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DOI: 10.1055/s-2003-36900
Bonner Erklärung zur Zukunft der Hörgeräteversorgung
Bonn Statement on the Future of Hearing Aid SupplyPublication History
Publication Date:
24 January 2003 (online)
Ausgehend von den „Richtlinien über die Zusammenarbeit von Fachärzten für HNO und Hörgeräteakustikern bei der Verordnung und Anpassung von Hörgeräten” (sog. Marburger Abkommen vom 11. 10. 1960 und seiner Ergänzung vom Mai 1969) und dem „Gemeinsamen Kommuniqué des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker” vom 28. 9. 1998 haben sich die an dieser Erklärung beteiligten Verbände am 16. Februar 2002 nach ausführlichen Gesprächen über die Zukunft der Hörgeräteversorgung in Deutschland auf folgende Grundsätze zur Hörgeräteversorgung verständigt:
Die beteiligten Verbände bestätigen den Inhalt der eingangs genannten Vereinbarungen im Marburger Abkommen und in dem Gemeinsamen Kommuniqué ausdrücklich. Diese Richtlinien und Grundsätze über die wechselseitige Zusammenarbeit beider Berufsgruppen sind die maßgebliche Grundlage einer jeden Hörgeräteversorgung. Diese soll sich daher auch künftig an der historisch gewachsenen Arbeitsteilung zwischen HNO-Arzt und Hörgeräteakustiker (HGA) vollziehen.Beide verstehen sich bei der Versorgung des Patienten/Kunden als ein Team, welches in gegenseitiger Anerkennung der jeweiligen Aufgabenbereiche gemeinsam eine optimale Versorgung der hörgeschädigten Patienten gewährleistet. Die Versorgung erfolgt jeweils nach den indikationsbezogenen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie zur Hörgeräteversorgung und auf Grundlage der geltenden Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).Die Verbände werden diese Versorgungsstrukturen auch in Zukunft gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen und den übrigen Versicherungsträgern vertreten und gemeinsam weiterentwickeln. Hiervon ausgehend sprechen sich die beteiligten Verbände für eine Beibehaltung der traditionellen Versorgungsstrukturen aus. Sie vertreten ferner die Auffassung, dass eine unmittelbare Kooperation zwischen Hörgeräteakustiker und Kunde unter Ausschluss des HNO-Arztes, auch in Form eines Initiativrechts des Patienten, sowie eine den traditionellen Hörgeräteakustiker ausschließende Zusammenarbeit des HNO-Arztes mit zentralen Hörgeräteversorgungseinrichtungen oder in gewerblichen Kooperationsformen unter den geltenden Versorgungsbedingungen eine auf Dauer angelegte integrierte, qualitätskontrollierte Hörgeräteversorgung nicht nachhaltig verbessern können. Ein Verzicht auf den fachakustischen Sachverstand zur Anpassung und Funktionsüberprüfung bzw. Funktionskontrolle des Hörgerätes im Rahmen der Nachsorge erscheint nicht sinnvoll. Die an dieser Erklärung beteiligten Verbände haben sich zur Vermeidung hoher Fehlversorgungsraten und eventuell bestehender Qualitätsdefizite darauf verständigt, gemeinsam neue Konzepte zur Optimierung der Hörgeräteversorgung in Deutschland zu entwickeln. Diese beruhen auf den zuvor genannten Grundsätzen und wollen eine integrierte, qualitätskontrollierte Hörgeräteversorgung auf Dauer sicherstellen. Dabei gilt die beidseitige Versorgung bei beidseitiger Hörschädigung als Regelversorgung. Die Grundsätze der gleitenden Anpassung sollen fortentwickelt werden im Sinne einer kontinuierlichen, qualitätskontrollierten Begleitung des Patienten/Kunden durch HNO-Arzt und HGA gemeinsam über einen Zeitraum von 5 Jahren nach der Anpassung. Es sollen Konzepte entwickelt werden, die eine Verbesserung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Hörgeräteversorgung in Deutschland mit dem Ziel einer effektiven und damit auch Kosten sparenden Versorgung des schwerhörigen Patienten/Kunden garantieren.
Die von den Beteiligten hierzu bereits entwickelten Konzepte (z. B. „futureAudio” und „Konzept einer integrierten, qualitätskontrollierten Hörgeräteversorgung in Deutschland”) stimmen in wesentlichen Aussagen und Voraussetzungen überein und sollen in der Weise harmonisiert werden, dass ein einheitliches, von HNO-Ärzten und HGA gemeinsam getragenes (übergeordnetes) Gesamtkonzept entwickelt und einheitlich angewandt wird. Dieses Konzept soll zum einen aus einem Kooperationsmodell und zum anderen aus einem medizinisch/audiologischen Evaluationsmodell bestehen und insbesondere folgende Anforderungen beinhalten:
Ärztliche Diagnose, akustischer Sachverstand und der Wunsch des Patienten/Kunden wirken zusammen bei der Indikation, Auswahl und Anpassung des Hörgerätes; Vertrauensvolle, jedoch voneinander wirtschaftlich unabhängige Zusammenarbeit zwischen HNO-Arzt und HGA; Kontinuierliche Fortbildung und Qualitätssicherung der an der Hörgeräteversorgung beteiligten Ärzte und HGA auf der Basis eines zertifizierten Qualitätsmanagements bzw. eines Gesundheitsmanagements; Einsatz von Qualitätsleitlinien und Hörerfolgsprogrammen (z. B. „futureAudio/proAudio”) im Sinne eines integrierten Qualitätsmanagements zwischen HNO-Arzt, HGA und Patienten; Effizienzsteigerung bei der Nachsorge; Kontinuierliche Datenerhebung und -dokumentation zur Evaluation des einzelnen Versorgungsfalles, insbesondere anhand der jeweiligen audiologischen Daten zur Verbesserung der Ergebnisqualität; Kontinuierliches Qualitätscontrolling mit dem Ziel einer ständigen Qualitätsverbesserung durch eine gemeinsam getragene, unabhängige Zentralstelle für Qualitätsmanagement im Rahmen der Hörgeräteversorgung in Deutschland.
Die beteiligten Verbände sind sich einig, die o. g. Eckpunkte in ihren künftigen Verhandlungen zu einem gemeinsamen Gesamtkonzept zügig weiterzuentwickeln und zu konkretisieren.
Bonn, den 16. Februar 2002
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V.
gez. Prof. Dr. H.-J. Schultz-Coulon, stv. Präsident
Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V.
gez. Dr. H.-U. Homoth, 1. Vorsitzender
Bundesinnung der Hörgeräteakustiker K.d. Ö.R.
gez. M. Frickel, Bundesinnungsobermeisterin
Dr. A. Wienke
Rechtsanwaltskanzlei
Bonner Straße 323 · 50968 Köln