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DOI: 10.1055/s-2003-37541
Beruflich erworbene Tuberkuloseerkrankung bei einer Verwaltungsangestellten
Gutachterliche AspekteOccupationally acquired tuberculosis in an administrative assistantAspects of an expert reportPublication History
eingereicht: 3.6.2002
akzeptiert: 16.12.2002
Publication Date:
28 February 2003 (online)
Anamnese: Eine Verwaltungsangestellte wurde seit ihrem 48. Lebensjahr wegen einer Mischkollagenose immunsuppressiv behandelt. Beruflich war sie in einer zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber tätig und hatte unmittelbaren Kontakt mit neu eingereisten Asylbewerbern. Im Alter von 53 Jahren trat ein Wandel des Beschwerdebildes mit zunehmenden Gelenkbeschwerden und Gewichtsabnahme auf. Die immunsuppressive Therapie mit Kortison wurde erhöht und eine Endoprothese im rechten Hüftgelenk implantiert. Es kam zu Infektionen im Bereich der Wunde, die wiederholte Revisionen erforderlich machten. Nach Implantation einer Knieendoprothese trat ein Grand-mal-Anfall auf. Die Diagnose einer tuberkulösen Meningoenzephalitis wurde gestellt. Mycobacterium tuberculosis konnte im Sputum, im Mittelstrahlurin und in Redonsekreten aus verschiedenen Gelenken nachgewiesen werden. Die weitere Differenzierung ergab Mycobacterium tuberculosis var. africanum. Im Alter von 59 Jahren starb die Patientin während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme unter dem klinischen Bild einer Lungenembolie.
Folgerung: Die hämatogene Streuung von Mycobacterium tuberculosis wurde sicher durch die immunsuppressive Therapie begünstigt. Präventiv hätte bei sachgerechter arbeitsmedizinischer Betreuung die berufliche Exposition zu Tuberkuloseerregern durch eine Umsetzung der Verwaltungsangestellten während der immunsuppressiven Therapie verhindert werden können. Der Wandel des Beschwerdebildes wurde durch die behandelnden Ärzte lange Zeit als Progredienz der rheumatischen Erkrankung fehlgedeutet. Sozialmedizinisch sind die Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit erfüllt.
History: Since the age of 48 years an administrative assistant had been treated with immunosuppressive drugs for a mixed connective tissue disease. She was in direct personal contact with newly arrived Africans while working at an admittance centre for refugees. At the age of 53 years the symptoms changed with increasing joint pains and loss of weight. The immunosuppressive therapy with corticoids was increased. A total hip arthroplasty followed. An infection of the wound occurred and many revisions of the scar tissue followed. After a total knee arthroplasty an epileptic seizure occurred. A tuberculous meningoencephalitis was diagnosed. Mycobacterium tuberculosis was detected in urine, sputum and in secretions of different joints. A detailed analysis revealed Mycobacterium tuberculosis var. africanum. At the age of 59 years the patient died during a period of rehabilitation, the clinical signs indicating pulmonary embolism.
Conclusions: The haematogenous spread of Mycobacterium tuberculosis was undoubtedly exacerbated by the immunosuppressive therapy. As a preventive measure a competent occupational consultation could have stopped the occupational exposure to Mycobacteria by transferring the patient during immunosuppressive therapy. The change of symptoms had been misclassified as worsening of the mixed connective tissue disease. Considering legal aspects of the German social insurance system the criteria of an occupational disease would have been fulfilled.
Literatur
- 1 Gaul C, Schmid A, Mohr W, Lohoff M, Heckmann J G, Erbguth F, Neundörfer B. Zerebrale Tuberkulose bei einer Patientin mit Sharp-Syndrom. Dtsch Med Wochenschr. 2001; 126 750-753
- 2 Haas W H, Bretzel G, Amthor B. et al . Comparison of DNA fingerprint patterns of isolates of Mycobacterium africanum from East and West Africa. J Clin Microbiol. 1997; 35 663-666
- 3 Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften .Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen,. Gentner Verlag Stuttgart 2000
- 4 Robert Koch-Institut .Zum Welttuberkulosetag 2002. Epidemiol Bull 11: 2002
- 5 Verordnung zur Umsetzung von EG-Richtlinien über den Schutz der Beschäftigen gegen Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (Biostoffverordnung). BGBl I 1999: 50-60
Dr. Klaus Schmid
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der
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