Zentralbl Chir 2003; 128(7): 549-550
DOI: 10.1055/s-2003-40815
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ergebnisse der Magdeburger Konsensuskonferenz zur Hernienchirurgie

Results of the Magdeburg consensus conference on surgical hernia repair R. Bittner1
  • 1Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Marienhospital Stuttgart
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Publication Date:
28 July 2003 (online)

Die Chirurgie der Leistenhernie steht unvermindert immer wieder im Brennpunkt, nicht selten auch emotional geführter Diskussionen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig:

die Leistenhernienreparation ist weltweit die häufigste allgemeinchirurgische Operation; allein in Deutschland werden pro Jahr 230 000 Eingriffe durchgeführt. ein Leistenbruch kann von allen Allgemeinchirurgen in jedem Krankenhaus, aber auch ambulant operiert werden. aufgrund der Häufigkeit sowie eines vergleichbar geringen Morbiditäts- und Letalitätsriskio ist sie eine wichtige Ausbildungsoperation. aufgrund der häufigen Notwendigkeit zur Implantation von mehr oder weniger teurem prothetischem Material stellt sie einen ernst zu nehmenden ökonomischen Faktor dar und schließlich wie bei kaum einer anderen Operation prallen hier die Interessen konventionell geprägter Chirurgen mit denen der Laparoskopiker aufeinander.

Wiegen mögliche Vorteile der laparoskopischen Technik die immer wieder zitierten Nachteile auf? Ist es gerechtfertigt statt eines vergleichsweise einfachen peripheren Eingriffes in der Bauchdecke eine technologisch aufwändige und schwierige intraabdominelle Operation durchzuführen? Sind nicht ambulante Operation und Lokalanästhesie wesentlich kostengünstiger als ein stationärer Eingriff in Allgemeinnarkose?

Dies sind Fragen, die im Besonderen in der jetzigen Zeit auch für die Kostenträger von höchstem Interesse sind. Soll die für das Gesundheitssystem billigste oder die für den Patienten beste Operation durchgeführt werden und was ist überhaupt die beste Operation? Um aus dem häufig anzutreffenden emotional geprägten Dschungel der Meinungen heraus und einen Schritt weiter in Richtung evidenzbasierter Medizin zu gelangen, wurde der Plan für die Organisation der Magdeburger Konsensuskonferenz zur Chirurgie der Leistenhernie gefasst. Ziel der Konferenz sollte es sein, das gegenwärtige Wissen zur Hernienchirurgie durch möglichst viele Experten zusammenzutragen und nach EBM-Kriterien auszuwerten, so dass Empfehlungen für den klinischen Alltag ausgesprochen werden können, auch in der Diskussion mit dem jeweiligen Krankenhaus und den Kostenträgern.

Der erste Schritt in der Organisation der Konsensuskonferenz war, dass wir Anfang 2002 eine Literaturrecherche durchführten, um all die Kollegen zu finden, die in den letzten fünf Jahren zum Thema Hernienchirurgie publiziert hatten. Alle diese Kollegen wurden dann angeschrieben, es wurde gefragt, ob sie bereit sind, an einer derartigen Konsensuskonferenz teilzunehmen. Diejenigen, die ihre Bereitschaft erklärten, wurden dann in einem zweiten Schritt gefragt, welches nach ihrer Ansicht die Kernprobleme in der Leistenhernienchirurgie sind. Darüber hinaus wurden sie gefragt, ob sie bereit sind eine Arbeitsgruppe zu leiten. Nach den eingegangenen Vorschlägen konnten insgesamt 11 Arbeitsgruppen mit jeweils 4-7 Teilnehmer und einem Leitenden gebildet werden. Die Arbeitsgruppen wurden dann aufgefordert, zu ihrem jeweiligen Thema eine gründliche Literaturrecherche durchzuführen, die Publikationen entsprechend den von der Cochrane-Library vorgegebenen Kriterien zur evidenzbasierten Medizin einzuordnen, dann einen Fragenkatalog zu ihrem Thema zu erstellen und die Fragen mit Hilfe der Literatur zu beantworten, so dass die entsprechenden Empfehlungen im Sinne der evidenzbasierten Medizin gegeben werden können.

Die Feinabstimmung zwischen den Arbeitsgruppenmitgliedern erfolgte dann in Magdeburg, so dass der Leiter der Arbeitsgruppe das Ergebnis den gesamten Teilnehmern der Konsensuskonferenz zur Diskussion und Abstimmung vortragen konnte. Nach Überarbeitung der Manuskripte gemäß der Diskussion erfolgt jetzt die Publikation.

Mein besonderer Dank gilt zum einen dem Zentralblatt für Chirurgie, das sich bereit erklärt hat, die Ergebnisse der Magdeburger Konsensuskonferenz zu veröffentlichen, zum anderen aber auch allen aktiv beteiligten Kollegen, die sich extreme Mühe gegeben haben, vorurteilsfrei die Essenz in der Diskussion um die optimale Chirurgie der Leistenhernie zu definieren.

Schließlich möchte ich ganz herzlichen dem Magdeburger Team um Professor Lippert und Priv.-Doz. Dr. Pross danken, die die Konferenz ermöglicht und in exzeptionell hervorragender Weise mit organisiert haben.

Prof. Dr. R. Bittner

Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie · Marienhospital Stuttgart

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