Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(15): 837-838
DOI: 10.1055/s-2004-823053
Leserbriefe

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Gesundes Leben und die Kostenexplosion im Gesundheitswesen - Zuschrift 2

Zum Beitrag aus DMW 7/2004
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Publication Date:
31 March 2004 (online)

Den Ausführungen von Prof. Erdmann kann ich als ärztlicher Berater eines privaten Krankenversicherungsunternehmens in Teilen zustimmen und ich verstehe seine Frustration gut [1].

Auf der einen Seite werden von Patienten alle medikamentösen und technischen Errungenschaften der modernen Medizin gefordert, auf der anderen Seite gibt es viele Patienten, die nicht bereit sind, ihren Anteil an der Genesung zu erbringen. Jedem in Klinik und Praxis tätigen Arzt sind genügend Patienten bekannt, die nach Herzinfarkt und aortokoronarer Bypassoperation weiter rauchen, Antihypertonika unzuverlässig einnehmen, sich wenig bewegen und von Gewichtsabnahme nichts halten.

Ich bin sehr dafür, dass alle Patienten die für sie medizinisch notwendige Heilbehandlung nach gutem Standard erhalten. Alles andere ist meines Erachtens weder sachgerecht noch vermittelbar. Dies betrifft sowohl die medikamentöse Behandlung als auch technische Innovationen. Auf der anderen Seite wäre es zu überlegen, ob der „rauchende dicke Bewegungsmuffel“ nach Bypassoperation nicht einen Malus erhalten sollte, z. B. in Form einer pauschalen oder geringen prozentualen Selbstbeteiligung an den Behandlungskosten. Dies ist allerdings meine ganz persönliche Sichtweise, nicht die Sichtweise einer Krankenversicherung. Aus meiner Sicht ist dies mit dem Begriff der Solidargemeinschaft durchaus vereinbar, ja sogar gerechter und hat den zusätzlichen Effekt, den Patienten ganz erheblich zu motivieren, seinen eigenen wichtigen Beitrag zur Gesundung zu leisten. Dies wiederum kommt der Solidargemeinschaft zugute.

Herr Erdmann geht sehr weit, wenn er beschreibt, dass er verstehen könne, wenn Krankenkassen Statine nur unterhalb eines bestimmten BMI erstatten und andere teuere Therapieverfahren von der sichtbaren Mitarbeit der Patienten abhängig machten. Ich glaube nicht, dass dies vermittelbar ist, noch dass man damit den Patienten gerecht wird. Aber: Übermäßige und inadäquate Forderungen müssen meines Erachtens beschränkt werden. So kann es z. B. nicht sein, dass schwer Adipöse von ihrer Krankenversicherung Medikamente wie Reductil oder Xenical fordern mit Hinweis auf ihr hohes adipositasbedingtes koronares Risiko. Solche Fälle sind in der versicherungsmedizinischen Begutachtung keine Seltenheit und haben in den letzten drei Jahren ganz erheblich zugenommen, ebenso wie verkappte kosmetische Operationen.

Literatur

  • 1 Erdmann G. Gesundes Leben und die Kostenexplosion im Gesundheitswesen.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 331

Dr. R. Hakimi

Leitender Gesellschaftsarzt, HALLESCHE Krankenversicherung

Reinsbergstraße 10

70178 Stuttgart