperventilation, active movement and change of position. EEG shows a normal pattern besides of transient decrease of amplitude occasionally. Consciousness never is disturbed. Carbamazepine is the therapy of choice in brainstem seizures; valproic acid as well as phenytoin are effective, too. The prompt effect of antiepileptic therapy confirms the diagnosis. Cryptogenetic seizures have a good prognosis; in symptomatic seizures the prognosis depends on the underlying disease. As a conclusion in ms patients with frequent short lasting motor, sensitive and sensory phenomena or motor arrest we should think of brainstem seizures.

Literatur

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Prof. Dr. Erich Mauch

Fachklinik für Neurologie Dietenbronn
Akademisches Krankenhaus der Universität Ulm

Dietenbronn 7

88477 Schwendi

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